Als der Salzburger das erste Mal wettet, ist er noch nicht einmal volljährig. „Wenn man jung ist, dann fängt man halt einmal mit zwei, drei Euro an. Dann gewinnt man und denkt sich: Uh, ich bin gut.“ Schnell werden aus den paar Euros immer mehr. Der Mann rutscht in die Spielsucht. So massiv, dass er pro Wette mit Einsätzen von mehr als 100.000 Euro spielt. So massiv, dass er binnen 13 Monaten online mit Sportwetten fast eine Million Euro verspielt. Ganz genau sind es zwischen November 2017 und Dezember 2018 rund 900.000 Euro, gewettet hat der Salzburger auf Fußballspiele. Sechs Jahre später hat sich der Familienvater einen Teil zurückerkämpft: 502.107 Euro hat ihm der Wettanbieter nun gezahlt. Weil der Mann wegen seiner pathologischen Spielsucht nicht geschäftsfähig war.
Vier Jahre Rechtsstreit und ein medizinisches Gutachten hat es dafür gebraucht – die Kleine Zeitung und etwa auch die „Salzburger Nachrichten“ haben vor Kurzem berichtet. Dem Mann war es laut Gutachten nicht möglich, seinem Suchtverhalten gegenzusteuern, die Willensfreiheit war aufgehoben. Bis zum Obersten Gerichtshof ist der Fall zwischen dem Salzburger und der „Hillside (Sports) ENC“ gegangen. Das Unternehmen ist weltweit führend im Anbieten von Online-(Sport-)Wetten und Inhaber der Plattform „Bet365“.
Kein einheitliches Gesetz
Für den Salzburger – er will unbedingt anonym bleiben, zu groß ist das Tabu – sind solche Wettanbieter „skrupellos, gnadenlos und herzlos“. Seine Sucht sei offen sichtbar gewesen, die Summen, die er auf der Plattform eingezahlt hat, waren groß. „Die Anbieter kassieren überall in der Welt Milliarden.“ Zwar sieht das Salzburger Wettgesetz vor, dass man nur 500 Euro pro Wette setzen darf, doch die „Hillside (Sports) ENC“ hat ihren Sitz nicht in Österreich, sondern in Malta.
In der Spielsucht war der Salzburger „nicht ich selbst“, wie er erzählt. „Man ist in Gedanken nur beim Wetten, über das Handy, über den Computer. Und man glaubt, man hat eine Strategie und kann immer gewinnen.“ Damals leiht er sich Geld von Freunden und Familie. „Man merkt nicht, wie man langsam die Kontrolle verliert.“ Erst als kein einziger Cent mehr da ist, weiß der Mann, er braucht Hilfe. Seine Verwandten machen für ihn einen Termin bei der Suchtberatung aus. Eine jahrelange Therapie liegt hinter ihm. Mit dem Geld vom Anbieter konnte er seine Schulden zurückzahlen.
„Es müsste strengere Kontrollen in Österreich geben“, sagt der Salzburger. Und einheitliche Regeln für ganz Österreich. Dafür setzen sich auch Monika Lierzer von der Fachstelle Glücksspielsucht in Graz und andere Expertinnen und Experten ein. Sie wollen, dass Sportwetten als Glücksspiel eingestuft werden und dass Werbung dafür eingeschränkt werden kann.
Restliches Geld wird auch eingeklagt
Mit seinem Rechtsanwalt Johannes Koman will der Salzburger auch das restliche verspielte Geld einklagen. Und die Verzugszinsen (rund 80.000 Euro), sie wurden noch nicht bezahlt. Der betroffene Mann will damit zeigen und auch alle warnen: „In die Spielsucht kann man schnell rutschen. Sportwetten sind ein Problem, da ist keine Strategie dahinter.“