Die Einwohner der kanarischen Inseln - besonders jene auf Teneriffa, Fuerteventura und Gran Canaria - haben die Nase voll von Massentourismus. Das machten rund 10.000 Demonstranten über alle Inseln verteilt am Sonntag klar. Sie gingen mit Fahnen und Schildern auf die Straße, auf denen unter anderem „Wir sind Ausländer in unserem eigenen Land“, „Die Kanaren sind kein Themenpark“ und „Genug ist genug“ zu lesen war.

Wie Videos und Fotos zeigen, scheuten sich einige auch nicht davor, auf direkten Konfrontationskurs mit den Touristen zu gehen und sie am Strand zu belagern. „Dieser Strand gehört uns“, wurde unter anderem lautstark gerufen.

„Der Tourismussektor bringt Armut, Arbeitslosigkeit und Elend“

Die Kritik der Insel-Bewohner richtet sich gegen eine unfaire und nicht nachhaltige Entwicklung des Tourismus. „Der Tourismussektor bringt Armut, Arbeitslosigkeit und Elend auf die Kanarischen Inseln“, prangert Eugenio Reyes Naranjo, Sprecher der Umweltgruppe „Ben Magec - Ökologen in Aktion“ an. Er und seine Mitstreiter waren eine der Initiatoren der Proteste.

Vor allem ein scharfes Vorgehen gegen Ferienwohnungen und eine Obergrenze an Touristen wird gefordert. Jährlich steuern rund 16 Millionen Touristen, die meisten davon aus Deutschland und Großbritannien, die Kanaren an. Vier von zehn Einwohnern der Inselgruppe sind im Tourismus tätig, welcher rund 36 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ausmacht.

Aufgrund ihrer Lage vor der Küste Westafrikas, sind die kanarischen Inseln auch im europäischen Winter ein beliebtes Reiseziel. Auch aus Graz hebt von November bis Ende März an vielen Freitagen ein Flieger Richtung Teneriffa ab.

Problem Massentourismus: Kein Phänomen der Kanaren

Viele Orte weltweit stehen vor diesem Dilemma. Zum einen bringen die Touristen Geld und kurbeln die Wirtschaft an, zum anderen sorgen sie für teils untragbare Zustände für die lokale Bevölkerung und die Umwelt.

Venedig startete im Frühjahr einen Testlauf mit einem Fünf-Euro-Eintritt für Tagesbesucher. Im kommenden Jahr will man in der Lagunenstadt bis zu zehn Euro an stark frequentierten Tagen verlangen, um „die Anreisenden zu entmutigen“, wie Finanzstadtrat Michele Zuin ankündigte. Im Schweizer Zermatt sollen Tagesgäste künftig 13 Euro Eintritt bezahlen.

Auch in Österreich zerbrechen sich Expertinnen und Experten sowie Betroffene bereits den Kopf darüber, wie in den Touristen-Hotspots den Menschenmaßen Einhalt geboten werden kann. Architekt und Denkmalschützer Friedrich Idam warnt: „Hallstatt ist nur die Spitze des Eisbergs.“

Und Tourismus- und Freizeitforscher Andreas Reiter ist überzeugt: „Aus meiner Sicht wird Eintrittsgeld für Tagesbesucherinnen und -besucher in Zukunft unausweichlich sein. Man kann darüber diskutieren, ob das ein kluges Modell ist oder ob es alternative Strategien dazu gibt. Aber es ist am einfachsten umzusetzen und wird noch viele Nachahmer finden.“