Die Regierung hat sich geeinigt, noch im September dürfte die neue Sicherheitsstrategie im Nationalrat beschlossen werden. Allerdings könnte dieser Doktrin nur ein kurzes Leben beschieden sein. Denn die Opposition ist geschlossen dagegen und eine erneute Mehrheit von ÖVP und Grünen nach der Wahl nahezu auszuschließen. „Die nächste Regierung wird sofort eine neue Strategie machen“, sagt Douglas Hoyos, Sicherheitssprecher der Neos.

Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine hatten zunächst Experten auf die Notwendigkeit einer neuen Sicherheitsstrategie der Republik hingewiesen, da in der aktuell gültigen aus dem Jahr 2013 Russland noch als Partner Österreichs beschrieben wird. Auch die Opposition hatte dies von der Regierung eingemahnt, Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) die Zuständigkeit aber beim Parlament gesehen.

Neos-Sicherheitssprecher Douglas Hoyos
Neos-Sicherheitssprecher Douglas Hoyos © APA / Eva Manhart

Im Frühling des Vorjahres hatte die Regierung dann doch die Erarbeitung einer neuen Strategie angekündigt, im Nationalrat stimmten alle Parteien einem entsprechenden Antrag zu. Die Parlamentsfraktionen konnten zwar jeweils einen Experten oder eine Expertin nominieren, direkt eingebunden seien sie aber nicht worden, kritisiert Hoyos. „Wir haben von Beginn an kritisiert, dass es ein Alibiprozess war.“

Dass die Regierung eine Einigung kommunizierte und ein finaler Entwurf in einigen Medien auftauchte, empfindet Hoyos als Affront. „Mich regt das richtig auf. Es ist letztklassig, wie mit dem Thema Sicherheit gespielt wird“, sagt er. Der pinke Abgeordnete wertet das türkis-grüne Übereinkommen als Wahlkampf-Gag. „Es ist unfassbar plump.“

Ursprünglich hätte der Entwurf Ende des Vorjahres den Parlamentsparteien vorgelegt werden sollen. ÖVP und Grüne konnten sich jedoch lange nicht einigen, einerseits aufgrund einiger strittiger historischer Bewertungen in der Strategie, andererseits blieb im Energiekapitel die Frage ungeklärt, bis wann die Republik aus den russischen Gas-Lieferungen aussteigen soll. Im Zuge der koalitionären Verhandlungen über den neuen EU-Kommissar Österreichs wurden die offenen Fragen geklärt: Österreich soll demnach bis 2027 gänzlich ohne Erdgas aus Russland auskommen.

Auch SPÖ und FPÖ dürften nicht zustimmen

Bindende Wirkung hat die Doktrin freilich nicht. „Es ist aber ein wesentliches Dokument, aus dem sehr wohl viele Maßnahmen abgeleitet werden“, erklärt Hoyos. Die wesentlichen Sicherheitsfragen für das Land könnten nicht nur von zwei Parteien beantwortet werden. „Die Strategie soll ja die nächsten zehn Jahre bestehen.“ Er könne sich nicht vorstellen, dass seine Partei den „Steigbügelhalter“ mache. So stellen wir uns das nicht vor.

Auch die SPÖ fordert mehr Einbindung: „Wir verlangen seit Beginn ordentliche und seriöse Verhandlungen im Parlament“, sagt Verteidigungssprecher Robert Laimer.  „Einen Schnellschuss ohne Einbindung aller Parlamentsfraktionen wird die SPÖ nicht unterstützen.“ Die Sozialdemokraten äußern auch inhaltliche Kritik. Die medial kolportierte angestrebte engere Zusammenarbeit mit der Nato wird von der SPÖ als eine Annäherung gedeutet – und abgelehnt. Die FPÖ wertet die Passage als „weiteren Schritt in Richtung Nato und Demontage der immerwährenden Neutralität“.