Wer im Vorjahr oder 2021 eine PV-Anlage für das private Dach bestellt hat, musste sich auf Lieferzeiten bis zu einem Jahr einstellen. Corona und Energiekrise ließen die Nachfrage explodieren, gleichzeitig gab es einen Lieferengpass bei PV-Komponenten und zu wenig Installateure. Auf dem Markt herrschte Goldgräberstimmung, was Brancheninsider gerne bestätigen. Damit ist es jetzt vorbei, die Preise gaben heuer langsam oder stetig nach, zuletzt machten auch Pleiten, wie jene der Kärntner Firma Energetica, klar, dass es auf dem PV-Markt zu Verwerfungen kommt.
„Die Nachfrage nach PV-Anlagen ist nach wie vor sehr hoch, aber der große Boom ist vorbei“, sagt die Geschäftsführerin des Bundesverbandes Photovoltaic Austria, Vera Immitzer. Im Vergleich zwischen November 2023 und November 2022 sei die Nachfrage um etwa 20 bis 30 Prozent zurückgegangen. Nach den Ursachen gefragt, antwortet Immitzer: „Die Inflation wurde für die Menschen immer stärker spürbar, und die Strompreise sind gesunken.“ Außerdem habe die Ankündigung der Mehrwertsteuerbefreiung für private PV-Anlagen ab 2024 die Investitionsbereitschaft der Österreicherinnen und Österreicher abrupt gehemmt.
Übervolle Lager
Gleichzeitig haben Händler und Elektriker in der Erwartung, dass sich PV-Anlagen weiterhin verkaufen wie die sprichwörtlichen warmen Semmeln – und um Lieferengpässen in der Zukunft vorzubeugen –, große Lager an PV-Paneelen aufgebaut, wie es in der Branche heißt. Einfach gesagt: Das Angebot übersteigt die Nachfrage. Zumal der Markt in den vergangenen Monaten auch mehr und mehr mit vergleichsweise billigen Paneelen aus Fernost bzw. China überschwemmt wurde. „Ein Phänomen, das wir auch vor zehn Jahren hatten, damals wurde schon die Einführung von Strafzöllen diskutiert“, sagt Immitzer. „Das wäre aber kontraproduktiv, weil wir die Paneele dringend brauchen. Anders können wir unsere Klimaziele mit dem Ausbau der erneuerbaren Energie nicht erreichen.“ PV-Paneele bzw. die kristallinen Solarzellen darin kommen übrigens überwiegend bzw. ausnahmslos aus Fernost. Und an der Qualität gibt es, wie Insider bestätigen, nichts auszusetzen.
Nicht um Aufträge bangen muss in Kärnten Greenonetec, die im Industriepark St. Veit die Glas-Glas-Module direkt von der benachbarten Kioto beziehen. „Wir haben hohe Erwartungen an unsere PV-Carports, die der hauptsächliche Wachstumstreiber sind“, schildert Geschäftsführer Robert Kanduth. Für 2024 rechnet er mit einem Wachstum um 15 Prozent. In der Branche sieht er Österreich und die EU nur mehr für solche Nischenmärkte als wettbewerbsfähigen Produktionsstandort.
Jan Senn von der EET, dem Grazer Spezialisten für Balkonkraftwerke sowie Plug-and-Play-Anlagen samt Speichersystem, sagt: „So günstig wie jetzt wird es PV-Systeme nie mehr geben.“ Während der Pandemie seien die Paneelpreise um 15 bis 20 Prozent angestiegen, heuer aber um 35 bis 40 Prozent gesunken. Der Preisrückgang um ein Drittel bei den eigenen Anlagen (ohne Speicher) liege also im Schnitt. „Die Goldgräberstimmung von 2021 und 2022 hat nachgelassen. Der Markt ist aber immer noch ein Wachstumsmarkt, die Branche boomt noch immer. Die Kurve ist nur flacher geworden.“ Seine Einschätzung für die nächste Zeit: „Ich glaube, dass PV-Module im Preis leicht ansteigen werden, so günstig können sie nicht bleiben. Das wird aber noch dauern, weil die Lager gut gefüllt sind. Da haben sich sicher einige Firmen übernommen.“
Ohne Mehrwertsteuer
Was die 16,6 Prozent Preisnachlass anlangt, die ab Jänner 2024 durch die Mehrwertsteuerbefreiung letztlich bei den Käufern von PV-Anlagen ankommen sollte, hat Senn keinen Zweifel: „Das wird so sein. Wir behalten unsere Preise bei und die Mehrwertsteuer wird abgezogen. In Deutschland gibt es diese Maßnahme schon seit einem Jahr und die Erfahrungen zeigen, dass der Preisnachlass bei den Kunden ankommt.“ Ob sich das als Turbo für die Nachfrage erweisen wird, ist, wie Immitzer sagt, schwer abzuschätzen – „weil derzeit noch nicht alle Detailfragen zur Mehrwertsteuerbefreiung geklärt sind“.