Im Zuge der wetterbedingten Ausnahmesituation sind seit Freitag 450 Feuerwehren mit insgesamt rund 5000 Feuerwehrmitgliedern steiermarkweit im Einsatz (Stand Sonntag, 17:00 Uhr). Insgesamt wurden am Sonntag rund 1600 Einsätze gemeldet. Aktuell sind noch 318 Einsätze offen und 131 Feuerwehren sind noch im Einsatz. Die Aufräumarbeiten dauern noch bis zur Dämmerung an, danach müssen sie unterbrochen und am Montag fortgesetzt werden. In den südlichen Teilen der Steiermark laufen die Aufräumarbeiten nach dem schweren Sturm, der zahlreiche Bäume und Stromleitungen geknickt hat, ungebrochen weiter. In den nördlichen Landesteilen kämpfen die Einsatzkräfte zusätzlich zu Sturm und Kälte gegen die enormen Wassermassen, die durch anhaltenden Regen verursacht werden.
Die in das von den Wassermassen schwer getroffene Niederösterreich beorderten steirischen Kameraden haben ihre Arbeit in den betroffenen Gebieten aufgenommen. Vor Ort befinden sich derzeit Feuerwehreinheiten aus Feldbach, Leibnitz, Judenburg und Deutschlandsberg, die mit 47 Fahrzeugen und 225 Mann unterwegs sind.
Mehr als 500 Trafostationen fielen aus
In der Oststeiermark, der östlichen Obersteiermark und im steirischen Zentralraum fielen mehr als 500 Trafostationen aus, berichtet Energie Steiermark-Sprecher Urs Harnik-Lauris. Die städtischen Gebiete seien laut Harnik-Lauris weniger betroffen, allerdings fiel unter anderem auch im Grazer Stadtteil Straßgang am späten Samstagabend kurzzeitig der Strom aus, auch in der Gemeinde Kumberg blieb es finster. „Das Problem ist, dass sich die Lage immer noch nicht entspannt hat und wir in jedem Fall einschätzen müssen, ob Reparaturarbeiten sicher durchgeführt werden können. Wo auch immer es zu verantworten ist, sind unsere Mitarbeitenden seit den frühen Morgenstunden im Einsatz“, so der Energie Steiermark-Sprecher.
25.000 Haushalte ohne Strom, Schulen am Montag geöffnet
Einen Lagebericht gab Landeshauptmann Christopher Drexler gemeinsam mit Harald Eitner vom Katastrophenschutz Steiermark, Landesbranddirektor-Stellvertreter Christian Leitgeb und Urs Harnik-Lauris in der Landesleitzentrale am Sonntagvormittag: „Es ist ein tragisches Zusammenspiel aus Sturm und Wasser“, so Drexler. „Die Einsatzkräfte geben alles, doch die Gefahrenlage führt immer wieder zu Verzögerungen.“ In den Schneefall-Gebieten komme es zudem durch den Wind und die nassen Böden immer wieder zu Schneebruch. In Bad Aussee gab es seit Donnerstag 280 Liter Niederschlag pro Quadratmeter, vermeldet Eitner. Im Einzugsgebiet der Mürz regnet es stark, auch morgen soll es in dem Gebiet weiterregnen. „Wirkliche Entspannung ist erst am Dienstag zu erwarten“, so der Leiter der Abteilung Katastrophenschutz.
Die Sturmböen werden ebenfalls zumindest am Sonntag noch den ganzen Tag andauern, am Schöckl wurden Spitzen von 160 km/h aufgezeichnet, am Schneeberg an der Grenze zu Niederösterreich waren es sogar 240 km/h. „Die Situation in den Wäldern bleibt gefährlich“, sagt er. „Im Moment sollte man nicht ins Hochgebirge gehen und daheim bleiben, wenn Wege nicht notwendig sind“, betont Drexler. Schulen haben am Montag regulär geöffnet, so Eitner. „Ich appelliere aber an den Hausverstand, da wir einen sicheren Schulweg nicht für jedes Kind garantieren können.“ Ebenfalls ein Appell an alle Steirerinnen und Steirer: Unnötige Wege zu unterlassen und sich vor allem von Wäldern und Uferbereichen fernzuhalten. In Graz kursiert unterdessen ein Video, auf dem ein Rettungshubschrauber aufgrund des Sturms Schwierigkeiten bei der Landung hat.
Schäden in Millionenhöhe
Die Zahl der Haushalte ohne Strom stieg bis zum Vormittag auf 25.000 an, inzwischen warten noch 15.000 Haushalte darauf, dass das Licht wieder angeht. Im Moment arbeite man mit Umschaltungen und Notstromaggregaten, wenn Reparaturen aufgrund der Witterung nicht möglich sind. „Wir können nicht garantieren, dass alle Haushalte bis zum Abend wieder versorgt werden können“, so Harnik „Die Behebung der Schäden wird Tage und Wochen dauern, wir sprechen von Schäden in Millionenhöhe.“
Sturmböen mit mehr als 100 km/h
Die Oststeiermark hatte durch die Sturmböen nicht nur mit Stromausfällen zu kämpfen, zahlreiche Bäume wurden durch die Windspitzen von mehr als 100 km/h wie Zahnstocher umgeknickt. 118 km/h wurden zwischenzeitlich in Hartberg gemessen, teilte Meteorologe Christoph Matella von Ubimet. Örtlich wurden im Mürztal und im Bezirk Leoben in den Nachtstunden sogar mehr als 120 km/h gemessen. In Thörl im Bezirk Bruck-Mürzzuschlag wurde Zivilschutzalarm ausgerufen, das Warnsystem AT-Alert schickte Meldungen an Handys aus. Der Zivilschutzalarm in Thörl konnte am Sonntagnachmittag wieder aufgehoben werden. Eitner schließt unterdessen nicht aus, dass rund um die Zuflüsse der Mürz weitere Alarme folgen, der Zivilschutzalarm in Thörl werde den ganzen Tag aufrecht bleiben. Die Bewohner der Bezirke Hartberg, Graz-Umgebung, Weiz und Graz erhielten eine Sturmwarnung aufs Telefon. Am Nachmittag kamen noch zwei Hochwasserwarnungen für die Regionen Mariazell und Mürztal hinzu. Auch diese wurden per Handy kommuniziert. Im Mürztal mussten zahlreiche Menschen evakuiert werden. Auch in Kapfenberg ist das Wasser über die Ufer getreten.
Die Berufsfeuerwehr Graz ist hier seit Samstag mit 300 gemeldeten Schadstellen beschäftigt. Vorrangig handle es sich laut Einsatzleiter Andreas Schmuck dabei um umgestürzte Bäume und abgedeckte Dächer. Am Sonntagnachmittag werden noch 100 Stellen bearbeitet. Um die Schadstellen bewältigen zu können, sind neben den Einsatzkräften der Berufsfeuerwehr auch solche der Freiwilligen Feuerwehr Graz und Kräfte aus Graz-Umgebung vor Ort. So können rund 25 Einsatzstellen gleichzeitig bedient werden. Am Sonntagvormittag sei durch die massiven Windstärken nochmals eine Flut an Notrufen eingelangt. Am Sonntagnachmittag hat sich die Lage in Bezug auf die Alarmierungen etwas beruhigt.
Im Straßenverkehr gebe es derzeit keine gröberen Einschränkungen. Die Pegelstände der Mur sind machen derzeit im Grazer Stadtgebiet noch keine allzu großen Probleme. Die Muruferpromenade wurde zwar präventiv gesperrt, allerdings verzeichnete die Berufsfeuerwehr bisher noch keine Pumparbeiten. In St. Radegund in Graz-Umgebung hat der Sturm unterdessen das Dach der provisorisch aufgebauten Containerschule gerissen. Diese wurde errichtet, weil die eigentliche Schule nach den Unwettern Anfang Juni nicht mehr zu retten war.
Die Lage in Thörl
Videos aus Thörl
Im Dauereinsatz befindet sich seit Samstagnachmittag unter anderem auch die Feuerwehr Rohrbach am Kulm, dort wurden durch die Böen zahlreiche Dächer abgedeckt. Auch einige große Bäume hielten dem Wind nicht mehr stand. Gegen 22 Uhr musste die Wehr ihren Einsatz aus Sicherheitsgründen allerdings abbrechen.
Auch im Bezirk Hartberg waren viele Verkehrswege teils unpassierbar. „Kurzzeitig wurden auch Personen dadurch eingeschlossen, verletzt wurde aber zum Glück niemand“, vermeldet Bereichsfeuerwehrsprecher Hans Peter Feichtinger. Auch Autos wurden von Bäumen getroffen, wie Landesfeuerwehrsprecher Thomas Meier berichtet, die im Auto eingeschlossenen Personen konnten von der Feuerwehr allerdings ebenfalls unverletzt befreit werden. Die Feuerwehr hat die Bevölkerung im gesamten Bezirk Hartberg unterdessen gebeten, ihre Häuser nicht zu verlassen.
In Oberwart musste die Stadtfeuerwehr ausrücken, weil mehrere Bäume auf dem Güterweg in Richtung Buchschachen dem Sturm nicht standgehalten hatten. Mit Kettensägen mussten die zwölf Feuerwehrleute die Bäume zerkleinern, um die Straße freizubekommen, verletzt wurde niemand.
Zahlreiche Straßensperren und Einschränkungen bei den Öffis
Die A2 Südautobahn musste unterdessen bei Sebersdorf und Bad Waltersdorf wegen umgestürzter Bäume gesperrt werden, die Arbeiten dauern voraussichtlich noch bis in den Vormittag hinein. Örtlich kann über die S6 ausgewichen werden, vermeldet die Antenne Steiermark. Auch die Südbahn-Strecke zwischen Wiener Neustadt und Mürzzuschlag ist im Moment gesperrt. Eingeschränkt war am späten Samstagabend auch der öffentliche Verkehr in Graz, der Wind hatte in Andritz eine ganze Hecke entwurzelt, diese war auf die Straßenbahnschienen gefallen – ein Schienenersatzverkehr musste eingerichtet werden
Während in der Oststeiermark und in Graz-Umgebung der Sturm Probleme machte, kam es in Liezen, Leoben und Bruck/Mürzzuschlag zusätzlich zu heftigen Regenfällen, auch kleinere Muren gingen im Ennstal ab. „Die aktuellen Wetterprognosen lassen leider keine Entspannung erwarten“, so Meier. „Wir appellieren an die Bevölkerung, sich möglichst nicht im Freien aufzuhalten.“ Das Bundesliga-Spiel des TSV Hartberg gegen WSG Tirol wurde unterdessen wegen des Sturms abgesagt.
Seit kurz nach Mitternacht sind die Feuerwehrleute aus Mürzzuschlag im Einsatz, „mittlerweile sind fast alle Wehren der Abschnitte eins bis drei unterwegs“, berichtet Bereichsfeuerwehrsprecher Robert Pusterhofer. Regenfälle und Sturm sorgen immer wieder für Überflutungen und blockierte Straßen, die Feuerwehr Wartberg konnte unter anderem elf Schafe vor den Wassermassen retten. „Es kommt auch schon zu kleineren Murenabgängen“, so Pusterhofer. „Wir kommen teilweise gar nicht weiter, die betroffenen Gräben sind gesperrt, aber wir müssen uns selbst erst einen Überblick verschaffen. Hier braut sich gerade noch was zusammen.“
Überflutete Straßen im Bezirk Liezen
19 Einsätze zählt am Sonntag bereits am Vormittag schon der Bezirk Liezen, 200 Einsatzkräfte sind mit der Beseitigung von Murenabgängen und Wasser, das in Keller eingedrungen ist, beschäftigt. In der Ramsau musste ein Auto geborgen werden, das im Schnee hängengeblieben war, auf der B 146 in Admont kam es zu einem Murenabgang, berichtet Christoph Schlüßlmayr, Sprecher des Feuerwehrbereichs Liezen. Auch die Ennstal-Straße B320 in Diemlern wurde aufgrund des Regens überflutet. Seit Sonntagmittag ist die B320 zwischen der Kreuzung nach Altirdning und der Kreuzung nach St. Martin am Grimming gesperrt – eine Umleitung wird eingerichtet, wie lange die Sperre dauert, ist nicht bekannt, heißt es seitens des Tourismusverbandes. Auch die Planaistraße ist wegen umgestürzter Bäume gesperrt.
In Bad Aussee bereitet die Feuerwehr inzwischen Sandsackbarrieren zum Schutz vor Überflutungen vor. Die Planaiseilbahn und der Preunegg-Jet bleiben aufgrund von Neuschnee und starkem Wind geschlossen.. „Am Montag sollte wieder normaler Seilbahn-Betrieb herrschen“, so der Tourismusverband.
Zugvögel durch Wetter gefährdet
Der plötzliche Wintereinbruch in der Obersteiermark setzt auch den Tieren zu. Zugvögel wie die Mehlschwalbe wurden vom Schnee überrascht, ganze Kolonien finden nun kein Futter mehr, weil sie Insekten im Flug fressen. Auf der Planneralm landeten unter anderem bereits mehrere geschwächte Vögel im Schnee. Auch Wind und Regen hindern die Vögel daran in den Süden zu fliegen. Die Organisation BirdLife bittet, Schwalben, die auf Fensterbänken, Balkonen und unter Dachvorsprüngen Schutz suchen, nicht zu stören, damit sie nicht noch mehr Energie verlieren. Am Boden liegende, geschwächte Schwalben sollen in Auffangstationen gebracht werden.
Niederösterreich forderte Unterstützung an
Am Sonntagmorgen wurde das gesamte Bundesland Niederösterreich zum Katastrophengebiet erklärt, die Niederösterreicher forderten deshalb Unterstützung aus der Steiermark an. Insgesamt 200 Einsatzkräfte des Katastrophenhilfsdienstes aus Feldbach, Deutschlandsberg, Judenburg und Leibnitz wurden aus diesem Grund nach Tulln entsandt.