Bei 33 Grad verwandelt sich der beinahe vollständig asphaltierte Wiener Schwarzenbergplatz zu einem der größten Hitzepole der Bundeshauptstadt. Bierparteichef Dominik Wlazny hat dennoch Hunger mitgebracht. Als erster Gast des „Kleine Zeitung“-Podcasts „Scharf nachgefragt“, bei dem wir die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten der am Stimmzettel für die Nationalratswahl vertretenen Parteien zum Gespräch am Würstelstand einladen, bestellt Wlazny eine vegane Wurst. „Die Dosis macht das Gift“, sagt der angehende Mediziner, mit Maß und Ziel seien auch solche Mahlzeiten unbedenklich. Ebenfalls keine Bedenken hat er bei der Reihe an Chiligewürz-Sorten, die man beim „Scharfen René“ zur Wurst bestellen kann. „Ich bin Gewinner eines Chili-Wettessens“, verkündet er und greift zum Beweis gleich zu Beginn zum schärfsten Gewürz.

Deutlich weniger scharf scheint für viele das politische Profil der Bierpartei zu sein, auch im Gespräch bleibt Wlazny eher allgemein, zeigt sich jedoch überzeugt: Im eigenen Programm „stehen superkonkrete Sachen drin“. Dass die Bierpartei eine Erbschaftssteuer ab 1,5 Millionen Euro ablehnt, dürfte jedoch einige überraschen. Also doch mehr Champagnerpartei als Bierpartei? „Das ist kein einfacher Sachverhalt“, räumt Wlazny ein, „ich liebe Fakten und Fakt ist, dass Arbeit zu hoch- und Vermögen zu niedrig besteuert ist und Vermögen ungleich verteilt ist“. Es brauche jedoch keine Einzelmaßnahmen, „sondern eine strukturelle Reform“. Wie diese aussehen soll? „Wir müssen das analysieren.“ Gleiches gelte auch für Themen wie Arbeitszeitverkürzung oder gesetzliches Pensionsantrittsalter.

Bereits entschieden ist, dass die Bierpartei Eignungstests für Ministerposten einführen will. Würde der Parteichef einen solchen auch selbst bestehen? „Ich hätte ihn auf jeden Fall gemacht, ob ich ihn geschafft hätte, weiß ich nicht.“ Es würde aber wohl „auf der Hand liegen, der Wlazny wird Gesundheitsminister“, aber er habe hier noch nichts entschieden. Dass ein solches Auswahlverfahren durch eine Kommission, wie es der Partei vorschwebt, die Ministerien über längere Zeit lähmen könnte, ist für Wlazny kein Argument. „Ich weiß, das ist visionär und man kann darüber diskutieren, ob man das in Österreich umsetzen kann.“

Wlazny im Gespräch mit Innenpolitik-Redakteurin Christina Traar
Wlazny im Gespräch mit Innenpolitik-Redakteurin Christina Traar © Christoph Kleinsasser

Indiskutabel findet Wlazny, der inzwischen zum zweiten, milderen Chiligewürz gegriffen hat, hingegen die Bilder jener RTL-Doku, die Szenen einer Identitären-Feier in Wien öffentlich gemacht hatte. Dass Menschen hier offen den Holocaust leugnen und sich einen Massenmord an Muslimen wünschen, „hätte mir fast mein Würsterl hochkommen lassen“. Hier sei offenbar „ein gewisser Nährboden da“, man müsse sich solchen Strömungen jedoch in den Weg stellen – „mit Aufklärung und Bildung, das ist ganz offensichtlich ein Bildungsproblem“. Auch ein „Fach Zukunft“ wäre denkbar.

In der ebenfalls hitzig geführten Debatte um Abschiebungen von Straftätern nach Syrien und Afghanistan betont Wlazny ein „Fundament der Menschenrechte“. Wenn man sich davon verabschiede, „verabschieden wir uns von sehr vielem, das uns zu Menschen macht“. Mit den Taliban wolle er jedoch nicht verhandeln, „mit Terroristen verhandelt man nicht“. Aufrechte Abschiebebescheide seien generell aber zu exekutieren, „weil warum macht man‘s dann überhaupt“. Nicht diskutieren will der Kandidat hingegen über ein Herabsetzen des Jugendstrafalters. „Was soll das bringen?“

Chili, Politik und vegane Wurst: Hier den Podcast mit Dominik Wlazny hören

Sollte Wlazny mit seiner Partei in den Nationalrat einziehen, hätte sein Alter Ego, der Punkmusiker Marco Pogo, wohl schlechte Karten. „Ich freue mich, wenn ich die nächsten fünf Jahre weniger Zeit fürs Musikmachen habe“, es sei „total spannend, was wir gerade machen“. Dann würde er sich auch gegen die Bezeichnung „Politiker“ nicht mehr wehren, verspricht er. Wehren will er sich auch nicht gegen das Anwaltsschreiben, das die Partei erreicht hat. In der darin enthaltenen Klageandrohung stößt sich die Oberösterreich Tourismus GmbH am Wahlplakat mit der Aufschrift „OBIERösterreich“, das die Partei in Linz aufgestellt hat. „Tut mir leid, das war keine Absicht, wir wollten niemandem zu nahe treten“, versichert Wlazny, „aber wir haben schon ein bissi gelacht auch“. Man arbeite bereits an Ersatz.

Zwischen dem Genuss des verschärften Würstels beichtet der Bierparteichef auch, dass er kürzlich an der ID Austria und dem digitalen Zugang zu FinanzOnline gescheitert sei. Er fordert „ein Recht auf ein lebenslanges Lernen“, um auch älteren Menschen zu ermöglichen, sich in der offenbar auch für Jüngere verwirrenden Online-Welt zurechtzufinden. „Diese Dinge werden ja tendenziell mehr statt weniger.“ Berichterstattung über sein Privatleben soll im Wahlkampf hingegen nicht mehr werden. „Ich habe nicht das Gefühl, dass ich auf Zwang noch mehr preisgeben muss, um vielleicht noch weitere Sympathien einzuheimsen. Das brauche ich nicht.“