Mittlerweile ist es ein wahrlich ungewöhnlicher Anblick, der sich einem nach einer rund 20-minütigen, kurvenreichen Autofahrt von Eibiswald auf die im Grenzgebiet zu Kärnten befindliche Soboth bietet.
Dort, wo man sich in heißen Sommermonaten sonst ins kühle Nass begibt, ist nur noch leerer Raum. Der Anlegesteg für Tretboote hängt verloren in der Luft, die Boote selbst stehen sogar obendrauf, statt an ihrem Platz im Wasser. Und dort, wo sonst das satte Grün der umliegenden Natur ebenerdig mit dem Ufer des Stausees verbunden ist, tun sich nun steile Abhänge auf. Dem dunklen Gewässer sind kahle, braune Erdhänge gewichen, erst 26 Meter weiter unten trifft man wieder auf Wasser.
Abstau seit einem Monat
Zirka ein Monat ist nun bereits vergangen, seitdem das Kärntner Energieversorgungsunternehmen Kelag mit der außertourlichen Entleerung des Speichersees begonnen hat. Hintergrund ist eine behördliche Auflage, die den sicheren Betrieb des damit verbundenen Speicherkraftwerks Koralpe gewährleisten soll.
Alle zehn Jahre wird der Speichersee mit 23 Millionen Kubikmetern Fassungsvermögen deswegen abgelassen, im entleerten Zustand können unter Wasser liegende Anlagenteile inspiziert und gegebenenfalls instand gehalten werden.
Umfassendes Monitoring
„Derzeit liegt der Wasserspiegel zirka zwei Meter über dem sonst üblichen, behördlichen Absenkziel“, erklärt Christoph Matzer. Er ist Projektleiter der diesjährigen Speicherentleerung. „Dort bleibt der Wasserspiegel auch erst einmal. In den nächsten zwei bis drei Wochen wird nun den ökologischen und wasserbautechnischen Auflagen entsprechend ein umfassendes Monitoringprogramm durchgeführt“, erklärt er weiter, während er am Ufer des sonst 87 Hektar großen Stausees steht.
Was er damit meint: etwa Fischbestandserhebungen und Wasserqualitätsmessungen im Feistritzbach und in der Drau. In letztere wird über die Druckrohrleitung zum Krafthaus Koralpe das meiste Wasser aus dem Speichersee entleert, in den Feistritzbach gelangt schließlich noch das restliche Wasser unterhalb des Einlaufs zur Druckrohrleitung.
„Das wird deswegen gemacht, um jegliche Beeinflussungen und Veränderungen durch die Entleerung dokumentieren zu können“, klärt Matzer auf. So werden etwa in der Drau oder im Unterlauf des Feistritzbaches sogenannte „Gewässer-Parametersonden“ platziert, die Parameter, wie die Trübe, den Sauerstoff- und Ammoniumgehalt und den pH-Wert im Wasser messen. „Sobald ein Wert die zulässigen Grenzwerte für eine gewisse Zeit überschreitet, wird sofort unterbrochen“, erklärt der Projektleiter weiter. Damit sei ausgeschlossen, dass Schäden an Flora und Fauna in den Gewässern entstehen.
50 weitere Meter in die Tiefe
Vollständig entleert wird der Stausee somit erst in der zweiten Novemberhälfte. Ein Drittel des Wassers ist noch zu sehen, an der tiefsten Stelle geht es sogar noch 50 weitere Meter in die Tiefe. Und auch einige Fische ziehen noch ihre Runden. „Sie werden auch noch abgefischt“, gibt Matzer Einblick. Sie werden – wie ihre bereits abgefischten Artgenossen – in einem nahegelegenen Teich ein neues, temporäres Zuhause finden.