Noch stärker als zuletzt im Frühjahr berechnet, sind Österreichs Treibhausgasemissionen 2023 zurückgegangen. Wie der aktuelle „Nowcast“ des Umweltbundesamts zeigt, dürfte der heimische CO₂-Ausstoß im Vorjahr um satte 6,4 Prozent bzw. 4,7 Millionen Tonnen abgesackt sein. Der Rückgang, der quer durch alle Sektoren erfolgt ist, ist damit auch größer ausgefallen als im Jahr davor, das bereits ein Minus von 5,8 Prozent bei den klimaschädlichen Emissionen gebracht hatte. Somit hält Österreich nun bei Gesamtemissionen von rund 68,2 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalent, ein Wert, der um rund 14 Prozent unter jenem des Jahres 1990 liegt.

Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) will die Zahlen primär als Erfolg grüner Klimapolitik verstanden wissen. „Die Arbeit zeigt Wirkung, mutige Klimapolitik wirkt“, so die Ministerin, die Österreich derzeit auf Kurs sieht, „den Kampf gegen die Klimakrise“ zu gewinnen. Doch stimmt diese Interpretation?

Einflüsse von Konjunktur und Winter überschaubar

Dass Österreichs Emissionen binnen zwei Jahren um fast zwölf Prozent abgesunken sind, ist tatsächlich in dieser Form seit 1990 noch nie dagewesen. „So gering wie 2023 waren die Treibhausgasemissionen zuletzt 1970“, sagt Karl Steininger, Ökonom am Wegener Center der Universität Graz. Mit mehreren Kollegen hat der Forscher berechnet, wie viel des Rückgangs tatsächlich strukturelle Ursachen hat und wie viel auf Zufälligkeiten wie Konjunkturschwankungen und warme Wintermonate zurückzuführen ist. Ergebnis: Die schwächelnde Wirtschaft hat Österreichs CO₂-Ausstoß im Vorjahr um 0,7 Prozent gedrückt, der milde Winter mit weniger Heizbedarf bewirkte demnach einen Rückgang um gerade einmal 0,06 Prozent. Der Löwenanteil des Erfolgs geht laut den Forschern auf das Konto des Ausbaus der Erneuerbaren Energie (2023: plus 15 Prozent) und anderer Klimamaßnahmen.

Allerdings fördern die Berechnungen des Wegener Center auch zutage, dass die Haupttreiber für den Umstieg auf klimafreundliche Energieformen wiederum die gestiegenen Preise für Sprit, Heizöl und Erdgas waren. „Der erhöhte Anteil der Erneuerbaren im Jahr 2023 lässt sich zu knapp 60 Prozent aus den Energiepreissteigerungen seit 2020 erklären“, sagt Steininger. Ein Effekt, der auch bereits beim Emissionsrückgang des Jahres 2022 kräftig zum Tragen kam. Dazu kamen Heizungstauschförderungen und Energiesparinitiativen. Auf diesem Weg hat der Gebäudesektor in den vergangenen zwei Jahren ein Drittel (!) seiner gesamten CO₂-Emissionen abgebaut.

Verkehr trägt weiter großen Anteil

Auch beim Sorgenkind Straßenverkehr gibt es einen Emissionsrückgang von zuletzt 3,8 Prozent, der auf weniger Dieselabsatz und auch weniger Tanktourismus zurückzuführen ist. Mit insgesamt 19,8 Millionen Tonnen hält der Verkehr aber immer noch bei einem Anteil von 45 Prozent aller österreichischen Treibhausgasemissionen (abseits von Industrie und Kraftwerken, die dem EU-Emissionsrechtehandel unterliegen), erinnert Günter Lichtblau, Klimaexperte des Umweltbundesamts.