Bei der Europawahl am Sonntag haben die Rechtsaußenparteien zulegen können: Die rechtsextreme Partei Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen hat Prognosen zufolge die Europawahl in Frankreich klar gewonnen. In Deutschland wurde die rechtspopulistische AfD zweitstärkste Kraft hinter der CDU/CSU. In den Niederlanden kam die Partei des Rechtspopulisten Geert Wilders ebenfalls auf den zweiten Platz. In Österreich lag die FPÖ sogar mit deutlichem Abstand vorne.

Die Rassemblement National kommt in Frankreich auf 32 Prozent der Stimmen (2019: 23,3 Prozent), wie die Meinungsforschungsinstitute Ifop, Ipsos und OpinionWay am Sonntag mitteilten. Die Partei sammelte damit mehr als doppelt so viele Stimmen ein wie die Regierungspartei Renaissance von Präsident Emmanuel Macron, die auf rund 15 Prozent zurückfiel (2019: 22,4 Prozent).

ID sichert sich mehr Mandate

Nach den Prognosen von ARD und ZDF gab es in Deutschland deutliche Zuwächse für die Unionsparteien und die AfD, die Ampel-Koalition wurde dagegen abgestraft. CDU und CSU kamen demnach mit 29,6 bis 30,0 Prozent auf Platz eins und gewannen leicht im Vergleich zur Europawahl 2019.

Die AfD legte laut den Hochrechnungen auf mehr als 16 Prozent zu. Das war ein deutlicher Gewinn im Vergleich zur letzten Europawahl. Die Rechtspopulisten blieben allerdings hinter den Werten zurück, die sie noch vor wenigen Monaten in Umfragen erzielt hatten.

Dennoch sprach Co-Chef Tino Chrupalla von einem „super Ergebnis“. Zuletzt hatten Affären um die AfD-Spitzenkandidaten Maximilian Krah und Petr Bystron die Partei belastet. Gegen beide wird wegen Vorwürfen der Einflussnahme aus Russland ermittelt. Im Europaparlament waren die AfD-Abgeordneten wegen verharmlosender Aussagen von Krah zur SS zudem erst im Mai aus der Rechtsaußen-Fraktion Identität und Demokratie (ID) ausgeschlossen worden.

Der ID-Fraktion gehört weiterhin die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) an, die laut Nachwahlbefragungen mit 27 Prozent deutlich stärkste Kraft wurde. Die regierende Volkspartei (ÖVP) von Bundeskanzler Karl Nehammer rutschte dagegen um mehr als zehn Punkte auf gut 23 Prozent ab. Wichtigste Themen für die Österreicher waren nach einer Umfrage Sicherheit und Krieg sowie die Zuwanderung.

Der österreichische EU-Wahlsieger Harald Vilimsky wird am kommenden Mittwoch mit seiner französischen Kollegin Marine Le Pen über die Ausweitung der bestehenden rechtspopulistischen Fraktion „Identität und Demokratie“ (ID) im Europaparlament sprechen. Dies sagte Vilimsky am Sonntagabend im APA-Gespräch. Er peile eine Fraktion mit dreistelliger Abgeordnetenzahl an, so der FPÖ-Delegationsleiter, der ausdrücklich auch der jüngst ausgeschlossenen AfD die Tür offen hielt.

In den Niederlanden besiegte der ehemalige EU-Kommissar Frans Timmermans deutlicher als erwartet den Rechtspopulisten Wilders, wie aus Prognosen hervorgeht, die das Europaparlament am Sonntagabend veröffentlichte. Timmermans‘ Bündnis Groenlinks/PvdA von Grünen und Linken kam demnach auf 21,6 Prozent, die Partei für die Freiheit (PVV) von Wilders auf 17,7 Prozent. Die Niederländer hatten am Donnerstag als EU-weit erste ihre Stimmen für das Europaparlament abgegeben.
Die Europawahl steht unter dem Eindruck der Kriege in der Ukraine und im Gazastreifen. Sorgen bereiten vielen Wählerinnen und Wählern auch der Klimawandel, die soziale Sicherheit sowie die Migration.

Insgesamt waren mehr als 360 Millionen Europäer zur Stimmabgabe aufgerufen, um 720 Mitglieder des Europäischen Parlaments zu bestimmen. In Umfragen hatte sich ein Rechtsruck angedeutet. Ergebnisse für die gesamte EU werden erst am späten Abend veröffentlicht, wenn in Italien die letzten Wahllokale schließen. Die Europawahl hat auch Einfluss auf die Vergabe der Brüsseler Spitzenposten. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) hofft auf eine zweite fünfjährige Amtszeit. Die 65-Jährige ist Spitzenkandidatin der Europäischen Volkspartei (EVP), der auch die ÖVP angehört.

Die erste Prognose zur Europawahl sieht die Europäische Volkspartei (EVP) trotz Gewinnen der rechtspopulistischen Parteien klar auf Platz eins im Europaparlament: Sie kommt demnach auf 181 Mandate und verzeichnet keine großen Verluste. Dahinter folgen die Sozialdemokraten mit 135 Abgeordneten, geht aus einer Trendrechnung des EU-Parlaments vom Sonntag hervor. Die liberalen Renew bleiben knapp Dritte, vor den nationalkonservativen Europäischen Konservativen und Reformer (EKR). Damit behalten die drei größten Fraktionen knapp die absolute Mehrheit. Die Liberalen und die Grünen müssen deutliche Verluste einstecken.