Enttäuschung und Verdruss dominierten am Freitag die Gefühlslage vieler Delegierter auf dem Gelände der 29. UN-Klimakonferenz in Baku. Das gilt laut Beobachtern nicht nur für die Vertreterinnen und Vertreter der Staaten des „globalen Südens“, sondern auch für die europäischen Verhandlerteams. Der Ärger richtet sich nicht zuletzt gegen die unambitioniert agierende aserbaidschanische Präsidentschaft der COP29, die es bis zum offiziellen Konferenzende am Freitagabend nicht geschafft hatte, einen auch nur annähernd beschlussfähigen Text herbeizuführen. „So starke Kritik an der Verhandlungsführung habe ich bei einer Klimakonferenz noch selten erlebt“, sagt Renate Christ, langjährige Generalsekretärin des Weltklimarats IPCC. Somit musste die Klimakonferenz wieder einmal in die Verlängerung geschickt werden.

Bereits im Zuge der Konferenzeröffnung vor knapp zwei Wochen hatte sich Aserbaidschans Präsident Ilham Aliyev Kritik an der auf Erdöl- und Erdgasexport fokussierten Außenwirtschaft seines Landes verbeten und die fossilen Energieträger erneut als „Geschenk Gottes“ bezeichnet. Angesichts dieser und weiterer „absurden Vorgänge“ rund um die heurige Konferenzleitung sei künftig zu überlegen, „wo diese Klimakonferenzen wirklich noch stattfinden sollen und wo vielleicht lieber nicht mehr“, sagt Reinhard Mechler, Leiter der Forschungsgruppe für Systemrisiko und Resilienz am IIASA in Laxenburg.

Billionen für den Klimaschutz

Inhaltlicher Hauptkonfliktpunkt zwischen den Staaten ist in Baku die Klimafinanzierung. Vereinfacht gesagt, geht es dabei um die Frage, mit wie viel Geld die Entwicklungsländer dabei unterstützt werden sollen, Ursachen und Folgen der Klimakrise zu bekämpfen. Aufkommen sollen für die Finanzierung primär jene Industriestaaten, die bisher am meisten Treibhausgas verursacht und wirtschaftlich auch am meisten davon profitiert haben. Die Staaten des „globalen Südens“ fordern in Summe 1,3 Billionen Dollar jährlich, während sich EU, USA und andere Geberländer dabei nur bewegen wollen, wenn sichergestellt ist, dass auch Staaten wie China und die Erdölstaaten in den Zahlerkreis einsteigen.

Der Hintergrund: Formell gilt bei den UN-Klimakonferenzen nach wie vor die Einteilung in Industrie- und Entwicklungsländer, wie sie beim Beschluss der Klimarahmenkonvention in den frühen 1990ern festgelegt worden ist. Damals war der Kreis der Industriestaaten noch auf überschaubare 23 Staaten beschränkt. Inzwischen hat sich die Welt allerdings weitergedreht, die alte Einteilung entspreche heute nicht mehr der Realität, argumentieren EU, USA, Kanada und andere Industriestaaten.

„Das ist kein Almosen“

Die von den Entwicklungsländern geforderte Summe von 1,3 Billionen Dollar für Klimaschutz, Anpassung und die Abgeltung bereits eintretender Schäden sei aus wissenschaftlicher Sicht jedenfalls „durchaus solide“, sagt Reinhard Mechler. „Es handelt sich dabei um kein Almosen, sondern um die Finanzierung unserer ureigensten Interessen, dass der Klimawandel nicht ungebremst fortschreitet.“ Der fünfseitige Beschlussentwurf, den die aserbaidschanische COP-Präsidentschaft am Freitagnachmittag vorlegte, bleibt allerdings vage, enthält als Vorschlag die Summe von 250 Milliarden Dollar bis 2035 für Klimaschutz und Anpassung, ohne die Quellen oder die zugrundeliegenden Regeln näher zu definieren.

Auch beim Bremsen der Emissionen sei das Papier „sehr enttäuschend“ und enthalte so gut wie keine Fortschritte, sagt Renate Christ. „In den vergangenen Tagen ist es eher schon darum gegangen, Rückschritte hinter bereits Erreichtes zu verhindern.“ So hatte die vorjährige Klimakonferenz in Dubai den Grundsatzbeschluss gefasst, dass die Staaten schrittweise aus den fossilen Energieträgern aussteigen sollen. Erwartet wurde, dass die heurige Konferenz konkrete Schritte für diesen Ausstieg beschließen werde, wonach es nun allerdings nicht aussieht.

Beobachter gehen davon aus, dass die Gespräche noch bis weit ins Wochenende andauern. Ob ein tragfähiger Beschluss überhaupt möglich sein wird, bleibt vorerst offen.