Die KNG-Kärnten Netz GmbH plant, zwischen den Umspannwerken St. Veit und Brückl (über Treibach und Wietersdorf) eine 110-kV-Freileitung zu errichten. Das Argument der Kelag-Tochter: „Die positive Entwicklung der Region und die daraus resultierenden zukünftigen Anforderungen an das Netz können mit der bestehenden Freileitung nicht mehr ausreichend unterstützt werden.“ Rund 90 Millionen Euro soll man sich das Bauvorhaben kosten lassen.

Der geplante Verlauf der Freileitung
Der geplante Verlauf der Freileitung © KNG-Kärnten Netz GmbH

Ist die Umweltverträglichkeit gegeben?

Die geplante Freileitung stößt allerdings nicht nur auf Gegenliebe. Werner Rainer, ein Landwirt aus Launsdorf, hat aus dem Grund die Interessensgemeinschaft „Landschaft und Naturschutz Mittelkärnten“ ins Leben gerufen. Die Interessensgemeinschaft hat nun die List Rechtsanwalts GmbH mit einem Rechtsgutachten beauftragt, welches die Genehmigungsfähigkeit des Projektes im Bereich des Elsgrabens beleuchten soll. Dieser stelle einen essenziellen Lebensraum für streng geschützte und vom Aussterben bedrohte Tier- und Vogelarten dar und durch diesen soll die Leitung unter anderem verlaufen.

Am Freitag fand die Präsentation des Gutachtens samt Stellungnahme des Sachverständigen Egon Zwicker (Technisches Büro für Biologie in Wien) im Hotel Sandwirth in Klagenfurt statt. Rechtsanwalt Wolfgang List zögerte nicht, sein Ergebnis von Beginn an schonungslos kundzutun: „Das Projekt ist zu 100 Prozent nicht genehmigungsfähig, hier nehme ich jede Wette an.“ Durch seinen Einsatz im HCB-Skandal ist der Wiener auch hierzulande ein bekannter Name. Gemeinsam mit Anwältin Fiona List erklärt er, warum man zu diesem Schluss gekommen ist. Der Elsgraben, der von Gösseling in Richtung St. Florian verläuft, sei laut der naturschutzfachlichen Stellungnahme von Zwicker ein Habitat für streng geschützte Vogelarten. Das betrifft unter anderem den Wespenbussard oder den Schwarzstorch. Durch das Projekt käme es zu einer erheblichen Beeinträchtigung der verschiedenen Tierarten.

Elsgraben „faktisch ein Naturschutzgebiet“

Der Elsgraben gehört übrigens nicht zum Europaschutzgebiet Mannsberg-Boden. Mannsberg-Boden wurde 2012 mit Verordnung der Kärntner Landesregierung zu einem eben solchen erklärt, im Zuge dessen hätte auch der Graben Teil des Europaschutzgebietes werden sollen – das wurde schlussendlich nicht umgesetzt. Rechtliche Auswirkungen habe das allerdings keine. Der Elsgraben hat zwar offiziell und rechtlich nicht den Status eines Schutzgebietes, weise aber dennoch alle Kriterien dafür auf und sei deshalb faktisch als solches zu behandeln.

„Man greift hier in ein unberührtes Ökosystem ein, was den aktuellsten EU-Verordnungen widerspricht“, betont Fiona List. Wolfgang List ergänzt: „Wenn die Herrschaften meinen, sich darüber hinwegzusetzen, dann verschleudern sie öffentliche Gelder und sekkieren die Bevölkerung.“ Es würde zudem jahrelange juristische Auseinandersetzungen geben, die am Ende zu nichts führen. „Wenn jemand der Meinung ist, das ist falsch, dann möge er mir ein Gegengutachten erstellen.“

Der Elsgraben ist Gegenstand hitziger Debatten
Der Elsgraben ist Gegenstand hitziger Debatten © IG Landschaft und Naturschutz Mittelkärnten, Screenshot

Andere Möglichkeiten der Projektdurchführung

Aus dem Gutachten, das der Kleinen Zeitung vorliegt, gehen auch Alternativvorschläge hervor. Zum einen den Wechsel des Standortes, man könnte die bestehende Leitung im Görtschitztal sanieren. Zum anderen gibt es die Ausführungsalternative, welche eine Lösung mithilfe von Erdkabeln vorschlägt. Diese Variante würde keine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) erfordern. Die UVP alleine würde rund zwei Jahre in Anspruch nehmen.

Seitens der Kärnten Netz möchte man eine Umweltverträglichkeitserklärung im ersten Quartal 2025 einreichen, danach ginge der Fall zur Prüfung. „Wesentliche Prämissen bei der Planung neuer Trassen sind für die Kärnten Netz die Umgehung von Siedlungsräumen und die Meidung von sensiblen Naturräumen wie zum Beispiel Landschaftsschutzgebieten und Natura-2000-Gebieten“, heißt es dazu vom Unternehmen. Die derzeit bestehende Leitung überspanne in mehreren Orten Siedlungen, zum Beispiel in St. Peter bei Taggenbrunn oder in Kappel.