Er nimmt an den Gesprächen nicht teil, dennoch schwebt der Schatten des eben zum US-Präsidenten wiedergewählten Donald Trump über dem heutigen Start der 29. Klimakonferenz der UNO (COP29). Viele Delegierte, die in Aserbaidschans Hauptstadt Baku in den kommenden beiden Wochen verhandeln, sehen im Votum der Amerikanerinnen und Amerikaner einen schweren Dämpfer für den Kampf gegen den Klimawandel.
Leitartikel von Thomas Golser
Trump hatte in seiner ersten Amtsperiode die USA aus dem Pariser Klimaabkommen geführt und kündigte im Wahlkampf an, die unter Joe Biden vollzogene Rückkehr an die Klima-Verhandlungstische erneut rückgängig zu machen. Ein abermaliger Exodus der größten Volkswirtschaft der Welt und des zweitgrößten Treibhausgas-Verursachers hätte den Erwartungen nach starke destabilisierende Wirkung auf eine ohnehin mit schwierigen Bedingungen kämpfende Klimadiplomatie. „Auch wenn Trump erst in zwei Monaten als Präsident angelobt wird, verwandelt seine Wahl die US-Delegierten bei der COP29 in ,lahme Enten‘ mit verringerter Glaubwürdigkeit und geringerem Handlungsspielraum“, analysiert der US-Nachrichtendienst Bloomberg.
Klimafinanzierung droht Fall ins Bodenlose
Unklar ist nun auch, ob die USA bei den Verhandlungen, wie ursprünglich erwartet, neue nationale Klimaziele für das Jahr 2035 einbringen werden. Mit diesem Schritt sollten weitere Staaten – wie der größte Emittent China – animiert werden, ihre nationalen Ziele, im Fachjargon NDCs genannt, ebenfalls zu erneuern, wie es laut Pariser Abkommen bis Februar gefordert wäre. Steuern die USA nun als größte Anteilseigner der Weltbank in die Gegenrichtung, droht nicht nur die Verhandlungsdynamik, sondern auch die internationale Klimafinanzierung ins Bodenlose zu fallen.
Dabei dreht sich der Kern der Gespräche in Baku diesmal just um die Frage, wie jene Finanzmittel vervielfacht werden können, die Entwicklungsländern bei der Bekämpfung von Ursachen und Auswirkungen des Klimawandels unterstützen. 100 Milliarden US-Dollar (rund 93 Milliarden Euro) stellen die Industriestaaten – größtenteils über verzinste Kredite und teils über private Investoren – derzeit dafür bereit. „Diese Summe war aber von Anfang an nur ein politischer Kompromiss, der sehr unkoordiniert entstanden ist“, sagt Reimund Schwarze, Ökonom am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig. „Es ist klar, dass bedeutend mehr nötig ist, um den Pariser Zielen gerecht zu werden.“
Verzehnfachung der Mittel erforderlich
Tatsächlich mobilisiert werden müsste, je nach Schätzung, mindestens die zehnfache Summe, um die wachsende Finanzierungslücke zu schließen. „Viel wichtiger als die genaue Höhe ist aber die Frage der Qualität der Mittel, ob sie richtig und wirksam ankommen“, sagt Schwarze. „Eine Billion Dollar als Paket hätte man prinzipiell recht schnell einmal beisammen.“
In der Praxis sind sich die Staaten bis dato allerdings in fast allen grundlegenden Punkten dieses „New Collective Quantified Goal“ (NCQG) genannten Finanzierungspakets uneinig. Streit herrscht unter anderem darüber, wer wie viel beitragen soll, welche Finanzierungstypen einfließen und was in welchen Staaten finanziert werden soll. EU und USA pochen etwa darauf, dass auch Schwellenländer wie die Ölförderstaaten als Zahler mit ins Boot sollen.
Die „vorgeschobene Debatte“
Martin Krenn, Klimaexperte der Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz und Sprecher der „Allianz für Klimagerechtigkeit“, ortet in dieser Diskussion einen der großen Fallstricke für die Verhandlungen in Baku. „Die sehr grundsätzliche Frage, wer nun ein zahlungspflichtiger Industriestaat ist, wird in der Diskussion vorgeschoben, kann aber nicht binnen zwei Wochen geklärt werden.“ Entscheidend sei laut Krenn, dass man sich einmal auf einen harten Kern an tatsächlichen Hilfsmitteln einigt. Ob das auch geschehen wird, ist ungewisser denn je.