Es gibt geteilte Meinungen zum Thema Kurzarbeit bei Liebherr. Liste-Fritz-Landtagsabgeordneter Markus Sint sieht das Vorhaben kritisch, Domenik Ebner (NEOS Osttirol) lehnt ab. Gerald Hauser (FPÖ) verlangt die Kurzarbeit mit Nachdruck. Auch die Gewerkschaft spricht sich für eine Überbrückung auf Kosten des Steuerzahlers aus.
Liebherr sieht sich „zu weiteren Maßnahmen gezwungen“
Die Liebherr-Hausgeräte Lienz GmbH stellt in dieser Woche beim Arbeitsmarktservice AMS einen Antrag auf Kurzarbeit. Im vierten Quartal 2024 sollen bis zu 960 Mitarbeiter also nur mehr in Teilzeit arbeiten, durch staatliche Zuzahlung aber dennoch ihre vollen Bezüge ausbezahlt bekommen. Insgesamt beschäftigt Osttirols größter Arbeitgeber aktuell 1350 Menschen aus Osttirol und Oberkärnten. „An unserem Produktionsstandort Lienz haben wir bereits verschiedene notwendige Maßnahmen ergriffen, um die Personalkapazitäten anzupassen und unser Bestandsniveau zu reduzieren“, teilte die Geschäftsleitung auf Anfrage mit. Die aktuellen Prognosen „in einem schwierigen Marktumfeld“ würden das Unternehmen jedoch zu weiteren Maßnahmen zwingen. Liebherr produziert in Lienz täglich etwa 1500 Kühlgeräte.
Wie berichtet, hat Liebherr in Lienz volle Lager und sich in den vergangenen zwölf Monaten von 140 Leiharbeitern getrennt. 36 Ferialarbeiter in den Produktions- und produktionsnahen Bereichen haben vor dem Sommer Absagen erhalten, also genau in jenen Bereichen, für die Liebherr nun um Kurzarbeit ansucht. Wie geplant beschäftigt werden 30 Ferialpraktikanten und Pflichtpraktikanten in anderen Fachbereichen.
NEOS und Liste Fritz sehen Kurzarbeit sehr kritisch
Domenik Ebner (Sprecher NEOS Osttirol), selbst in einer Führungsposition bei Euroclima Gerätebau in Sillian tätig, meint: „Wir haben Vollbeschäftigung in Osttirol und in Tirol. Andere Unternehmen suchen immer noch händeringend nach Mitarbeitern. Angesichts der Förderungen, die auch Liebherr in Lienz in den vergangenen Jahren erhalten hat, werte ich den Geschäftseinbruch als unternehmerisches Risiko.“ Liebherr müsse in der Lage sein, eine kurzfristige „Delle“ im Absatz aus eigener Kraft zu stemmen.
Ähnlich argumentiert Markus Sint (Liste Fritz): „Kurzarbeit wäre das falsche Signal, so wichtig der Betrieb für die Region auch ist. Kurzarbeit soll bei außergewöhnlichen Ereignissen unterstützen und nicht strukturelle Probleme auffangen.“ Sint fragt, wie man eine etwaige Ausnahmeregelung für Liebherr argumentiere, wenn dann auch andere Betriebe Hilfe anmelden. „Wo anfangen. Wo aufhören? Es geht um Fairness und Gerechtigkeit den Mitbewerbern gegenüber.“ Liebherr-Hausgeräte in Lienz sei Teil eines mächtigen Schweizer Konzerns. „Da muss nicht der Steuerzahler für drei Monate hineinbuttern.“
Grüne Wirtschaft Tirol reagiert ablehnend: „Neigen zu Schnellschüssen“
Michael Carli, Sprecher der Grünen Wirtschaft Tirol, verweist auf einen größere wirtschaftliche Zusammenhänge und lehnt es ab, Kurzarbeit „wie ein Pflasterl“ auf Symptome anzuwenden. Die produzierende Industrie befinde sich generell in einer Umstellphase auf die veränderte Marktsituation, und das weltweit. „In Österreich neigen wir zu Schnellschüssen.“ Durch eine finanzielle Überbrückungshilfe würden die Auftragsbücher nicht voller, meint Carli und warnt davor, notwendige Schritte dadurch auf die lange Bank zu schieben. „Die mittelfristigen Prognosen sind nicht ideal. Darauf müssen die betroffenen Unternehmen reagieren. Politisch müssen andere Maßnahmen her.“
Martin Mayerl (Landtagsabgeordneter, ÖVP): „Unter Vorbehalt für Kurzarbeit“
Martin Mayerl, Bürgermeister in Dölsach und Landtagsabgeordneter der ÖVP, verweist auf die „klaren Richtlinien für Kurzarbeit.“ Dennoch würde er eine Unterstützung für Liebherr grundsätzlich begrüßen. Allerdings unter der Voraussetzung, dass die Produktion ab dem Jahreswechsel wieder aus eigener Kraft auf Vollzeit umgestellt werde. Es sei gut und richtig gewesen, die großzügigen Ausschüttungen nach der Pandemie wieder zurückzunehmen. „Einer Aufweichung der Richtlinien stehe ich ablehnend gegenüber. Ich folge der Argumentation des Wirtschaftsministeriums, dass der Staat nicht dazu da ist, für Unternehmen in einzelnen Sparten Marktausschläge abzufedern.“
Gerald Hauser (FPÖ) und Gewerkschaft: „Muss genehmigt werden.“
Neo-EU-Abgeordneter Gerald Hauser (FPÖ) dagegen verlangt in einer Aussendung: „Das Kurzarbeitsansuchen von Liebherr muss genehmigt werden.“ Wirtschaftsminister Martin Kocher dürfe „Osttirol, Oberkärnten und das Pustertal jetzt nicht hängen lassen“, sondern müsse das Unternehmen unterstützen. Reinhold Binder, Bundesvorsitzender der Produktionsgewerkschaft (PRO-GE), hält eine dreimonatige Kurzarbeit in einem Fall wie bei Liebherr für ein geeignetes Mittel. „Das Unternehmen geht davon aus, dass sich ab 2025 die wirtschaftliche Situation wieder entspannt.“