Schon wieder sorgt ein Plakat für Aufsehen. Diesmal in der Grazer Innenstadt, genauer gesagt in der Neutorgasse, quasi vor der Franziskanerkirche. Der riesige Anschlag ist im Rahmen des Steirischen Herbstes entstanden. „Jedem das Unsere“ steht darauf in großen Lettern – ähnlich dem Zitat „Jedem das Seine“, das mit der NS-Zeit in Verbindung steht und über dem Tor des KZ Buchenwald angebracht war. Im linken Eck wird die EPÖ, „Ehrlichste Partei Österreichs“, beworben. Der Spitzenkandidat trägt den Namen Dr. Paul Steinapfel, die überwiegend verwendete Farbe ist Blau. Ähnlichkeiten, insbesondere beim Parteinamen und den ausgewählten Farben, mit der FPÖ sind schwierig von der Hand zu weisen.
Plakat ist Teil eines Performance-Kunstprojekts
Besagtes Plakat stammt vom japanischen Künstler Yoshinori Niwa. Es ist Teil einer Kunst-Performance, die im Laufe der Zeit verschwinden wird. Genauer gesagt, wäscht der Künstler das Plakat bis zur Nationalratswahl am 29. September sukzessive ab. Am Tag der Wahl soll nichts mehr zu sehen sein. Das Plakat selbst hat er mithilfe von KI erstellt. Die Motivation hinter dem Projekt sieht der Künstler im Aufschwung der rechten Parteien – nicht nur in Österreich, sondern auf der ganzen Welt. „Rechte Parteien wachsen auf der ganzen Welt und ich möchte zeigen, dass man mit kleinen Aktionen, wie dem Abwaschen, etwas gegen diesen Aufschwung machen kann“, sagt Niwa. Das Verschwinden des Plakats soll darstellen, dass Entwicklungen nicht unumkehrbar sind, sondern man diese auch umkehren bzw. ändern kann.
Schon am Nachmittag war die Polizei vor Ort, begutachtete das Werk. Dem Vernehmen nach wurde man von politischer Seite auf die Aktion aufmerksam gemacht. Und tatsächlich ist der Fall am Dienstagabend seitens der Exekutive um einen weiteren Aspekt reicher geworden: Beamte haben das Plakat mit einer blauen Folie überhängt und mittels Polizei-Band abgesperrt.
Interview
Laut einer Sprecherin der Landespolizeidirektion besteht der Verdacht, dass das Plakat gegen das Verbotsgesetz verstoßen könnte. Die Sachlage werde nun schnellstmöglich der Staatsanwaltschaft gemeldet, diese entscheidet folglich, ob das Plakat zulässig sei oder eben nicht. Der Künstler zeigt sich überrascht von der schnellen Reaktion, denn das Plakat wurde noch am selben Tag aufgestellt. „Wir haben eine Genehmigung für das Kunstwerk, mich hat es sehr gewundert“, sagt Niwa. Dass sein Zitat dem aus der NS-Zeit bekannten Zitat ähnlich ist, weiß er: „Wir haben lange darüber diskutiert. Es ist ein sehr sensibles Thema“.
FPÖ empört über Kunstprojekt
Die FPÖ Steiermark zeigt sich auf Anfrage der Kleinen Zeitung wiederum empört von der Plakataktion. „Über drei Millionen Euro Steuergeld pro Jahr für solche Plakate: Der steirische Wähler hat am 24. November die Möglichkeit, derartige Machwerke weiter zu unterstützen, indem er ÖVP-Landeshauptmann Drexler wählt, der seit Jahren das Füllhorn über dem Steirischen Herbst ausschüttet“, sagt der Landtagsabgeordnete und Kultursprecher der FPÖ, Marco Triller. Seine Fraktion wolle hingegen Gesundheitswesen, Volkskultur oder Hochwasserschutz finanziell besser aufstellen.
Ohnehin geht Triller davon aus, dass die „normal denkenden Steirer ohnehin“ wenig vom „Angebot des Elitenfestivals“ mitbekommen werden.
Wachsamkeit angesichts des Erstarkens des Rechtspopulismus
Ekaterina Degot, Intendantin des steirischen herbst, schilderte, dass das Festival „auf Nachfrage bei den Behörden über die Verhüllung von Yoshinori Niwas Kunstwerk informiert“ worden sei. Zu den Vorwürfen meinte sie: „Eine Verherrlichung des nationalsozialistischen Gedankenguts durch das Kunstwerk ist selbstverständlich nicht erfolgt, wie auch seitens unserer Anwaltskanzlei geprüft und bestätigt. Die künstlerische Arbeit bezweckt das Gegenteil und mahnt die Demokratie zur Wachsamkeit angesichts des Erstarkens des Rechtspopulismus. Wir gehen davon aus, dass Yoshinori Niwas Installation und Dauerperformance der Öffentlichkeit bald wieder präsentiert wird.“
Landeshauptmann Drexler betonte, dass „die inhaltliche und kuratorische Gestaltung des Programms“ der Geschäftsführung und der Intendanz obliege und nicht dem Eigentümervertreter, schon gar nicht der Politik. „Es wäre aber keinesfalls zu tolerieren, wenn Kunst strafrechtliche Grenzen überschreitet und gegen unsere Rechtsordnung verstößt. Alle strafrechtlichen Vorwürfe gegen den steirischen herbst müssen rasch und restlos aufgeklärt werden“, so der Kulturreferent.