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Die ÖVP machte auf Seniorenclub und schickte einen 69-Jährigen (Gabriel Obernosterer) und eine 70-Jährige (Elisabeth Scheucher) an der Spitze ins Rennen. Die FPÖ setzte auf einen (Gernot Darmann), der einst als Landesparteiobmann in der Partei wenig beliebt war und deshalb abmontiert wurde. Die SPÖ auf einen (Philip Kucher), der kommunikativ und kraft seiner Funktion als Klubobmann im Parlament sehr präsent, aber inhaltlich wenig profiliert ist. Bei den Grünen durfte die Landesparteichefin (Olga Voglauer), die eine erfolglose Landtagswahl (3,85 Prozent der Stimmen) zu verantworten hat und kurz darauf trotzdem zur Generalsekretärin im Bund gemacht wurde, ran. Der Anteil der Kärntner Spitzenkandidaten an den jeweiligen Ergebnissen ihrer Parteien im südlichsten Bundesland bei der Nationalratswahl war aber ohnehin ein geringer. Die FPÖ hätte sogar den Karawankenbär oder Meister Petz an die Spitze der Landesliste stellen können und wäre in Kärnten trotzdem weit vorne gelegen, konstatierte etwa Kollege Uwe Sommersguter vorige Woche in seiner Nachwahlanalyse treffend.

All die Genannten, mit Ausnahme von Meister Petz und Karawankenbär, werden künftig (wieder) als Nationalratsabgeordnete tätig sein – insgesamt zehn Kärntnerinnen und Kärntner ziehen ins Parlament ein, 28 Steirerinnen und Steirer werden angelobt. Offiziell ist das alles allerdings noch nicht, amtlich wird das Ergebnis der Nationalratswahl erst heute in einer Woche. Nach der Verlautbarung durch die Bundeswahlbehörde am 14. Oktober (mit diesem Tag beginnt auch eine vierwöchige Frist für die Anfechtung des Wahlergebnisses vor dem Verfassungsgerichtshof) haben jene Kandidaten, die mehrfach gewählt (Regionalwahlkreis, Landeswahlkreis, Bundesebene) wurden, dann 48 Stunden lang Zeit zu entscheiden, welches dieser Mandate sie annehmen. Üblicherweise wird das Regionalmandat vor dem Landes- und Bundesmandat angenommen. Das ist auch längst alles parteiintern, inklusive diverser Abtauschgeschäfte und vorab unterzeichneter Blanko-Verzichtserklärungen, „ausgeschnapst“ – Überraschungen sind nicht zu erwarten. Für Vorreihungen durch Vorzugsstimmen sind die gesetzlichen Hürden üblicherweise zu hoch.

Die Listenerstellung der Parteien für Nationalratswahlen ist generell wenig transparent. Meist ist es ein Abbild von Macht und Einfluss diverser Personen, Freundeskreise, Bünde oder Vorfeldorganisationen, von Loyalität, persönlichen und professionellen Seilschaften, von Lobbying und Anbiedern in eigener Sache. Von einer möglichst repräsentativen Vertretung der Gesellschaft im Parlament kann schon lang keine Rede mehr sein. Angelobt werden die insgesamt 183 Abgeordneten am 24. Oktober mit der konstituierenden Sitzung des neuen Nationalrates. Ob diese hohe Anzahl an Abgeordneten notwendig ist, wollen etablierte Parteien ungern diskutieren – man will treuen Parteigängern schließlich gern Perspektiven bieten.

Eine Eignungsprüfung für Parlamentarier gibt es leider auch nicht. Für Außenstehende ist auch schwer zu beurteilen, wie viel Einsatz Abgeordnete, die für ihre Tätigkeit ein Bruttomonatsgehalt von satten 10.351,39 Euro erhalten, in ihrem Job zeigen. Wie oft die Mandatare im Plenum ans Rednerpult treten, ist nur ein kleiner Indikator. Entscheidender ist, wie stark sie sich inhaltlich in unterschiedlichen Ausschüssen einbringen, Expertise in Fachbereichen entwickeln, inwieweit sie versuchen, Themen aus ihren jeweiligen Regionalwahlkreisen auf die politische Agenda zu bekommen oder wie sehr sie bemüht sind, in den Austausch mit „normalen“ Menschen zu kommen. Seine Tätigkeit entsprechend zu präsentieren und zu „verkaufen“ scheint in vielen Bereichen jedenfalls wichtiger als die eigentlichen Arbeitsnachweise. Das wäre dann zumindest doch irgendwie repräsentativ für viele Entwicklungen in unserer Gesellschaft.

Einen interaktiven Wochenstart wünscht,

Wolfgang Fercher