Auf die bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Gruppen von jungen Männern in Wien sind am Mittwoch Schwerpunktaktionen an Hotspots in der ganzen Stadt gefolgt. „Wir werden nicht zulassen, dass es Plätze gibt, wo man sich nicht mehr hintraut“, sagte Dietmar Berger vom Landeskriminalamt (LKA) am Abend vor Kamerateams im Rahmen einer Aktion bei der U6-Station Jägerstraße in der Brigittenau. Die Gewalteskalationen hätten „eine andere Qualität“ erreicht.

Dass „Leute auf der Straße übereinander herfallen“, sei auch für die Polizei nicht alltäglich. „Aber es ist zum großen Dank die absolute Ausnahme“, erklärte der Offizier gegenüber Medienvertretern den Grund für die erhöhte Präsenz sowie die Kontrollen der Polizei an neuralgischen Punkten. Der Hintergrund für die Aktionen ist eine seit Monaten schwelende Auseinandersetzung zwischen Tschetschenen auf der einen und Syrern bzw. Afghanen auf der anderen Seite.

Gekränkte Ehre

Berger sprach in Bezug auf die Struktur der Gruppen von „losen organisierten Verbindungen“, die keinen Bezug zur organisierten Kriminalität aufwiesen. Die Mitglieder – großteils junge Männer – seien mitunter auch in Familienclans eingebettet, „aber so etwas wie einen Capo gibt es nicht“, wie Berger sagte. Er räumte ein, dass das „vergangene Wochenende kein leichtes für die Wiener Polizei gewesen“ sei. Dennoch betonte er in Bezug auf die Vorfälle: „Mit Clankriminalität, wie wir sie aus Deutschland kennen, ist das überhaupt nicht vergleichbar.“

„In diesem Bereich geht es um Ethnien, die Konflikte haben, es geht unter anderem um gekränkte Ehre.“ Revierkämpfe innerhalb der Drogenszene schloss Berger nach „derzeitigem Stand“ als Wurzeln für die Konflikte aus.

Im Zuge der Aktionen am Mittwoch standen unter anderem das Einsatzkommando Cobra, die Diensthundeeinheit, Zivilermittler sowie ein Großaufgebot von uniformierten Kräften im Einsatz. Es kam zu Sicherstellungen von Waffen, Anzeigen und Personenkontrollen sowie -durchsuchungen. Im Hinblick auf die Ermittlungen rechnete Berger mit weiteren Ausforschungen und Festnahmen. „Aber das kann dauern“, erklärte er.

Mehre Auseinandersetzungen am Wochenende

Am Wochenende hatten sich mehrere teils bewaffnete Männer – zuerst am Freitag und Samstag in Brigittenau im Bereich Anton-Kummerer-Park/Klosterneuburger Straße, dann beim Bahnhof Meidling – gewalttätige Auseinandersetzungen geliefert. Insgesamt sieben Personen wurden im Zuge der Bandenkämpfe verletzt, vier davon schwer. Ein 29-jähriger Russe mit tschetschenischen Wurzeln wurde festgenommen. Der Mann befindet sich seither als Beschuldigter in Untersuchungshaft. Gegen ihn wird wegen Beteiligung am versuchten Mord ermittelt. Er soll am Freitagabend mit seinem BMW mehrere Tschetschenen zum Anton-Kummerer-Park gebracht haben, wo sich in der Folge regelrechte Wild-West-Szenen zwischen Tschetschenen und Syrern ereigneten. Der 29-Jährige äußert sich nicht zu den Vorwürfen.

Im Hinblick auf die laufenden Ermittlungen zu den Vorfällen in Brigittenau erklärte Berger, es seien zahlreiche Messer, eine Schreckschusspistole sowie Pfeffersprays sichergestellt worden. Zudem seien nach den Vorfällen am Freitag auch Patronenhülsen Kaliber Neun Millimeter gefunden worden. Berger zufolge laufen aktuell die Auswertungen von Videos und Mobiltelefonen sowie die Einvernahmen von Zeugen.

Etwas herausfordernder sei die Ermittlungsarbeit zur Schlägerei in Meidling. „Es gibt noch zwei Personen, die im Spital sind und die können eigentlich nicht viel sagen“, so Berger. Man sei darum auch im laufenden Austausch mit dem Bundeskriminalamt sowie dem Landesamt für Staatsschutz und Extremismus.