Ein Patient oder eine Patientin in Österreich muss nach der Anwendung eines gefälschten Diabetesmittels („Ozempic“) in einem Krankenhaus behandelt werden. Darüber informierte das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) am Donnerstag. Außerdem sollen Fälschungen des Diabetes-Pens bereits Patientinnen und Patienten in Österreich erreicht haben. Das BASG geht auch davon aus, dass es weitere Fälschungen gibt, die nur schwer oder gar nicht erkennbar sind, warnte sie. Details zum Patienten oder der Patientin gab es auf Nachfrage keine.
Das BASG ergänzte jedoch, dass es zu einer schwerwiegenden Nebenwirkung mit Unterzuckerung und Krampfanfall gekommen sei. Das sei ein Indiz, „dass in dem Produkt fälschlich Insulin anstelle des Wirkstoffs Semaglutid enthalten war“, hieß es in einer ergänzten Aussendung am Donnerstagabend. Das BASG betonte, bei „der Behandlung potenzieller klinischer Fälle“ seien die Nebenwirkungen daher auch als Folge einer Überdosierung mit Insulin bzw. einer daraus resultierenden Hypoglykämie mit teilweise gravierenden Symptomen zu berücksichtigen.
Abnehmspritzen nicht im Internet bestellen
Woher die Person das Medikament bezogen hat, sei indes noch nicht geklärt. Es gebe keine Hinweise darauf, dass die gefälschten Produkte von legalen Apotheken an Patientinnen und Patienten abgegeben wurden. Das BASG warnt Patientinnen und Patienten „nachdrücklich und eindringlich vor jeder eigenmächtigen Bestellung von ‚Ozempic‘ im Internet“. Echte Arzneimittel können nur über eine Verschreibung per Rezept und Abgabe durch eine öffentliche Apotheke erworben werden. Nur dadurch kann sichergestellt werden, dass es sich beim bezogenen Produkt um ein zugelassenes, bestens überprüftes, sicheres und wirksames und somit letztlich authentisches Arzneimittel handelt, so das BASG.
Patienten werden aufgefordert, „Ozempic“-Fertigpens mit Fälschungsverdacht nicht zu verwenden. Verdachtsfälle oder Hinweise zu möglicherweise gefälschten Produkten sollen unbedingt an die für die Illegalitätsbekämpfung zuständige Stelle (Enforcement) des BASG gemeldet werden (enforcement@basg.gv.at).
Fälschungen dürften nicht immer leicht zu erkennen sein
Nach aktuellem Wissensstand handelt es sich bei den mutmaßlichen Fälschungen um „Ozempic“-Packungen der Stärke 1 mg (Ozempic 1 mg Injektionslösung in einem Fertig-Pen). Es kann derzeit nicht ausgeschlossen werden, dass noch weitere Packungen mit einer anderen Wirkstärke betroffen sind, so das BASG. Gefälschte „Ozempic“-Fertigpens sind von dem echten Mittel laut der Behörde leicht zu unterscheiden. Das BASG geht aber davon aus, dass es auch Fälschungen von „Ozempic“ gibt, die anders aussehen oder nicht als Fertig-Pen angeboten werden. Auf der Außenverpackung ist die Fälschung nur schwer oder gar nicht erkennbar.
Auch die Europäische Arzneimittelagentur hat vor gefälschten Diabetesmitteln gewarnt. In verschiedenen EU-Staaten und Großbritannien seien gefälschte Diabetes-Pens aufgetaucht, teilte die EMA am Mittwoch in Amsterdam mit. Die Spritzhilfen mit Labels in deutscher Sprache stammten von Großhändlern in Österreich und Deutschland. Die Behörde hat aber bisher keine Hinweise, dass gefälschte Präparate von legalen Apotheken an Patienten ausgegeben wurden.
Der Hype um die Abnehmspritzen
Um „Ozempic“ ist ein Hype entstanden, da das Diabetesmedikament auch als Medikament zur Gewichtsreduktion eingesetzt werden kann. Semaglutid ist der Wirkstoff, der in Europa seit 2018 als Diabetesmedikament „Ozempic“ zugelassen ist, um den Blutzuckerspiegel zu senken. Neuer, von Anfang 2022, ist eine Zulassung in der EU speziell mit dem Einsatzgebiet Gewichtsverlust und -kontrolle (Markenname „Wegovy“): Gedacht ist es für Menschen mit einem Body-Mass-Index (BMI) ab 30, also Adipositas, und für Übergewichtige (BMI ab 27) mit mindestens einer gewichtsbedingten Begleiterkrankung.