Die am Wochenende über Medien geführte Debatte zwischen Finanz- und Sozialminister über die Verwendung freier Mittel aus der kalten Progression dürfte nicht viel mehr als Geplänkel gewesen sein. ÖVP und Grünen dürften sich bereits vor dem Sommer auf die Verteilung des variablen Drittels der zusätzlichen Steuereinnahmen einigen. Das offene Thema soll noch vor dem Intensiv-Wahlkampf gelöst werden, hieß es aus Verhandlerkreisen. Herauskommen dürfte eine stärkere Anhebung der meisten Tarifstufen, eine Entlastung von Kleinunternehmen sowie höhere Absetzbeträge.
Die sogenannte kalte Progression als schleichende Steuererhöhung wurde im Bereich der Lohn- und Einkommensteuer 2023 abgeschafft. Seitdem werden die Steuerstufen jedes Jahr an die jeweilige Teuerung angepasst, damit die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler im Zuge der jährlichen Lohnerhöhungen nicht mehr in höhere Steuerstufen rutschen. Die Anpassung der Tarifstufen erfolgt aber nur zu zwei Drittel automatisch. Über die Verteilung der übrigen Mehreinnahmen muss sich die Regierung einigen. Im Vorjahr kam das variable Drittel vor allem niedrigen und mittleren Einkommen zugute.
Am Wochenende hatten ÖVP und Grünen ihre Wünsche öffentlich ventiliert. Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) wollte primär eine Entlastung von „Leistungsträgern“ und Familien, Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) von Familien mit niedrigem Einkommen. AK und ÖGB wiederum plädierten dafür, die freien Mittel für Autofahrer zu verwenden.
Das „variable Drittel“, das von den Instituten Wifo und IHS im Auftrag der Regierung berechnet wird, dürfte in diesem Jahr rund 650 Millionen Euro betragen. Diese Mittel sollen dem Vernehmen nach einerseits in eine noch stärkere Anhebung der einzelnen Tarifstufen (außer dem 55-prozentigen Spitzensatz) fließen – das betrifft alle Steuerzahler. Außerdem ist geplant, dass die sogenannte Kleinunternehmergrenze auf 55.000 Euro (derzeit 35.000 Euro) ansteigt. Dieser Grenze entscheidet darüber, ob man noch als Kleinunternehmer gilt oder der Regelbesteuerung unterliegt.
Die Grünen wiederum, die auf die soziale Komponente bei der Verteilung gedrängt hatten, könnten eine stärkere Erhöhung der Absetzbeträge für sich verbuchen, indem diese, ähnlich wie bei den Tarifstufen, ebenfalls noch stärker angehoben und voll an die Inflation angepasst werden. Davon würden Bezieher kleiner Einkommen profitieren.