Auch nach der Ankündigung der Gesundheitsreform im Sommer sowie der Einigung im Finanzausgleich kehrt im heimischen Gesundheitssystem keine Ruhe ein. Andreas Huss, Obmann der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), sorgt sich, dass wichtige, von der Regierung im Sommer gemachte Zusagen im Gesundheitsbereich doch nicht umgesetzt werden. Der jüngste Entwurf zum Gesundheitsreformmaßnahmen-Finanzierungsgesetzes (GesRefFinG) lasse dies befürchten, meinte er in einer Aussendung. Die von Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) versprochenen 100 zusätzlichen Kassenstellen für Ärzte könnten sich damit verzögern.

Huss bezog sich auf das im Sommerministerrat präsentierte Paket zur Stärkung der öffentlichen Gesundheitsversorgung im ambulanten Bereich. Dort, so der ÖGK-Obmann, wurden nicht nur zusätzliche Stellen in den Fächern Allgemeinmedizin, Kinder- und Jugendfachärzte und Gynäkologie versprochen, sondern auch die Aufnahme psychologischer Leistungen in das Sozialversicherungsrecht. Damit erhielte die soziale Krankenversicherung die Möglichkeit, Verträge mit niedergelassenen Psychologinnen und Psychologen für die Verbesserung der psychosozialen Versorgung der 7,5 Millionen Versicherten abzuschließen.

Wenn von 50 Millionen nur mehr 25 bleiben

In der Grundsatzeinigung zum Finanzausgleich Anfang Oktober wurden dann jährlich durchschnittlich 973 Millionen Euro mehr an Bundesmitteln für die Gesundheit in Aussicht gestellt. Auch im diese Woche präsentierten Bundesbudget sind zusätzliche Gelder für die Gesundheit vorgesehen. Die entsprechenden Begleitgesetze seien seit Monaten in Vorbereitung und würden demnächst umgesetzt, versprach Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) zuletzt.

Hier setzt die Kritik des Kassenchefs an: In einem Entwurf für das GesRefFinG im September sei vorgesehen gewesen, dass es sowohl für die zusätzlichen ärztlichen Kassenstellen als auch für die Einführung der psychologischen Leistungen jährlich valorisierte 50 Millionen Euro an Bundesmitteln geben sollte. Dieser Entwurf sei aber nicht beschlossen und in die Umsetzung gebracht worden, und nach weiteren langwierigen Diskussionen seien im letzten Entwurf nun Verschlechterungen der Finanzierung für die geplanten Maßnahmen erfolgt. Für die psychologischen Leistungen seien nur noch einmalig 50 Millionen Euro vorgesehen, im Jahr darauf einmalig 25 Millionen Euro und danach gar nichts mehr.

Wann kommen die 100 zusätzlichen Kassenstellen?

„Nachdem sich die Diskussionen zu den zusätzlichen einhundert Kassenstellen weiter in die Länge ziehen, wird sich die Ankündigung von Kanzler Nehammer, diese noch im Jahr 2023 umzusetzen, mit Sicherheit nicht ausgehen“, kritisierte Huss. Außerdem gehe sich mit der Reduzierung auf einen Bruchteil der zugesagten Mittel für die Aufnahme der psychologischen Leistungen in die Versorgung keine adäquate vertragliche Vereinbarung zur Verbesserung der psychosozialen Leistungen aus. Besonders bedauerlich sei die Streichung der vorgesehenen 20 Millionen Euro für Prävention und Gesundheitsförderung für Jugendliche und junge Erwachsene aus dem Gesetzesentwurf. „Damit ist einer der wichtigen Punkte aus dem Sommerministerratsbeschluss still und leise begraben worden“, ärgerte er sich.

Auch die Ärztekammer meldete sich am Freitag zu Wort. Nach Rauchs Ankündigung, nach der Wahl 2024 kein Regierungsamt mehr anzustreben, bleibe gerade noch genug Zeit, um für „echte Reformen“ zu sorgen, meinte der Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) und Bundeskurienobmann der angestellten Ärzte, Harald Mayer, in einer Aussendung. Er bezog sich vor allem auf den Spitalsbereich. Um die Kosten für ausreichend Personal, attraktivere Arbeitsbedingungen, die Entwicklung neuer Arbeitsmodelle und Investitionen in die Digitalisierung abzudecken, wären laut Berechnungen seiner Kurie und der ÖÄK 5,3 Milliarden Euro pro Jahr für den ambulanten und stationären Spitalsbereich notwendig. „Das entspricht rund zehn Prozent der Gesundheitsausgaben. Das muss uns unsere Gesundheit und die Versorgung in den Spitälern schon wert sein“, unterstrich Mayer.