Seit Jahren kämpfen die Gemeinden in Mittelkärnten gegen die Abwanderung an, manche erfolgreicher, einige weniger erfolgreich. Mit Stichtag 1. Jänner 2024 zählt der Bezirk St. Veit laut Statistik Austria 54.142 Einwohnerinnen und Einwohner. Das Problem: Vor 22 Jahren, im Jahr 2002, stand man noch bei 58.562. Das ergibt ein Minus von 4420 Personen, die im Laufe der Jahre dem Bezirk den Rücken gekehrt haben. Die abgewanderten Personen würden eine Stadt bilden, die in etwa so groß ist wie Althofen oder Friesach.
Feldkirchen bleibt stabil
Besonders spannend wird dieser Fakt, wenn man ihn mit dem Bezirk Feldkirchen vergleicht. Hier fällt der Schwund nämlich deutlich weniger drastisch aus: Hatte Feldkirchen 2002 noch 30.313 Ansässige, so sind es heute 30.079 – also „nur“ 234 Menschen weniger. Die Bürgermeister der Bezirkshauptstädte, Martin Kulmer (St. Veit, SPÖ) und Martin Treffner (Feldkirchen, ÖVP) geben mögliche Erklärungen für den großen Unterschied ab. „Unser Bezirk hat mit den drei langgezogenen Tälern eine spezielle Struktur, die Feldkirchen in dieser Form nicht hat“, schildert Kulmer seine Sicht der Dinge. „Die Täler sind genau mit diesen Problemen konfrontiert, es gibt weniger Arbeit und die Entfernung in die Ballungszentren ist zu groß. Man kämpft mit stumpfen Waffen.“
Der Feldkirchner Bürgermeister Martin Treffner sieht das ähnlich, fügt aber noch einen Punkt hinzu: „Während Feldkirchen einfach zentraler und mittiger liegt, ist St. Veit weiter östlich platziert.“ Die Bezirkshauptstadt selbst kann ihrerseits auf ein stabiles Wachstum in den vergangenen 22 Jahren blicken. Seit 2002 ist die Bevölkerungszahl in der Tiebelstadt um 2,4 Prozent auf 14.428 gestiegen. Treffner: „Wir haben das Glück, im Zentrum zu liegen und können dazu auch viele Wohnungen anbieten. Die Nähe zu den Ballungszentren Klagenfurt und Villach ist sehr positiv für uns.“ Zudem könne man mit Bergen und Seen in der nahen Umgebung punkten.
St. Veiter Gemeinden schrumpfen zusammen
In St. Veit gestaltet sich die Lage etwas anders, dort hat man über den erwähnten Zeitraum fast fünf Prozent an Einwohnerinnen und Einwohnern verloren. Positiv allerdings: In den vergangenen Jahren konnte man wieder sukzessive zulegen. „Wir haben doppelt so viele Sterbefälle wie Geburten. Wichtig ist daher, dass Wohnraum geschaffen wird“, betont Kulmer. Und dort setze die Stadt auch an. „Es werden bald zwei stadteigene Wohnbauprojekte fertig, die zusammen 65 Wohnungen beinhalten.“ Auch die Villacher Vorstadt sollte langsam, aber sicher zur Umsetzung kommen. Der Wohnbau sorge hauptsächlich dafür, dass die Zahl der Bevölkerung wieder gemächlich wächst.
Blickt man über den Bezirk, so zeichnet sich ein Bild des Abgangs ab. Lediglich fünf der 20 Gemeinden konnten seit 2002 wachsen, namentlich sind das Althofen, Frauenstein, Liebenfels, Mölbling und St. Georgen am Längsee. „Wir haben einen attraktiven Gesamtmix“, sagt Althofens Bürgermeister Walter Zemrosser (LFA): „Es gibt genügend Arbeitsplätze, Kinderbetreuung, Schulen, wir haben fast jeden Facharzt bei uns.“ Vor allem aber sorgen die neuen Siedlungsgebiete – insbesondere Krumfelden – für den stetigen Zuzug. Althofen dürfte bald die 5000-Einwohner-Marke knacken.
Hüttenberg mit größtem Minus
So geht es allerdings bei weitem nicht allen, satte elf Gemeinden haben einen Schwund jenseits der zehn Prozent zu verzeichnen. Besonders hart trifft es Hüttenberg, das um knapp 29 Prozent weniger Einwohner hat als noch 2002. Bürgermeister Josef Ofner (FPÖ) sieht die demografische Entwicklung als Hauptursache für die Abwanderung. „Es hängt mit der Altersstruktur zusammen, wir hatten damals schon 50 Prozent Senioren und Pensionisten. Wir haben jährlich knapp 30 Sterbefälle und zu wenige Geburten.“ Er sieht die Politik in der Verantwortung, um den Trend zu stoppen: „Die politischen Überlegungen müssen dahin gehen, dass der ländliche Raum gestärkt wird. Eine Zerschlagung der Strukturen, wie sie derzeit stattfindet, ist sicher nicht die Lösung.“
In Feldkirchen können vier der zehn Gemeinden ein Wachstum seit 2002 vorweisen, darunter: die Bezirkshauptstadt, Ossiach, St. Urban und Steindorf. Spannend ist vor allem die Seegemeinde Ossiach. Sie hatte vor 22 Jahren noch 742 Einwohner, jetzt steht man bei 791. Allerdings lag man 2023 mit einer Bevölkerungszahl von 897 noch deutlich darüber. Innerhalb eines Jahres sind also 106 Personen abgewandert, das ergibt ein Minus von 11,8 Prozent – das mit Abstand größte Minus aller Mittelkärntner Gemeinden von 2023 auf 2024. Bürgermeister Gernot Prinz (FPÖ) zur Schwankung: „Das liegt an den vielen Asylwerbern, welche in Ossiach ständig an- und abgemeldet werden.“ Laut ihm seien die Angaben der Statistik Austria allerdings nicht ganz korrekt. Demnach zähle man mit Stichtag 27. Februar 2024 724 Einwohner mit Hauptwohnsitz, dazu kommen 134 Asylwerber. Am 27. Februar 2023 zählte man laut Prinz 752 Einwohner mit 124 Asylwerbern.
Vielerorts kämpft man mit „stumpfen Waffen“ gegen die Abwanderung, wie man den Trend vor allem in den abgelegeneren Ortschaften stoppen soll, bleibt fraglich. Darüber werden sich die Gemeinden in den kommenden Jahren noch oft den Kopf zerbrechen müssen.