Österreich hat 2022 deutlich weniger CO₂ ausgestoßen als noch im Jahr davor. Das zeigt die aktuelle Treibhausgasbilanz des Umweltbundesamts. Demnach lagen die klimaschädlichen Emissionen im Land bei insgesamt 72,8 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalent, was der niedrigste Wert seit Beginn der Erhebungen im Jahr 1990 ist. Im Vergleich zu 2021 wurden 4,5 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalent weniger in die Atmosphäre geblasen, was einem Rückgang von 5,8 Prozent entspricht, während die Wirtschaftsleistung im selben Zeitraum um 4,8 Prozent gewachsen ist. In einer Vorabberechnung vor einem halben Jahr war das Umweltbundesamt sogar von einem noch größeren Rückgang von 6,4 Prozent ausgegangen. Doch auch so hat die Abnahme den Anstieg des Jahres 2021 unmittelbar nach der ersten Pandemiephase mehr als wettgemacht.

Haupttreiber für das Absinken der Emissionen war laut Umweltbundesamt der Umbruch auf den Energiemärkten im Gefolge des Krieges in der Ukraine. Der Erdgasverbrauch ging deutlich zurück, der Preisanstieg beim Sprit (siehe auch zweite Grafik unten) ließ auch den Kraftstoffexport sinken. Ein eher milder Winter senkte zudem den Heizbedarf, außerdem wirken Klimamaßnahmen wie der Erneuerbaren-Ausbau. Um aber das Klimaziel für das Jahr 2030 von 48 Prozent weniger Treibhausgasausstoß als noch 2005 (ohne den Emissionshandelsbereich) zu erreichen, müssten die Emissionen in den kommenden Jahren in ähnlichem Ausmaß weitersinken. Ohne eine „Trendumkehr“ mit „zusätzlichen Maßnahmen und klaren Rahmenbedingungen“ sei das nicht machbar, schränkt man beim Umweltbundesamt ein.

Wo die Emissionen wie stark gesunken sind

Im Detail zeigt sich, dass der Treibhausgasausstoß 2022 quer durch alle Bereiche geringer geworden ist. Im Sektor Energie & Industrie, der zum größten Teil dem europäischen Emissionsrechtehandel unterliegt und somit für Österreichs Klimaziele nicht direkt relevant ist, sanken die Emissionen um 1,9 Millionen Tonnen (minus 5,4 Prozent), was vor allem der geringeren Stahlproduktion sowie einem Rückgang in den Branchen Papier, Chemie und Zement geschuldet ist. Der Sektor Verkehr verursachte rund eine Million Tonnen CO₂-Äquivalent weniger (minus 4,6 Prozent), bei den Gebäuden (relevant ist hier vor allem das Heizen) beträgt der Rückgang 1,5 Millionen Tonnen (satte minus 16,8 Prozent). Neben dem milden Winter (13 Prozent weniger Heizgradtage) kamen hier Sparmaßnahmen und Heizungsumstellungen zum Tragen. Die Landwirtschaft stieß 2022 etwa 80.000 Tonnen CO₂-Äquivalent aus als im Jahr davor (minus 0,9 Prozent), ebenfalls 80.000 Tonnen beträgt der Rückgang bei der Abfallwirtschaft (minus 3,4 Prozent).

Verglichen mit dem Stand des Jahres 1990 gab es in praktisch allen Bereichen teils kräftige Emissionsminderungen – außer im Verkehrssektor, der ein Plus von fast 50 Prozent verzeichnet und Österreich damit die Klimabilanz verhagelt. Ohne den Emissionsrechtebereich stammt in Österreich fast jede zweite Tonne CO₂ (rund 46 Prozent) von den Straßen, rechnet man auch Industrie und Energieerzeugung voll ein, hält der Verkehr bei rund 28 Prozent Anteil.

Uhr für zusätzliche Klima-Maßnahmen tickt

Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) sieht sich in der Bilanz bestätigt: „Unsere Bemühungen im Klimaschutz zeigen positive Wirkung – mit Klimaticket, Ökostrom-Ausbau, Sanierungsoffensive, Transformation der Industrie oder Klimabonus haben wir viele Maßnahmen beschlossen.“ Jetzt gelte es, das Engagement zu verstärken. Die Umweltorganisation Global 2000 erinnert daran, dass Österreich nach wie vor nicht auf Klima-Zielkurs sei, auch VCÖ und Greenpeace sprechen sich für zusätzliche Maßnahmen aus.

Solche muss Österreich spätestens im Juni ohnedies der EU-Kommission bekannt geben. Dann läuft nämlich die Frist ab, innerhalb der die Bundesregierung in Brüssel seinen endgültigen Nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP) einreichen muss, der aufschlüsselt, wie die Klimaziele für 2030 erreicht werden soll. Bisher gibt es von diesem Plan nur einen Entwurf, den Gewessler zwar bereits im Vorjahr der Kommission vorgelegt hatte, der allerdings wenig später von Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) quasi zurückgezogen wurde. Die EU-Kommission leitete daraufhin gegen Österreich ein Vertragsverletzungsverfahren ein.