Am Hüttenberger Hauptplatz ist der Sparmarkt das letzte verbliebene Geschäft. Es gab Zeiten, da reihte sich noch eines an das andere. Im Ort kennt man Geschichten dazu. Geschichten aus vergangenen Zeiten. Etwa jene zweier Gemeindepolitiker. Beide gehörten derselben Partei an, mit ihren Geschäften standen die beiden Parteikollegen jedoch im Dauerwettbewerb. Die Betreiberin des Spar-Marktes, Waltraud Knirschnig aus Kappel, war bereits als selbstständige Kauffrau tätig, nach ihrer Pensionierung übernahm sie das Geschäft in Hüttenberg. „Sonst ist es ja fad“, sagt sie und lacht. Eine Café-Ecke hat sie jetzt auch. Draußen ist das Wetter trüb, drinnen ist es freundlich, man ist gut gelaunt.
„Wir sind froh, dass wir ein Geschäft haben“, sagen die Kunden Willi und Christa Kleer. Aus dem Saarland kam der ehemalige Bergmann, der auch FPÖ-Gemeinderat ist, vor vielen Jahrzehnten, ins Görtschitztal. „Ich war der Erste, der gehen musste“, erzählt er vom Ende des Bergbaus. Lange her, 1978, die Folgen zeigt die Statistik: Fast 2000 Einwohner hat man jetzt weniger. Willi Kleer: „Die Politik hat damals aber Ersatzarbeitsplätze versprochen.“
Wilhelm Jensch ist in Deutschland daheim, Besuche bei seiner Schwiegermutter bringen ihn öfter nach Hüttenberg. „Ich freue mich immer wieder, wenn ich sehe, dass dieses Geschäft offen ist.“ Denn die Entwicklung des Ortes beobachte er „mit Traurigkeit und Bedauern. Wenn ich zum Beispiel das Musikzentrum sehe, habe ich das Gefühl, dass da gar nichts mehr los ist. Ich bin ja zu einer Zeit nach Hüttenberg gekommen, da gab es noch Gaststätte an Gaststätte. Im Fasching haben wir immer überlegt: Wo gehen wir zuerst hin?“
Hilde Lampl wohnt in Knappenberg und arbeitete als Werklehrerin. Auch im Gemeinderat war sie tätig. Sie erinnert sich: „Wir hatten eine Hauptschule und fünf Volksschulen. Hüttenberg, Knappenberg, St. Martin am Silberberg, eine in der Heft, eine in Lölling.“ Die Hauptschule gibt es nicht mehr, die Volksschule ist einklassig geführt. Lampl: „Man kann ja die Kinder nicht herzaubern.“ Lampl stammt aus einer Kaufmannsfamilie: „Unser Geschäft war eine Gemischtwarenhandlung, es gab alles“, erinnert sich Lampl. Drei Geschäfte habe es in Knappenberg gegeben. Wie die Geschäfte verschwanden auch die Gasthäuser. „Sie wurden aber nicht geschlossen, weil sie nicht gegangen sind, es sind ja Leute von auswärts hergekommen zum Essen. Aber es gab keine Nachfolger.“ Lampl sieht aber auch Positives: „Ich freue mich, wenn die Jugend bleibt.“ Wie etwa ein junger Mann, zurückgekehrt aus Wien. „Die Familie hat jetzt auch ein Baby. Es sei jedoch schwierig, irgendwo zu wohnen. Es gibt Häuser zu kaufen, aber es müsste auch Mietgelegenheit geben.“ Lampl ist auch im Verein Geozentrum tätig. Studenten erforschten in Knappenberg die Mineralogie in der Praxis. Es seien Tausende gewesen.
Warum das vorbei ist? Die Kurse würden nicht mehr gefördert an den Unis. Die Covid-19-Pandemie habe geschadet. Einzelne Kurse blieben, jedoch mit minimaler Teilnehmerzahl. Auch hier kommt das Thema Jufa: „Wo sollen die Leute schlafen?“
Unternehmer Rupert Leikam, auch Obmann des Reiftanzvereines, ist der einzige noch existierende Zinngießer in Österreich. Nach einer Lebensphase in Salzburg kehrte er vor Jahren nach Hüttenberg zurück, damals auch motiviert durch gewisse Vorhaben, die er für den Ort als zukunftsträchtig ansah. Man liebäugelte etwa – bevor man sich für Jufa entschied – gerade mit einem Rogner-Hotelprojekt. „Die Schrägaufzüge für das Erz an den Hängen von Knappenberg sollten eingebunden werden“, erinnert sich Leikam. Die Idee habe ihm gefallen. „Man muss Mut zum Denken in andere Richtungen haben. Und Weitblick.“ Viele Versprechungen hätte man schon gehört, aus denen nichts geworden sei. „Man muss sich auf die eigenen Füße stellen.“ Ein Anliegen hat er auch: „Das Anfahrtsstüberl privatisieren, jetzt betreibt es die Gemeinde. Es ist das einzige Lokal in Knappenberg.“ Die Öffnungszeiten seien aber nicht ausreichend.
Ein kleiner Lichtblick im Dunkeln ist der Reiftanz. Dieser weist eine steigende Tendenz – rund 3000 Besucher zieht er alle zwei Jahre an. Tänzernachwuchs bewirbt sich auch. Von den 3000 Besuchern kommen viele aus Hüttenbergs Partnerstädten. „Das Jufa war schon voll mit diesen Gästen. Die Frage ist jetzt: Wo bringen wir die unter, wenn das Hotel jetzt zu ist?“