Knapp eine Woche nach seinem Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und unmittelbar nach dem Nato-Gipfel in Washington hat Ungarns Regierungschef Viktor Orban dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump einen Besuch abgestattet. Orbán veröffentlichte auf X ein Foto von dem Treffen in Trumps Anwesen Mar-a-Lago in Florida und schrieb dazu: „Friedensmission 5.0 (...) Wir haben über Wege zum #Frieden diskutiert. Die gute Nachricht des Tages: Er wird es lösen!“
Die beiden Rechtspopulisten pflegen ein sehr freundschaftliches Verhältnis und hatten sich bereits im März in Florida getroffen. Damals hatte Orbán seinen Gastgeber als „Präsidenten des Friedens“ bezeichnet, während der Amerikaner den Ungarn als „besten Führer“ überhaupt rühmte.
Trump will nach der US-Wahl im November für die Republikaner wieder ins Weiße Haus einziehen und Joe Biden als Präsidenten ablösen, der erneut für die Demokraten im Rennen ist. Der Wahlkampf befindet sich mitten in der heißen Phase.
Treffen verstärkt Unmut in EU
Orbans Besuch bei Trump dürfte den Unmut in der Europäischen Union weiter verstärken. Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock sprach in Hinblick auf das Treffen von „Irritationen“ in der EU. Für die Außenpolitik sei der EU-Außenbeauftragte zuständig, sagte sie am Donnerstag
.Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sagte am Freitag, es sei Orbans eigene Entscheidung, die dieser souverän getroffen habe. „Durch seine Besuche hat er uns aber in keiner Weise verpflichtet, weil er uns in keiner Weise im Voraus informiert hat und kein Mandat erhalten hat“, sagte Macron
.Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz gab an, er lasse sich „die Reisepläne von Ministerpräsidenten anderer Länder (...) nicht vorlegen“. „Wichtig ist, dass sich alle darüber klar sind, der ungarische Ministerpräsident agiert als solcher“ und nicht im Rahmen der Aufgaben der EU-Ratspräsidentschaft, fügte Scholz hinzu.
„Viktor Orban hat weder ein Mandat von der Allianz noch von der Europäischen Union, irgendeine Art der Verhandlungen zu führen“, betonte auch der finnische Präsident Alexander Stubb beim NATO-Gipfel. Orbán könne dies nur in seinem eigenen Namen tun.
Orban hatte bereits in den Tagen vor dem Gipfel für Schlagzeilen gesorgt. Im Rahmen seiner als „Friedensmission“ inszenierten Staaten-Tour besuchte der Regierungschef des Nato-Landes neben Russland auch China und die Ukraine.
Am Ende noch ein Eklat: Ungarn provoziert bei Gipfel
Ungarns Regierung hat den Nato-Partnern zum Abschluss des Bündnisgipfels in Washington Doppelmoral und Versagen im Umgang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine vorgeworfen. „Wir werden weiterhin für Dialog und diplomatische Kanäle eintreten, da die derzeitige Strategie der letzten zweieinhalb Jahre ein totaler Fehlschlag war“, sagte Außenminister Péter Szijjártó nach Angaben eines Sprechers in einer Sitzung mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj.
Szijjártó vertrat dort Regierungschef Viktor Orban, der den Gipfel vorzeitig verlassen hatte, um den früheren US-Präsidenten Donald Trump in Florida zu treffen. Konkret kritisierte Szijjártó, dass es inkonsistent sei, dass die Nato den Dialog mit Russland ablehne, während Israel gedrängt werde, mit der Hamas zu verhandeln. „Sie wollen, dass Israel mit einer terroristischen Organisation verhandelt, um eine Sicherheitskrise zu lösen, während die diplomatischen Kanäle für den Ukrainekrieg geschlossen sind“, sagte er.
Als ebenfalls inkonsistent kritisierte Szijjártó, dass auf EU-Länder wie Ungarn Druck ausgeübt werde, die nukleare Zusammenarbeit mit Russland zu beenden, während der Handel zwischen den USA und Russland, insbesondere im Bereich Uran, zunehme. Dabei stellte er auch die Frage, ob es vielleicht Geheimverhandlungen gebe. Zu dem Nato-Beitrittswunsch der Ukraine sagte Szijjártó, dass eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine das Bündnis aus ungarischer Sicht schwächen könnte. Es sei deswegen wichtig, die Mitgliedschaft genau zu prüfen.
Von Sitzungsteilnehmern hieß es nach dem Gipfel, Ungarn sei bei der Diskussion isoliert gewesen. Mehrere Alliierte hätten auch klar zum Ausdruck gebracht, dass sie mit den Einlassungen des ungarischen Außenministers nicht einverstanden seien.