Nachdem Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Dienstag die Gespräche mit den Obleuten der im Nationalrat vertretenen Parteien abgeschlossen hat, informierte er die Öffentlichkeit am Mittwoch über sein weiteres Vorgehen. Üblich sei es, dass die stimmenstärkste Partei mit der Führung von inhaltlichen Gesprächen zu einer möglichen Regierungsbildung beauftragen, sagte der Bundespräsident. „Diesmal ist es ein unüblicher Fall: Es ist vollkommen neu, dass es einen Wahlsieger gibt, mit dem offenbar niemand regieren will.“ Denn die ÖVP würde eine Regierung mit der FPÖ unter deren Parteichef Herbert Kickl ausschließen, SPÖ, Grüne und Neos würden eine Zusammenarbeit mit den Freiheitlichen grundsätzlich ablehnen. Die FPÖ habe indes klargestellt, dass für sie eine Regierungsbeteiligung nur unter einem Bundeskanzler Kickl infrage komme.
Um sicherzugehen, dass die Parteien ihre Ablehnung ernst meinen, fordert der Bundespräsident die Parteichefs Kickl, Karl Nehammer (ÖVP) und Andreas Babler (SPÖ) auf, entsprechende Gespräche miteinander zu führen, und „zu klären, ob und welche wechselseitige Zusammenarbeit denkbar wäre.“ Die Parteichefs sollen dem Bundespräsidenten über die Ergebnisse der Gespräche berichten. Sondierungsgespräche zwischen Parteien, „die zum Scheitern verurteilt sind“, lehne er ab. „Wenn wir etwas nicht brauchen, sind das leere Kilometer.“
Kickl will nun Gesprächstermine mit SPÖ und ÖVP koordinieren
Von den betroffenen Parteien reagierten FPÖ und SPÖ. Herbert Kickl sagte in einer Presseaussendung: „Als Bundesparteiobmann der stimmenstärksten Partei und des klaren Wahlsiegers FPÖ werde ich jeweils Gesprächstermine mit den Obleuten der zweitplatzierten ÖVP und der drittplatzierten SPÖ koordinieren.“ Man habe mit „großem Interesse die Stellungnahme des Bundespräsidenten verfolgt“, aus Rücksichtnahme auf die Usancen im Vorfeld vergangener Regierungsbildungen habe er aber noch keine Schritte gesetzt.
Zuvor hatte SPÖ bereits reagiert: „Wir kommen dem Auftrag des Herrn Bundespräsidenten natürlich nach und werden Gespräche mit den anderen Parteichefs führen“, hieß es am Mittwoch aus der SPÖ zur APA. Das weitere Vorgehen werde man mit den anderen Parteien abstimmen: „Die Ergebnisse der Gespräche werden wir dem Bundespräsidenten nächste Woche mitteilen.“ Keine Stellungnahme gab es zunächst seitens der ÖVP, derzeit seien auch noch keine Statements geplant.
Querschüsse in der SPÖ
Um 14.30 Uhr ist ein weiterer innenpolitisch brisanter Livestream angekündigt. Der PR-Berater Rudolf Fußi will nach dem bescheidenen Ergebnis der SPÖ bei der Nationalratswahl für den Vorsitz der Partei kandidieren. Details will er am Mittwoch in einer Pressekonferenz bekanntgeben.