Es ist ein stiller Donnerstag in Premstätten, nach den Regenschauern des frühen Nachmittags sind nur einige einzelne Menschen auf der Straße unterwegs. Die meisten haben ihren Hund dabei, ein Läufer wählt eine Route durch den kleinen Park vor dem Gemeindeamt, vorbei an einer Holzbank in der Form eines Herzes. Durch den Feiertag sind auch die Parkplätze vor den Geschäften und Lokalen weitgehend verwaist. Nichts deutet darauf hin, dass hier vor wenigen Stunden erst Sprengstoff im Haus des 55-jährigen Bombenlegers gefunden wurde, der mehrere Anschlagsversuche auf die Zeugen Jehovas in der Steiermark verübt haben soll. Bei einer Durchsuchung des Hauses des Mannes am Mittwochabend konnte das explosive Material festgestellt werden, gibt Polizeisprecher Markus Lamb am Donnerstag bekannt

In Premstätten ist es am Donnerstagnachmittag ruhig
In Premstätten ist es am Donnerstagnachmittag ruhig © Simone Rendl

Nur im Urdlwirt sitzen einige Gäste auf der Terrasse, durchreisende Urlaubende, die von dem Polizeiaufgebot im Ort nichts mitbekommen haben. Bei Gastronom Herbert Reif und seinem Team war der Fall aber durchaus Thema. „Ich hab mit einem Bekannten darüber geredet, ob wir ihn schon einmal gesehen haben, weil man schließlich den halben Ort kennt – aber in dem Fall nicht“, sagt er. „Man ist schon neugierig und fragt sich, wer dieser Mensch war.“ Trotz allem sei die Stimmung entspannt, so Reif. „Angst haben wir keine, es kann schließlich leider immer etwas passieren, wenn man zu viel darüber nachdenkt, geht man irgendwann nicht mehr vor die Tür.“

Dass der Bombenleger aus Premstätten ist, hat noch nicht überall die Runde gemacht, wie sich beim Lokalaugenschein der Kleinen Zeitung herausstellt. Im Lokal „Bellini“ auf der Hauptstraße zeigen sich die Gäste überrascht: „Das habe ich noch nicht gewusst“, lautet der Tenor.

Im Urdlwirt herrschte Feiertagsbetrieb
Im Urdlwirt herrschte Feiertagsbetrieb © Simone Rendl

Festnahme südlich von Graz

Am Mittwoch konnte der 55-Jährige, wie berichtet, an seinem Arbeitsplatz südlich von Graz festgenommen werden. In seinem Geständnis stellte er klar: Die vier Rohrbomben, von denen drei explodierten, galten gar nicht der Glaubensgemeinschaft. Das ehemalige Mitglied der Zeugen Jehovas hatte es auf seine Ex-Frau abgesehen und wollte sie töten.

Für die Durchsuchung des Hauses südlich von Graz hat man die umliegenden Gebäude vorsorglich evakuieren müssen, schildert Lamb. Bis in die späten Nachtstunden waren Dutzende Polizistinnen und Polizisten beschäftigt. Auch das Rote Kreuz war vor Ort. Die Spezialisten vom Entschärfungsdienst konnten mithilfe von Sprengstoffhunden dann schließlich mehrere Pakete mit Sprengstoff sicherstellen und mit einem sogenannten Sprengunterdrückungssystem aus dem Haus transportieren. Zwei Bomben wurden dann noch in der Nacht auf Donnerstag kontrolliert „in einer gesicherten Örtlichkeit“ gesprengt, so Lamb. Die Explosionen waren im Süden von Graz hörbar. Ebenfalls im Haus gefunden wurden elektronische Beweismittel wie Laptop und Handy, sie müssen nun von den Ermittlern ausgewertet werden. Der 55-Jährige ist laut Lamb kooperativ. Er dürfte im Laufe des Donnerstags in die Justizanstalt Graz-Jakomini überstellt werden.

Wo ist die letzte Rohrbombe?

Der Verbleib der letzten Rohrbombe des Täters ist nach wie vor unklar. Der 55-Jährige hatte angegeben, dass er diese Anfang des Monats mit einem Magnet am Fahrzeug seiner Ex-Frau angebracht hatte. Am Mittwoch lief deshalb ein Großeinsatz in Graz, das Auto war bei einem Supermarkt in der Elisabethstraße geparkt. Die Polizisten fanden aber nur den Magneten vor. „Nach unseren jetzigen Erkenntnissen, dürfte aber keine Gefahr von dem Sprengsatz ausgehen“, beschwichtigt Lamb. Es könne sein, dass die Bombe abgefallen und bereits explodiert ist, ohne Schaden anzurichten – dann würde man auch keine Bestandteile mehr finden. Auch besteht die Möglichkeit, dass der Sprengsatz als Ganzes noch irgendwo liege, der Bauweise nach zu urteilen und in Anbetracht dessen, dass die Bombe einen Monat alt ist, dürfte sie aber nicht mehr so viel Schaden anrichten können. Vorsicht ist laut Lamb dennoch geboten. Bei verdächtigen Gegenständen ist sofort die Polizei (133) zu rufen.