Österreich ist laut aktuellen Berichten – weiterhin – ein „Hochkonsumland“ für Alkohol, obwohl der tägliche Verbrauch pro Kopf langsam sinkt, betonten Drogenexperten am Dienstag zur Veröffentlichung zweier Suchtmittelberichte in Wien. Eine Million Menschen wollen hierzulande mit dem Rauchen aufhören, man solle sie dabei unterstützen. Sorgen machen ihnen die steigende Lust auf Nikotinbeutel bei Jugendlichen sowie vermehrte Todesfälle durch Überdosierung illegaler Drogen.
Tabakrauchen an der Spitze der Süchte
Tabakrauchen ist die am weitesten verbreitete Sucht in Österreich, erklärte Martin Busch vom Kompetenzzentrum Sucht an der Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) in Wien bei einer Pressekonferenz: „Etwa jede fünfte Person gibt an, täglich zu rauchen.“ Das sind 1,6 Millionen Menschen. Jugendliche Raucher werden allerdings seltener. „Bei den 15-Jährigen hat sich der Anteil der Raucher seit 2003 mehr als halbiert“, so der Experte.
Gemäß aktuellen Schätzungen sei Tabakrauchen (inklusive Passivrauchen) für 16 Prozent aller Todesfälle verantwortlich. Laut „Befragung zum Substanzgebrauch“ aus dem Jahr 2022 würde mehr als die Hälfte (51 Prozent) der Raucher „darüber nachdenken“, der Sucht abzuschwören, weitere zehn Prozent hätten schon „konkrete Pläne“. Etwa eine Million Tabakkonsumenten wollen demnach gar nicht mehr rauchen. „Das birgt ein großes gesundheitspolitisches Potenzial“, betonte Busch: „Man muss den Betroffenen nichts verbieten, sondern sie nur dabei unterstützen, das zu erreichen, was sie wollen.“
Der Konsum „neuer Nikotinprodukte“ wie Nikotinbeuteln und E-Zigaretten wäre jedoch auf dem Vormarsch. „So rauchen zwar nur vier Prozent der 15-Jährigen täglich Zigaretten, allerdings konsumieren drei Prozent täglich Nikotinbeutel“, berichtete Busch: „Es besteht die Gefahr, dass der Anstieg bei den neuen Nikotinprodukten den Rückgang beim Zigarettenkonsum kompensiert und es künftig wieder mehr Menschen mit Nikotinabhängigkeit gibt.“
Österreich ist bei Alkohol ein „Hochkonsumland“
Auch bei Alkohol ist Österreich ein „Hochkonsumland“, sagte Julian Strizek (ebenfalls Kompetenzzentrum Sucht/GÖG): „Im europäischen Vergleich liegen wir beim Pro-Kopf-Konsum im obersten Drittel.“ Etwa fünfzehn Prozent der Bevölkerung trinken in einem gesundheitsgefährdenden Ausmaß. Bei Männern läge die „Gefährdungsgrenze“ bei 60 Gramm Alkohol pro Tag (ungefähr eineinhalb Liter Bier oder drei Viertel Liter Wein), bei Frauen bei 40 Gramm (ein Liter Bier oder ein halber Liter Wein). Die Unterschiede sind durch eine „höhere alkoholrelevante Körpermasse“ beim männlichen Geschlecht bedingt.
Männer zeigen problematischen Alkoholkonsum ungefähr doppelt so häufig wie Frauen (19 Prozent gegenüber elf Prozent). Am häufigsten sei er bei 40- bis 70-Jährigen. „Doch auch drei bis sechs Prozent der Schülerinnen und Schüler zwischen 14 und 17 Jahren trinken in einem riskanten Ausmaß“, so Strizek. Im längerfristigen Trend sei der problematische Konsum jedoch „tendenziell rückläufig“, ebenso die Zahl alkoholassoziierter Erkrankungen und Todesfälle.
Zahl der Todesfälle gestiegen
Die in Österreich am häufigsten eingenommene illegale Substanz ist Cannabis, berichtete Busch: „Konsumerfahrungen beschränken sich aber meist auf einen kurzen Lebensabschnitt.“ Bei den „risikoreichen“ illegalen Drogen seien Opium-Substanzen (Opioide) wie Heroin dominant. „Etwa 35.000 bis 40.000 Menschen in Österreich sind opioidabhängig“, sagte er: „Über die Hälfte der Personen mit risikoreichem Opioidkonsum befinden sich in Behandlung.“ Dies sei ein großer Erfolg der österreichischen Suchthilfe. „Es ist in den vergangenen Jahrzehnten gelungen, die Behandlungsrate von opioidabhängigen Personen massiv zu erhöhen“, so der Experte.
Allerdings werden tödliche Überdosierungen wieder häufiger. Im Jahr 2022 gab es 248 „drogenbezogene Todesfälle“.
2014 starben „nur“ 122 Menschen an den direkten Folgen des Drogenkonsums, seither steigen die Zahlen. Vor 2014 war ein Rückgang zu verzeichnen, 2009 waren es mit 206 noch deutlich mehr Todesfälle als fünf Jahre später. „Ebenso gestiegen ist der Anteil der jüngeren Verstorbenen unter 25 Jahren an allen Überdosierungen“, sagte Busch: „Und zwar von 18 Prozent im Jahr 2018 auf aktuell 27 Prozent.“ Mögliche Ursachen sind Nachwirkungen der Pandemie, die suchtkranke Menschen besonders getroffen hätte, oder dass die Reinheit der Substanzen steigt, was das Risiko für Überdosierungen erhöht.