Die Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts über Österreichs Sozialsystem, die am Montag präsentiert wurde, hat einen Schönheitsfehler. Die Analyse zur Umverteilung seit dem Jahr 2005 reißt 2019 ab. Denn nur bis zu jenem Jahr liegen für sämtliche Datensätze, die für die umfassende Untersuchung verknüpft wurden, Zahlen vor. Bekanntlich ist seither doch einiges passiert.

Durch die Verzögerung wird es noch einige Jahre dauern, bis das Wifo mit seinem Ansatz die Auswirkungen der diversen Krisen nachzeichnen wird. „Vielleicht ist es gerade gut, dass die Krisenjahre nicht drin sind“, sagte Gabriel Felbermayr. Krisen würden das System zwar testen, hätten aber strukturell nichts mit dem Sozialsystem zu tun, argumentierte der Wifo-Chef. Vor wenigen Wochen hatte sich aber der Budgetdienst des Parlaments mit den Jahren seither beschäftigt, allerdings in einem deutlich engeren Ausmaß.

Ungleichheit hat seit 2020 leicht abgenommen

Der Budgetdienst hatte sich auf Anfrage des ÖVP-Klubs die Entwicklung der verfügbaren Einkommen angesehen. Darunter versteht man Nettogehälter und Pensionen plus staatliche Transfers. Das Wifo hatte diese Einkommensbetrachtung um weitere ergänzt, in denen auch Sachleistungen wie Bildung und Gesundheit addiert wurden. Die Berechnungen unterscheiden sich auch methodisch. Laut dem Budgetdienst hat sich seit 2019 aber jedenfalls die Ungleichheit beim verfügbaren Einkommen, also mit Sozialtransfers, in der Krise nicht vergrößert, sondern sie ist sogar ganz leicht geschrumpft. Krisenzahlungen sind ein Grund dafür, aber auch die ökosoziale Steuerreform verteile nach unten um, analysiert der Budgetdienst.

Die Regierungsparteien haben mit dieser Auswertung des parlamentarischen Budgetdienstes bereits mehrfach versucht darzulegen, dass ihre Maßnahmen zur Krisenbewältigung gefruchtet hätten und die Kaufkraft trotz hoher Inflation erhalten wurde. Die Opposition hält dem entgegen, dass die individuellen Warenkörbe zu unterschiedlich seien und für manche Gruppen die tatsächliche Teuerung jenseits der 20 oder gar 30 Prozent gelegen habe. Es seien jene Gruppen, die sich das Leben heute nicht mehr leisten könnten.

Von Covid-Hilfen stark profitiert

Was sich beide Institutionen angesehen haben, ist die Entwicklung der Einkommen von Haushalten mit Kindern. Hier konnte das Wifo darlegen, dass diese Haushalte seit der Finanzkrise unter hohem Druck stehen und stärker als andere Gruppen von staatlichen Transfers abhängig sind. Der Budgetdienst hat sich Paare mit Kindern und Alleinerziehende getrennt angesehen, daher ist die unmittelbare Vergleichbarkeit nicht gegeben. Aber eine Tendenz ist für die Zeit nach 2019 herauszulesen.

Paare mit Kindern haben 2020 durch die Covid-Hilfen stärker profitiert als Paare ohne Kinder. Im Jahr darauf, dem ersten der ökosozialen Steuerreform, dafür mit geringeren Covid-Zahlungen, stiegen die verfügbaren Einkommen dann bei Paaren ohne Kinder stärker. Das ist jene Gruppe, die laut Wifo ökonomisch ohnehin besser dasteht. Allerdings konnten beide Gruppen laut Budgetdienst reale Zugewinne einfahren. Ab 2022 und vor allem dank der Anti-Teuerungshilfen drehte dies wieder und Paare ohne Kinder mussten teilweise sogar Kaufkrafteinbußen hinnehmen, ebenso Alleinerziehende, während Paare mit Kindern Einkommenszugewinne aufwiesen.