Es ist so einfach und bequem wie verführerisch: Wenn sich abends auf der Couch der erste Hunger ankündigt, greift man zum Handy, öffnet die App des bevorzugten Lieferdiensts, wählt aus einem riesigen Speisenangebot aus und rund 40 Minuten später ist das (im Idealfall noch halbwegs warme) Essen an der Wohnungstüre, serviert im Papiersackerl und mit einem netten Lächeln unterm Fahrradhelm. Wer sich öfters ein Essen per Lieferservice gönnt, weiß aber auch: Zurück bleibt ziemlich viel Müll. Für Wien schätzt Zero Waste Austria einen jährlichen Verbrauch von rund 100 Millionen Einwegverpackungen an – das entspricht etwa 11.400 Verpackungen pro Stunde. Umgerechnet auf Graz wären das 15 Millionen pro Jahr bzw. 1.700 pro Stunde.

Von Einwegplastik oder Styropor sind viele Anbieter zwar längst abgekommen, beim Grazer Anbieter Velofood gibt es etwa ausschließlich biologisch abbaubare Verpackungen. „Darauf haben wir von Anfang an geachtet“, sagt der stellvertretende Geschäftsführer Josh Follak. Andere Anbieter überlassen es ihren Partnerbetrieben, wie sie ihr Essen verpacken, bieten aber zumindest eine nachhaltigere Lösung an. Bei Foodora betont man, dass man 2023 rund 500.000 nachhaltige und recyclebare Lebensmittelverpackungen in Umlauf gebracht habe. Die Entscheidung bleibt bei den Betrieben, aber: „Wir sehen aber definitiv einen starken Trend in den letzten Jahren in Richtung recyclebarer Verpackungen und die Vermeidung unnötiger Verpackungen“, heißt es beim pinken Anbieter. Lieferando hat schon vor fünf Jahren Einwegplastik aus seinem Webshop verbannt und vor zwei Jahren biologisch abbaubare Verpackungen mit Algenbeschichtung ins Programm aufgenommen. Auch bei Wolt heißt es, man bereite in Österreich einen Online-Webshop vor, in dem die Partner – wie schon in anderen Ländern – Verpackungen erwerben können.

Der deutsche Anbieter Vytal bietet mittlerweile sogar Pizzaschachteln zum Wiederverwenden an, in Graz haben aber erst drei Lokale die Behälter
Der deutsche Anbieter Vytal bietet mittlerweile sogar Pizzaschachteln zum Wiederverwenden an, in Graz haben aber erst drei Lokale die Behälter © Vytal

Der viel nachhaltigere Weg sind jedoch Mehrwegverpackungen, wie sie in Frankreich in Schnellrestaurants bei Vor-Ort-Konsumation bereits Pflicht sind. In Deutschland muss seit dem Vorjahr Take-away-Essen alternativ auch in Mehrwegbehältern angeboten werden – und das keinesfalls teurer als im Einweggeschirr. Belgien arbeitet an einer verpflichtenden Gesetzesvariante, Portugal hat vor einem Jahr eine 30 Cent hohe Gebühr für Einweggeschirr eingeführt.

Mehrweg steckt noch in den Kinderschuhen

In Österreich ist man erst dabei, ein verpflichtendes Mehrweg-Angebot wie in Deutschland zu prüfen. Das Mehrweg-Angebot steckt dementsprechend noch in den Kinderschuhen, doch wer in Graz Essen im wiederverwendbaren Geschirr bestellen möchte, kann das schon länger tun: Drei der vier Anbieter setzen dabei mittlerweile auf das System von Vytal. Der 2019 in Köln gegründete Anbieter wächst schnell, bereits über acht Millionen Einwegverpackungen will man, Stand Januar 2024, ersetzt haben, das Portfolio beinhaltet längst nicht nur Schalen, sondern auch Mehrweg-Pommesboxen und sogar wiederverwendbare Pizzaschachteln.

Vier Anbieter, zwei Systeme

Die Zahl der Partnerrestaurants in Graz ist noch überschaubar, gerade einmal drei Lokale findet man in Graz über Foodora, Wolt und Lieferando, die auf das System setzen – das noch dazu relativ umständlich ist: Es braucht eine eigene App, über die man dann einen Code bekommt. Den wiederum gibt man bei der Bestellung an, der Behälter wird im Lokal über einen QR-Code eingecheckt und bei der Rückgabe wieder ausgecheckt. Erst, wenn man den Behälter nicht retour bringt, bezahlt man 4 bis 10 Euro pro Stück.

Weitaus mehr Partnerrestaurants mit Mehrweg hat längst Velofood im Angebot: Bei 20 Partnerrestaurants kann man mittlerweile sein Essen in den Boxen von „BackCupFOOD“ bestellen, es gibt zwei Packungsgrößen (900 ml und 1.500 ml) mit Einsätzen für Saucen und Beilagen. Retour bringt man die Gefäße entweder selbst in die teilnehmenden Lokale, oder lässt sie bei der nächsten Bestellung wieder abholen. Auch hier gibt es kein Pfand, erst wenn es nach 14 Tagen kein Wiedersehen mit den geborgten Boxen gibt, wird eine Gebühr abgebucht. „Das funktioniert sogar erstaunlich gut“, berichtet Josh Follak von Velofood. Sprungartig haben sich die Bestellungen übrigens im Frühjahr erhöht, seitdem man die Rückholung durch die Boten anbietet.

Kooperation Velofood und Umweltamt: Umweltamtsleiter Werner Prutsch, Stv. Geschäftsführer Velofood Josh Follak, Vizebürgermeisterin Judith Schwentner, Anton Edelsbrunner (Geschäftsführer SASt – Soziale Arbeit Steiermark) und Jonathan Stalleger, Geschäftsführer Velofood
Kooperation Velofood und Umweltamt: Umweltamtsleiter Werner Prutsch, Stv. Geschäftsführer Velofood Josh Follak, Vizebürgermeisterin Judith Schwentner, Anton Edelsbrunner (Geschäftsführer SASt – Soziale Arbeit Steiermark) und Jonathan Stalleger, Geschäftsführer Velofood © Foto Fischer

Im Test funktionierte die Bestellung erst bei Lokal Nummer 3

Das neue System wird vom Umweltamt der Stadt unterstützt, das die ersten 5.000 Rückholungen quasi als Anschubfinanzierung finanziert hat. Es ist nicht der erste Anlauf, aber der bislang vielversprechendste. Noch immer ist das mit dem Bestellen aber, wie ein Selbsttest der Kleinen Zeitung zeigte, nicht so einfach: Von drei Versuchen klappte erst der Dritte, davor kam einfach eine andere Verpackung oder ein Anruf mit einer Entschuldigung, die Verpackungen seien nicht mehr verfügbar. „Aber auch das wird nach und nach besser, mit 90-prozentiger Sicherheit wissen wir, ob die Lokale noch Behälter haben oder nicht“, sagt Follak. Der aber dennoch Wünsche hat, wie so ein System künftig besser greifen könne: „Wir würden eine Regelung wie in Deutschland sehr begrüßen“, so der Velofood-Vizechef. Er regt aber auch an, dass es auch im Interesse der Kommunen liegen sollte, solche Systeme zu unterstützen: „Denn immerhin wird so viel Abfall eingespart. Und das spart wiederum Geld.“