Das Sturmtief „Emir“ sorgt in Kärnten und Osttirol wie prognostiziert für eine angespannte Lage. Behörden und sämtliche Blaulichtorganisationen im ganzen Land sind in Einsatzbereitschaft. Seit Donnerstagnachmittag regnet es verbreitet, teils sogar intensiv. In der Nacht auf Freitag zog ein Föhnsturm mit Geschwindigkeiten von teilweise mehr als 130 km/h über Kärnten.
Die Wetterprognose versprach (noch) keine Besserung. Der Regen soll bis in die Abendstunden anhalten. Es drohen weitere Murenabgänge und Überflutungen.
Video: Sorge vor Hochwasser
Überflutungen und Stromausfälle
Seit Donnerstagabend waren die Kärntner Feuerwehren mehr als 160 Mal im Einsatz, so eine erste Bilanz am Freitag gegen 7 Uhr. Insgesamt gab es 111 „Ereignisse“ mit 1000 Feuerwehrkräften im Einsatz. Kleinräumige Überflutungen von Straßen und Kellern sowie Einsätze, um Sturmschäden zu beseitigen, beschäftigten die Einsatzkräfte vor allem in den Bezirken Spittal, Hermagor, Villach-Stadt und -Land, Klagenfurt-Land und Völkermarkt.
30-jährliches Hochwasser
„Die erwarteten Hochwasser sind wie prognostiziert eingetreten“, sagt Johannes Moser vom Hydrographischen Dienst des Landes Kärnten. Der Schwerpunkt lag im Oberen Gailtal. „Hier haben wir ein 30-jährliches Hochwasser“, sagt Moser und ergänzt, dass die Abflüsse in Oberkärnten aber mittlerweile zurückgehen. „Es gibt eine leichte Entspannung.“ Bei der Staukette Villach (Drau) fließen derzeit etwa 900 Kubikmeter pro Sekunde, der Spazierweg entlang der Drau ist in der Innenstadt überflutet. In Federaun (Gail) sind es 550 Kubikmeter pro Sekunde. In Lavamünd werden es im Laufe des Tages 1800 bis 2000 sein.
„Unser Fokus wird nun bei der Gurk und der Glan liegen, dort erwarten wir einen Anstieg. Hier werden im Laufe des Tages noch 20 bis 30 Millimeter Niederschlag erwartet und von Samstag auf Sonntag sind 40 Millimeter prognostiziert“. Auch der Wörthersee und der Grundwasserspiegel werden noch ansteigen, sagt Moser: „Mit der Front am Samstag erwarte ich zehnjährliches Hochwasser.“
1600 Haushalte ohne Strom
Markus Hudobnik vom Katastrophenschutz des Landes lobt alle Verantwortlichen: „Die Prognosen sind eingetreten, aber alle haben seit Sonntag zusammengearbeitet und die Maßnahmen haben gewirkt.“ Freitagvormittag werden sich Behörden und Einsatzkräfte zur dritten Krisensitzung zusammenfinden und Maßnahmen für die kommende Front am Samstag besprechen: „Die Regenpausen zwischen den Ereignissen sind unser Glück im Unglück, die brauchen auch die Einsatzorganisation, um arbeiten zu können.“
Bisher haben sich auch aufgrund der Vorbereitung die Schadensereignisse in Grenzen gehalten: „Wir haben noch 1600 Haushalte ohne Strom, die Kärnten-Netz-Mitarbeiter sind dabei, die Schäden zu beseitigen.“ In Fresach ging eine Mure mit etwa 500 Kubikmeter Geröll ab, ein Haus musste evakuiert werden. Von Donnerstag auf Freitag um 7 Uhr gab es in Kärnten 160 Einsätze von 111 Feuerwehren mit insgesamt 1000 Einsatzkräften.
Mure in Ferndorf
Gegen 3 Uhr wurde die Ferndorfer Straße (L 37) zwischen den Ortschaften Lang und Ferndorf nach dem Abgang einer Mure gesperrt. Die Straße wurde durch ein zehn Meter breite und etwa einen Meter hohe Schlammmassen komplett verlegt. Durch die Freiwillige Feuerwehr Ferndorf wurden beide Seiten der L 37 bis zum Eintreffen der Straßenmeisterei gesichert. Eine großräumige Umleitung über die B 100, L 39 und Gemeindestraßen besteht.
Gailtalstraße
Aufgrund einer Verklausung der verrohrten Durchführung des Höflingsbaches trat der Bach über die Ufer und überspülte die B111 (Gailtalstraße) im Bereich der Ortschaft Höfling. Die Verklausung wurde beseitigt, eine Sperre der Bundesstraße in diesem Bereich war nicht erforderlich.
Im Bereich zwischen Tröpolach und Watschnig gab es einen Murenabgang und die Gailtalstraße (B 111) wurde durch Schlamm- und Geröllmassen verlegt. Die Straße war drei Stunden gesperrt. Der Gailtalradweg R3 musste im Bereich zwischen Förolach/Görtschach und Vorderberg wegen Überflutung gesperrt werden. Die Sperre ist bis dato aufrecht.
Mure bis vor die Haustür
Gegen 2.50 Uhr kam es bei einem Wohnhaus in der Gemeinde Berg/Drau zu einer Hangrutschung. Nördlich des Gebäudes rutschte der Hang in einem Ausmaß von rund zehn mal sieben Meter über die Gemeindestraße gegen die nördliche Hausmauer des Wohnhauses. Das Erdreich kam vor der Haustüre und der Garage zum Stillstand. Die Freiwillige Feuerwehr Berg im Drautal war mit 30 Einsatzkräften vor Ort. Verletzt wurde niemand. Der Schaden am Wohnhaus und der Garage konnte noch nicht beziffert werden.
Bäume stürzen auf Autos
Donnerstag gegen 22.05 Uhr stürzten mehrere Bäume auf einen Parkplatz in Feistritz im Rosental. Dabei wurden fünf Autos beschädigt. Während der Evakuierung der restlichen Pkw fielen erneut mehrere Bäume um. Wegen Gefahr für Leib und Leben wurde der gesamte Parkplatz gesperrt. Menschen wurden nicht verletzt.
Bei Bad Eisenkappel und im Rosental waren Hunderte Haushalte von Stromausfällen betroffen. Vom Sturm umgerissene Bäume hatten Leitungen beschädigt. Noch sind nicht alle Störungen behoben.
Straßensperren
Wegen umgestürzter Bäume bzw. in Folge eines Murenabgangs sind laut Antenne Kärnten derzeit der Loibl- und der Wurzenpass gesperrt. Auf der Katschberg-Straße zwischen Lieserbrücke und Trebesing steht der Verkehr nach einem Felssturz still.
Gesperrt ist nach einem Murenabgang auch die Ferndorfer-Straße zwischen Lang und Ferndorf-Ost. Auf der Waidischer Straße zwischen Zell-Freibach und dem Schaidasattel liegen so viele umgestürzte Bäume, dass eine Räumung derzeit zu gefährlich wäre. Der Abschnitt ist gesperrt, ebenso ein Teil der Wellersdorfer Straße bei Köttmannsdorf und die Innerkremser Straße im Bereich der Landesgrenze.
Sturm knickt Bäume
Die ersten Folgen des Föhnsturms: Kurz nach 21 Uhr meldet die Feuerwehr Köttmannsdorf Verkehrsbehinderungen durch umgestürzte Bäume auf der Loiblpass-Straße. Im Raum Ferlach werden Windstärken um 90 km/h gemessen, auf dem Dobratsch mehr als 130 km/h.
Drei Tote in Italien
Bei schweren Unwetter in der Toskana sind in der Nacht auf Freitag drei Personen ums Leben gekommen. Die Stadt Prato ist besonders betroffen. Zwei Menschen werden in Venetien vermisst. In der Kärntner Nachbarregion Friaul-Julisch Venetien hat das Unwetter schon Donnerstagnachmittag und -abend für mehrere Einsätze gesorgt. Sachschäden werden aus Grado gemeldet. In Triest musste ein Kanufahrer aus dem Meer gerettet werden, der trotz der Sturmwarnung in See gestochen war. Drei Personen wurden bei Verkehrsunfällen verletzt, deren Ursache die starken Regenfälle waren.
Höchste Warnstufe in Friaul
Wegen der schweren Niederschläge bleiben die Schulen in einem Großteil von Kärntens italienischer Nachbarregion Friaul Julisch Venetien am Donnerstag und Freitag geschlossen. Die Maßnahme betreffe die Provinzen Udine, Pordenone und Görz, teilten die Behörden mit. Auch städtische Parks blieben geschlossen, der öffentliche Nahverkehr werde unterbrochen und alle Sportveranstaltungen würden ab 12 Uhr ausgesetzt, teilte der Präsident Friauls Massimiliano Fedriga mit. In Lignano gibt es ein Betretungsverbot rund um den Fluss Tagliamento, in Udine wurden die Friedhöfe geschlossen.
Angespannte Lage in Klagenfurt
Laut Johannes Moser, Leiter des Hydrographischen Dienstes beim Land Kärnten, wird der Grundwasserspiegel in der Landeshauptstadt weiter steigen. Es ist vor allem mit überfluteten Kellern zu rechnen. Vorkehrungen wurden unter anderem beim Treimischer Teich in Viktring getroffen. Derzeit stehen bereits mehrere Äcker und Wiesen in Klagenfurt unter Wasser.
Schutzwall errichtet
Die Drauschleife bei Latschach geht bei Hochwasser immer über und überflutet die Ortschaft. Die FF St Egyden und Velden haben deshalb Vorkehrmaßnahmen getroffen und in diesen Bereich einen Schutzwall (Doppelschlauchkammer errichtet). Auch in Rosegg sind die Feuerwehren beschäftigt mit Sandsäcken an den gefährlichen Stellen Frojach und Rosegg Vorkehrmaßnahmen zu treffen.
Lavamünd rüstet sich
Nach einer Lagebesprechung mit Vertretern des Landes am Nachmittag wurde Donnerstagabend in Lavamünd begonnen, Sicherungsmaßnahmen entlang der Drau und Lavant durchzuführen. Unterführungen werden gesperrt und bereits Pumpen in den Kellern positioniert.
Wasserspiegel gesenkt
Der Verbund hat entlang der Kraftwerkskette Drau Hochwasservorbereitungen getroffen: Für die sichere Hochwasserabfuhr bleiben die großen Stauseen abgesenkt, der Wasserspiegel bei den Kraftwerken Rosegg und Feistritz im Rosental wurde um 2,5 Meter gesenkt, der Völkermarkter Stausee wurde über das Kraftwerk Edling um 1,5 Meter unter das Normalniveau gesenkt.
Noch keine Feuerwehreinsätze
Laut Landesalarm- und Warnzentrale hat es noch kaum wetterbedingte Einsätze gegeben (Stand 20 Uhr). Lediglich in Unterbergen im Loibltal musste ein umgestürzter Baum von der Fahrbahn entfernt werden.
Appell an Eigenverantwortung
Das Land Kärnten, der Zivilschutzverband Kärnten und der Krisenstab des Landes appellieren an die Bevölkerung, die Wetterwarnungen ernst zu nehmen. Die Lage werde ständig neu bewertet. Im Ernstfall sollte man sich unbedingt an die Anweisungen von Behörden und Einsatzkräften halten.
Draubermen und Gailradweg gesperrt
Der Gailradweg sowie die Bermen auf beiden Seiten der Drau werden erneut im gesamten Stadtgebiet von Villach gesperrt. Diese Bereiche könnten vorübergehend überschwemmt werden. Die Sperren haben sich in der Vergangenheit als vernünftige Sicherungsmaßnahme erwiesen, teilt die Stadt mit.
Bahnstrecke im Kanaltal gesperrt
Wegen einer Unwetterwarnung in Italien sind laut den ÖBB zwischen Tarvisio Boscoverde und Udine bis voraussichtlich Freitag, 23:59 Uhr, keine Fahrten möglich. Hunderte Fahrgäste sollen laut ORF Kärnten in Venedig festsitzen. Aktuelle Streckeninfos erhalten Sie hier.
Wetterprognose
Wetterberuhigung ist erst am Freitag am späteren Nachmittag zu erwarten. Das nächste Tief erreicht uns schon von Samstag auf Sonntag. Die Regenfälle sollten aber wesentlich geringer ausfallen. Mehr dazu erfahren Sie hier.