Das stille Örtchen ist kein Ort der Arbeitszeit – zumindest beim Schweizer Uhrenhersteller Jean Singer et Cie im Kanton Neuenburg. Dieser schreibt seinen Angestellten nämlich vor, während der Klo-Pausen auszustempeln. Das sorgte für Unmut und zog eine Klage mit sich. Diese wurde jedoch abgewiesen. Das zuständige Kantonsgericht stellte fest, dass das Arbeitsgesetz den Begriff der Pause nicht eindeutig definiert. Daher könnten Toilettenpausen als Unterbrechungen der Arbeitszeit gewertet werden.

Jean Singer et Cie ist also im Recht. Lediglich für die Frauen, die gerade ihre Periode haben, muss sich das Unternehmen eine alternative Regelung überlegen, um nicht diskriminierend zu handeln.

„Unabhängig davon, ob es sich um Toilettenpausen, Essenspausen oder andere Unterbrechungen handelt – alle müssen gestempelt werden“, argumentierte Pascal Moesch, Anwalt von Jean Singer et Cie, laut dem SRF.

„Was für Zeiten“

Vor allem auf der Seite der Arbeitnehmer war die Aufregung groß. Arbeitnehmerverbände in der Schweiz fürchten nun, dass weitere Unternehmen strengere Regeln bei der Arbeitszeiterfassung einführen.

Auch in Teilen der Kleine-Zeitung-Community herrscht Unverständnis über diese Regelung. Wienerblut28 schreibt: „Was für Zeiten... Ausstempeln für einen WC-Besuch – unfassbar!“ Auch Baldur1981 sieht das ähnlich: „Die Schweiz halt. Moderne Sklaverei. Wer seine Mitarbeiter so behandelt, ist ein sehr schlechter Unternehmer und Arbeitgeber.“

gremsi legt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nahe, Konsequenzen zu ziehen: „Bei so etwas wird sichtbar, wie die Firma mit ihren Mitarbeitern umgeht. Ich finde, die Mitarbeiter sollten sich das nicht gefallen lassen und die Firma verlassen.“

schandopr streicht den negativen Effekt für die Psyche der Betroffenen hervor: „Obwohl es erwiesen ist, dass vernünftige Pausen Effektivität steigernd wirkt. Ein ständig gespanntes Gummiband ‚ermüdet‘ bald und reißt. Menschen sind zwar kein Gummiband, aber stressanfällig, wenn die Bewegung nicht geändert werden darf.“

Und RonaldMessics meint: „Und das in der so geliebten Schweiz. Kapitalismus ist ganz einfach so, dass dies gefordert wird, und Richter haben das Gesetz einfach nur interpretiert. Also wie gesagt, es gibt jemanden, der diese Arbeitszeitunterbrechung will und jemanden, der das Gesetz buchstäblich wertet. Arbeitnehmer können aber sehr gut erkennen, wie Menschen arbeiten, denen Geld alles bedeutet.“

Verständnis für den Arbeitgeber

Nicht alle User halten die Maßnahme des Uhrenherstellers überzogen. rolfruediger berichtet beispielsweise: „Vollkommen richtig, ich kenne auch Kollegen, die wirklich Stunden an einem Arbeitstag am WC verbringen. Und Rauchen gehen diese auch noch auf Kosten des Unternehmens.“

Auch vitruvius versteht die Arbeitsgebersicht: „Die Entwicklung über die Jahrzehnte: immer weniger Wochenarbeitszeit, dafür mehr Urlaub. Immer mehr Freistellungen und unproduktive Stunden (z.B. ständig wachsende Sicherheitsunterweisungen, etc.), die trotzdem zu bezahlen sind. Da kennen die Gewerkschaften keine Obergrenzen. [...] Dass Firmen irgendwann wirklich die Minuten kontrollieren anfangen, wenn wundert's?“

Der geerdete Steirer nimmt vor allem jene Personen in die Verantwortung, die solch eine Maßnahme notwendig machen: „Sollte absolut nicht sein, aber Gründe gibt es für solche Entscheidungen auch. Es kommt auf den Zeitrahmen an, wie lang wer warum am Örtchen verbringt. Leider bringen jene Leute alles in Misskredit, die sich aufs Örtchen begeben, um dort ganz was anderes zu tätigen, als ihre Notdurft. Ich hoffe, es weiß jeder, was damit gemeint ist, (z.B. Zeitung lesen, Smartphone-Aktivitäten...). Mich jedenfalls wundert es nicht, dass solche Aktionen gesetzt werden bei so mancher Moral von Arbeitnehmern.“

Ausstempeln ja, aber...

Dass es in diesem Fall nicht zwingend nur schwarz (Klozeit ist Freizeit) oder weiß (Klozeit ist Teil der Arbeitszeit) gibt, merken einige User im Forum an und liefern mögliche Lösungsvorschläge. „Um diesen Missbrauch zu beseitigen, wäre folgende Vorgangsweise möglich: Ausstempeln für den WC-Gang. Wenn man sich innerhalb von fünf Minuten wieder einstempelt, wird die Unterbrechung automatisch storniert und gilt als Arbeitszeit. [...] Für ehrliche WC-Besuche würde sich nichts ändern“, rät etwa blackpanther.

In dieselbe Kerbe schlägt auch niederlh: „Dann gehört halt eine Grenze festgelegt, um zeitlich ‚normales‘ aufs WC gehen zu ermöglichen und den ‚Langsitzern‘ die Zeit abzuziehen. Wenn einer nur kurz aus- und einstempelt, sollte diese Pause dann automatisch wieder gelöscht werden.“