Nach einem Minus von 11,1 Prozentpunkten kann keine Partei einfach zur Tagesordnung übergehen. Also stellte Parteichef und Bundeskanzler Karl Nehammer am Dienstagvormittag im Parteivorstand die Vertrauensfrage – für sich selbst wie seinen Kurs, eine kategorische Absage an eine Zusammenarbeit mit der Wahlsiegerin FPÖ unter Herbert Kickl.

Das Ergebnis fiel einstimmig zugunsten Nehammers aus, und das sei ein ehrlicher und authentischer Beleg für die Stimmung in der Partei, bestätigte der steirische Landeshauptmann Christopher Drexler, der mit dabei war. Daneben diskutierten die Granden das Wahlergebnis, nominiert hat die ÖVP auch ein Team für die kommenden Parteiengespräche: Neben Nehammer sind das Verfassungsministerin Karoline Edtstadler, Wirtschaftsbundobmann Harald Mahrer, Klubchef August Wöginger, Staatssekretärin Claudia Plakolm, Generalsekretär Christian Stocker.

Wahlsieger soll Sondierungsgespräche führen

Entsprechend geschlossen trat die ÖVP im Anschluss vor die Kameras. Während eines kurzen Pressestatements wurde Nehammer von den Präsidenten aller ÖVP-Bünde, sowie dem Gros der schwarzen Landeshauptleute flankiert. Einzig der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner fehlte, er hat am übernächsten Sonntag Landtagswahlen zu schlagen.

Mit dem Auftrag, Sondierungsgespräche zu führen, rechnet der Kanzler nicht. Es sei gute Tradition, dass der Wahlsieger, in diesem Fall die FPÖ, auch den ersten Auftrag für eine Regierungsbildung erhalte. Dies darf als Wink mit dem Zaunpfahl in Richtung Bundespräsident Alexander Van der Bellen verstanden werden, der das Drehbuch bei der Regierungsbildung in Händen hält.

FPÖ auf Partnersuche

Nicht nur in der ÖVP sieht man jetzt Kickl am Zug: Die FPÖ müsse nun zeigen, ob und wie sie imstande ist, Partner für ihre Ideen und Vorhaben zu finden. Kickl soll die Gelegenheit genommen werden, sich als Opfer einer Ausgrenzungsstrategie zu inszenieren. Erst nach einem freiheitlichen Scheitern beim Versuch, eine Koalition zu bilden, wären in diesem Szenario die alternativen Regierungsvarianten am Zug, allen voran eine Kooperation von ÖVP und SPÖ samt absehbarer Einbindung einer dritten Kraft.

Was aber, wenn ÖVP und SPÖ am Ende doch nicht zusammenfinden? Das kann passieren, und ist schon passiert. Mehr als einmal. Dies zu verdrängen, wäre fahrlässig. Die ÖVP hat deshalb ein vitales Interesse daran, die FPÖ als potenziellen Partner im Rennen zu behalten. Daher die Einschränkung, nur mit Kickl sei eine Zusammenarbeit unmöglich, mit einer FPÖ ohne deren Chef aber sehr wohl. Und auch die Position des Ersten Nationalratspräsidenten dürfte an die FPÖ gehen. Als stimmenstärkste Partei habe sie der Tradition zufolge ein Recht darauf, eine geeignete Person vorzuschlagen, betonte Nehammer.

FPÖ dürfte Nationalratspräsidenten stellen

Wer infrage kommt, wird eine der Fragen sein, die den Vorstand und das Präsidium der FPÖ beschäftigen, die am Mittwoch zusammentreten, auch wenn wohl noch keine Entscheidung kommuniziert wird. Als konsensfähige Option gilt der bisherige Dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer, die anderen Fraktionen müssen schließlich grünes Licht geben. Doch dieser dürfte wohl in seinem Heimatland Burgenland eingesetzt werden, wo 2025 gewählt wird. Intern fällt hier auch der Name der Juristin Susanne Fürst, die bei einer möglichen Koalitionsbeteiligung freilich wieder für einen Ministerposten abgezogen werden könnte. Und auch Präsidentschaftskandidat Walter Rosenkranz soll im Rennen um das zweitwichtigste Amt im Staat sein.