Auch im Grazer Speckgürtel hat die FPÖ nach zweistelligen Zugewinnen bei dieser Landtagswahl Grund zum Jubeln. Ein leichtes Plus fuhren die Neos ein, ein minimales die SPÖ: Exakt 1602 Menschen mehr als bei der letzten Landtagswahl gaben der SPÖ am Sonntag ihre Stimme. Lange Gesichter und deutliche Verluste hingegen bei ÖVP, Grünen und KPÖ. Einmal mehr hat damit das Umland anderes gewählt als die Landeshauptstadt. Die Liste der stimmenstärksten Parteien führt in Graz die ÖVP knapp vor der FPÖ und der SPÖ an. In Graz-Umgebung liegt die FPÖ mit großem Abstand vorn, dahinter reihen sich ÖVP und SPÖ ein. Von den drei Kleinparteien, die nur im Wahlreis 1 angetreten sind, zu dem Graz und Graz Umgebung gehören, konnte die Liste DNA die meisten Stimmen erringen. In den Landtag einziehen werden allerdings weder KFG, noch MFG und DNA.

So wählten die steirischen Gemeinden im Bezirk Graz-Umgebung

Ein Blick auf die 36 Gemeinden im Bezirk Graz-Umgebung: In 25 Gemeinden hat die FPÖ als stärkste Partei die Nase vorn. In zehn Gemeinden konnte die ÖVP die meisten Stimmen erringen. St. Oswald bei Plankenwarth ist nach der Landtagswahl 2024 die einzige „rote“ Gemeinde auf der politischen Landkarte des Bezirks.

Damit sieht die politische Landkarte im Bezirk völlig anders aus als nach der letzten Landtagswahl 2019. Bis auf drei Ausnahmen präsentierten sich damals alle Gemeinden im Grazer Umland „schwarz“. In Gratkorn und Haselsdorf-Tobelbad wurde die SPÖ stimmenstärkste Partei. Gössendorf im Süden von Graz war die einzige Gemeinde mit einer FPÖ-Mehrheit - nicht nur im Bezirk, sondern im gesamten Bundesland.

Landesrätin Simone Schmiedtbauer (ÖVP) nach der Stimmenabgabe in ihrer Heimatgemeinde Hitzendorf

Erste Reaktionen

„Man hat schon bei den Veranstaltungen in den letzten Tagen gemerkt, dass da etwas in Bewegung ist“, kommentierte Stefan Hermann den Erfolg der FPÖ im Land wie im Bezirk. Für den FP-Klubobmann im Landtag und Bezirksparteiobmann der FPÖ Graz-Umgebung steht fest: „Wir haben auf die richtigen Themen gesetzt“. Soziale Fairness zählt er ebenso darunter wie das heiße Eisen A9-Ausbau. „Öffi-Ausbau ist ein Thema, aber wir sind die, die darauf schauen, dass auch die Autofahrer nicht vergessen werden“, unterstreicht er.

„Das Ergebnis ist natürlich insgesamt nicht erfreulich“, kommentiert Gerald Murlasits, Regionalgeschäftsführer der SPÖ Graz-Umgebung und Voitsberg, den Ausgang der heutigen Wahl. „Schwarz-Rot, das wird es wohl nicht mehr werden, ich persönliche hoffe aber, dass die SPÖ weiter in der Landesregierung vertreten sein wird“, blickt er nach vorn. Bei den Gemeindeergebnissen im Bezirk Graz-Umgebung bemerkenswert: Die Liste der Gemeinden mit den größten Zugewinnen in Prozentpunkten für die SPÖ führen Graz und vier GU-Gemeinden an: Thal, Raaba-Grambach, Stattegg und Weinitzen.

Bei der ÖVP versucht Bezirksparteiobmann Ernst Gödl nichts zu beschönigen. „Auch wenn wir im Bezirk in zehn Gemeinden stimmenstärkste Partei sind, es ist das Gesamtergebnis, das zählt und das ist nicht erfreulich“. Auffällig dabei: in den stadtnäheren Gemeinden hat die ÖVP besser abgeschnitten als in den sehr ländlich geprägten Gemeinden. Dobl-Zwaring ist jene Gemeinde, in der es für die ÖVP die stärksten Verluste setzte. „Dort gibt es ein Kraftwerksprojekt, das auf viel Gegenwind stößt. Pläne wie diese werden dann den jeweils Regierenden angelastet“, findet Gödl eine Erklärung.

Bei den Grünen fielen die Verluste in Graz und in Graz-Umgebung besonders deutlich aus. Stattegg, Graz und Raaba-Grambach führen steiermarkweit die Liste der Gemeinden mit den größten Verlusten für die Partei an. „Es hat sich das gleiche Phänomen bemerkbar gemacht wie bei der Nationalratswahl. Dort, wo wir das letzte Mal besonders hohe Ergebnisse hatten, sind wir tiefer gefallen“, kommentiert das der Landesgeschäftsführer der Grünen, Timon Scheuer. Themen wie saubere Luft und sichere Geh- und Radwege können aus seiner Sicht nicht dafür verantwortlich sein, dass man Stimmen eingebüßt hat. „Die Frage wird sein, wie wir es schaffen, diese Themen zu vermitteln“, so Scheuer.

Für die Neos hält Philipp Pointer fest: „Wir haben heute das beste Ergebnis erreicht, das NEOS in der Steiermark jemals hatten. Graz und viele Gemeinden in der Umgebung haben dazu beigetragen. Die Partei konnte erneut vor allem im stadtnahen Umland punkten. Die stärksten Zugewinne gab es in Stattegg, Raaba und Weinitzen. Auch Pointner ist überzeugt, auf die richtigen Themen gesetzt zu haben. „Gerade im wirtschaftsstarken Grazer Umland, wo viele Familien leben, stehen Themen wie Entlastung und Kinderbetreuung ganz oben auf der Tagesordnung“, ist er sich sicher.

Graz und das Umland besonders wichtig

Gemeinsam mit der Landeshauptstadt kam dem Grazer-Umland, wo am Sonntag 123.310 Steirerinnen und Steirer wahlberechtigt waren, bei der heutigen Wahl eine besondere Bedeutung zu. Die beiden bevölkerungsreichsten Bezirke der Steiermark bilden zusammen den Wahlkreis 1, hier sind für die Parteien die meisten Mandate zu holen. 15 (von insgesamt 48) waren es 2019, diesmal sind es sogar 16 Mandate.

Das hat mit der Bevölkerungsentwicklung zu tun: In der Landeshauptstadt und im Speckgürtel steigen die Einwohnerzahlen, in der Obersteiermark gehen sie zurück. Dort ist diesmal ein Mandat weniger zu vergeben. Innerhalb des Wahlkreises 1 hat sich im Vergleich zur Wahl 2019 das Gewicht zugunsten von Graz-Umgebung verschoben. Die Zahl der Wahlberechtigten ist im Umland im Vergleich zur letzten Landtagswahl gestiegen, in Graz gesunken.