Im ORF-Sommergespräch verteidigte ÖVP-Chef Karl Nehammer die Gegenfinanzierung seines Wahlprogramms und sagte auch: „Wir haben von 2022 bis 2024 trotz Steuersenkungen 12 Milliarden Euro mehr eingenommen.“ Bei dieser Aussage bezog sich der Bundeskanzler auf den Finanzierungsvoranschlag für 2024. In diesem sind Einzahlungen in Höhe von 102,6 Milliarden Euro budgetiert und damit tatsächlich um 12 Milliarden Euro mehr als noch im Jahr 2022. Dabei handelt es sich naturgemäß um eine Budgetplanung.

Die Zahlen des Budgetvollzugs liegen bereits für das erste Halbjahr 2024 vor. Sie zeigen eine leicht bessere Entwicklung als ursprünglich berechnet bei der Lohnsteuer, jedoch eine etwas schwächere bei Vermögenssteuern wie der Kapitalertragsteuer und der Körperschaftsteuer. Vor allem aber entwickelt sich die Umsatzsteuer aufgrund der schwächelnden Konjunktur deutlich schlechter als erwartet.

Weil zudem die Energieabgaben von der Bundesregierung, anders als budgetiert, erneut ausgesetzt wurden, was rund eine Milliarde Euro an Mindereinnahmen bringt, wird es nicht einfach werden, am Ende des Jahres eine budgetäre Punktlandung hinlegen zu können. Unmöglich ist es aber nicht und Nehammers „12 Milliarden Euro mehr“ sind daher nicht völlig unplausibel – allerdings nominell.

Hohe Inflation lässt auch die Kosten für den Staat steigen

Es ist vor allem die hohe Inflation, die seit 2022 die Steuereinnahmen nach oben bugsierte. Höhere Preise lassen die Umsatzsteuer sprudeln, gute Gehaltsabschlüsse die Lohnsteuereinnahmen. Doch auch der Staat muss höhere Löhne zahlen und teurere Dienstleistungen kaufen. Somit steigen auch die Ausgaben des Staates, selbst wenn keine neuen Ausgaben beschlossen werden. Die Kaufkraft des Staates ist seit 2022 daher kaum gestiegen, sondern eher leicht gesunken.

Ein weiterer Punkt: Die CO₂-Steuer soll zwar heuer 1,3 Milliarden Euro einbringen, fließt aber via Klimabonus gleich wieder zurück. Es handelt sich bei dieser Steuer um eine Umverteilung zwischen jenen Haushalten, die viele Emissionen verursachen zu jenen, die wenig Emissionen produzieren.

Eine echte Selbstfinanzierung von Steuersenkungen aufgrund von dadurch ausgelösten Wirtschaftsimpulsen gibt es zwar meistens auch, doch Experten schätzen diesen Effekt auf 10 bis maximal 25 Prozent der Mindereinnahmen – je nachdem, welche Abgaben von einer Senkung betroffen sind. Dass der Staat durch weniger Steuer real wirklich mehr einnimmt, ist daher kein plausibles Szenario.