Es war ein Schock für die Mobilitätsbranche: Die Studie der TU Graz mit dem Thema „Transformation der Wertschöpfungsketten in der Automobilindustrie und ihre Auswirkungen auf Job-Profile und Beschäftigungszahlen in der Steiermark“, nahm 2023 vieles von dem vorweg, mit dem die Branche heute kämpft (wir berichteten). Mario Hirz, Alexander Kreis (Institut für Fahrzeugtechnik TU Graz) und Christian Zweiger (AC Styria Mobilitätscluster) hatten auf 15 Seiten verdichtet, wie sich die Branche entwickeln werde – mit Chancen und Risiken durch den verpflichtenden Wandel von der Verbrenner- zur E-Mobilität. „Der Transformationsprozess hat wesentliche Auswirkungen auf die Wertschöpfungskette in der Automobilbranche. Dies betrifft sowohl die Herstellung von Fahrzeugen, Systemen und Komponenten als auch die Bereiche des Handels und der Werkstätten. Ebenso beeinflusst sind die verschiedenen Entwicklungs- und Dienstleistungsunternehmen sowie mittelfristig das Tankstellennetz“, hieß es in der Studie.

Tausende Arbeitsplätze weniger und der Verlust von bis zu einer Milliarde Euro an Wertschöpfung droht. Der Wandel hin zur E-Mobilität sortiert und ordnet eine Branche neu, die völlig umdenken muss: Ein Verbrenner-Antrieb besteht aus 1200 bis 1500 Komponenten, ein Elektro-Antrieb aus 300 bis 500. Neue Berufsbilder werden entstehen.

Krise um Mobilitätsbranche hat sich verschärft

Eineinhalb Jahre später hat sich die Krise weiter verschärft. Es ist ein Flächenbrand entstanden. Die deutsche Autoindustrie schwächelt, VW will Werke schließen, Mitarbeiter abbauen, Kapazitäten reduzieren. 61 Prozent der österreichischen Zulieferer liefern aber direkt an die deutschen Fahrzeughersteller. Sinkt aber deren gewohnter Lieferumfang, liegt das Kapital der österreichischen Zulieferer in den Lagern brach und die Umsätze brechen ein. Dazu kommen die aktuellen Zoll-Konflikte, mit China genauso wie mit den USAn.

In der Steiermark geht es insgesamt um 300 Unternehmen und Institutionen, der ehemalige Autocluster hat sich längst zu einem High-tech-Dreigestirn entwickelt (Automotive, Aerospace, Rail Systems), man heißt heute AC Styria und nimmt mit 70.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern (17 Milliarden Euro Umsatz, 25 Prozent der steirischen Wertschöpfung) eine entscheidende Rolle in der steirischen Wirtschaftslandschaft ein.

Strategiepapier für Autobranche und Mobilitätsbranche

Der AC Styria hat auf die prekäre Situation mit einem Strategiepapier reagiert – und darin auf die Stärken der steirischen Mobilitätsindustrie fokussiert. Ohne Veränderungen wird die Branche sicherlich nicht weitermachen können, das weiß auch Wirtschaftslandesrätin Barbara Eibinger Miedl, die diese Studie bei AC-Chefin Christa Zengerer in Auftrag gegeben hat. Das Team rund um Zengerer versucht vor allem auf die Forschung, oder die hohe Nachfrage nach innovativen Antriebs- und Fahrzeugkonzepten oder branchenübergreifende Entwicklungen in der Automobil-Luftfahrt- und Bahnindustrie zu setzen. Es geht darum neue Lieferketten, Geschäftsmodelle, Marktchancen, Produkte und Dienstleistungen auszumachen, um so aus der Krise eine Chance zu generieren.

Zukunftsfelder für Mobilitätsbranche

Das Strategiepapier (wir berichteten) hat neue Schwerpunkte in den Zukunftsfeldern der Branche definiert: Man wolle digitale Geschäftsmodelle neu aufbauen (Digitale Produktion, Blockchain, Mobility as a Service etc.), automatisierte Systeme technologisch frisch aufsetzen (automatisiertes Fahren und Fliegen, Verkehrsplanung/Logistik), Antriebs- und Fahrzeugtechnologien und Produktion verstärkt entwickeln (E-Antrieb, Automatisierung inkl. Robotertechnik, Batterietechnologie etc.), Material- und Kreislaufwirtschaft weiter zu einem wichtigen AC-Styria- Mosaikstein ausbauen (Leichtbau, Nanotechnologie, biobasierte Werkstoffe), sowie Elektronik und Softwareentwicklung vorantreiben (Datenanalyse und KI, Simulation und Entwicklung, Software Defined Vehicle).

Beispiele für den Wandel in der Mobilitätsbranche

Als Beispiele für den Wandel dienen das Hydrogen Valley, das sich mit Wasserstoffantrieben und Wasserstofftechnik befasst (AVL, Hycenta), oder die Entwicklung autonomer Fahrzeuge (AlpLab). Und auch Mut zu machen mit völlig neuen Produkten, mit denen die Steiermark andere Kompetenzen zeigt und Branchen neu definiert: Etwa wie das Wood Vision Lab in Weiz, das Seitenaufprallträger für Autos oder Holz-Seitenverkleidungsteile für Siemens-Züge entwickelt hat.