Die Gesundheit sei das höchste Gut, betonte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP). Deshalb habe man sich beim letzten Ministerrat vor der Sommerpause auf einen "Fünf-Punkte-Plan" zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung geeinigt. "Es ist richtig, dass das Warten auf einen Arzttermin länger wird", sagte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) bei der Präsentation. "Es muss was getan werden und wir packen das an."
Geht es nach den Plänen der Regierung, sollen bis Jahresende 100 zusätzliche Kassenarztstellen entstehen. Wer eine Arztpraxis eröffnet, soll bis zu 100.000 Euro erhalten, das gelte sowohl für Einzelpraxen als auch Primärversorgungseinrichtungen, erklärte Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne). Auch soll ein "Facharzt Allgemeinmedizin" entstehen, um den Beruf zu attraktivieren.
Investieren will die Regierung auch in die Prävention, etwa in ein Screening-Programm für Darmkrebs. "Ich war persönlich von Darmkrebs betroffen", sagte Rauch. "Das hätte ich mir ersparen können, hätte es dieses Programm schon gegeben."
Gesundheitsminister Rauch in der ZiB2
Warum die Reformen nicht schneller angegangen wurden, wollte Armin Wolf im ZiB2-Gespräch von Gesundheitsminister Rauch wissen. Rauch konterte, die Bekämpfung der Pandemie sei in den vergangenen Jahren dringlicher gewesen und erklärte mehrmals, wie schwierig es sei, eine umfassende Reform auf den Weg zu bringen. Rauch verwies auf die Bundesländer und die Selbstverwaltung der Kassen. Sein Hebel sei die Finanzausgleichsverhandlung.
Wirkstofflager gegen Medikamentenengpässe
Verbessern will man auch die psychosoziale Versorgung. Die Ausbildung für Psychotherapeuten soll künftig etwa an Universitäten angeboten werden, das sichere die Qualität und den kostengünstigen Zugang. Im Bereich der Digitalisierung sind wiederum Apps zur Unterstützung chronisch Kranker geplant.
Um künftigen Medikamentenengpässen vorzubeugen, soll ein Lager für Wirkstoffe entstehen. Damit sollen Apotheken gegebenenfalls Arzneimittel selbst herstellen können. Insgesamt sei das Paket ein "großer Wurf". Es ärgere ihn, wenn es nicht als solcher erkannt werde, meinte der Gesundheitsminister auf die Frage eines Journalisten.
"Es ist ein Wurf, aber mit einem Tennisball mit schwachem Bindegewebe, der nicht mehr weit fliegt", sagt Ökonomin Maria Hofmarcher-Holzhacker im Gespräch mit der Kleinen Zeitung. Zwar seien die vorgestellten Maßnahmen durchaus sinnvoll. Die Förderung von Kassenstellen sei etwa ein "starkes Marktsignal", vor allem in Verbindung mit dem bereits beschlossenen Ausbau der Primärversorgungseinrichtungen könnte sie zu einer besseren Versorgung beitragen. Auch die geplante Facharzt-Ausbildung für Allgemeinmediziner könne ein Anreiz für angehende Ärztinnen und Ärzte sein, sich für diesen Bereich zu entscheiden.
Pflege und Gesundheitssystem müssen besser zusammenspielen
Doch habe das österreichische Gesundheitssystem vor allem mit strukturellen Problemen zu kämpfen, meint Hofmarcher-Holzhacker. Das Zusammenspiel zwischen dem Pflege- und dem Gesundheitssystem müsste verbessert werden, ebenso das der Spitäler mit dem ambulanten Bereich. Um den Ausbau von letzterem voranzutreiben, spricht sich die Ökonomin etwa für einen "Ambulanztopf" aus, in dem Mittel von Bund, Ländern und den Krankenversicherungsträgern gebündelt werden. Auch brauche es eine "nationale Präventionsstrategie". Denn was die Gesundheitsvorsorge betrifft, gebe es zwar "irrsinnig viele tolle Projekte", aber auch hier fehle der Überblick. "Österreich soll viel für sein Gesundheitswesen ausgeben, man soll sich das leisten", sagt Hofmarcher-Holzhacker. "Aber es muss darum gehen, zu vermeiden, dass die knappen Mittel verschwendet werden." Doch genau das passiere durch die fehlende Koordination in vielen Bereichen.
Dass strukturelle Reformen notwendig seien, betonten am Mittwoch auch Kogler und Rauch. Hier hoffe man auf den neuen Finanzausgleich. Bis Herbst sollen die zähen Verhandlungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden dazu abgeschlossen sein.