Die Einsatzkräfte in der Gemeinde Baldramsdorf sind nach wie vor gefordert. Es war Sonntagabend gegen 20.30 Uhr, als die Sirenen heulten: Ein schweres Unwetter mit Murenabgängen, wie man es in dieser Region seit Jahren nicht mehr erlebt hat, traf die Gemeinde. Zivilschutzalarm, Dauereinsatz und Evakuierungen waren notwendig. Bei Erich Weiß und Gerhard Trojer weckten diese Zustände Erinnerungen an die Katastrophe vor 41 Jahren in Schüttbach, als Muren vier Menschen das Leben kosteten.

Die Murenkatastrophe vom 11. September 1983 in Schüttbach bei Baldramsdorf
Die Murenkatastrophe vom 11. September 1983 in Schüttbach bei Baldramsdorf © KK/Privat

„Erinnerungen kommen hoch“

„Es ist eine Katastrophe“, beschreibt Trojer die Situation in Schüttbach, wo er lebt. „Der Weg ist voller Holz und Schotter. Wir haben auch keinen Strom.“ Trojer verlor 1983 bei einem Unwetter seinen damals erst 14-jährigen Sohn. „Ich habe die ganze Nacht kaum geschlafen, die Erinnerungen an 1983 kamen wieder hoch. Doch nun helfen wir alle zusammen“, erzählt er. Die Nachbarn unterstützen sich gegenseitig, um die Schäden der Nacht zu beseitigen, es wird mit Traktoren und Stromaggregaten gearbeitet. Die Zivilschutzwarnung blieb bis Montagvormittag für Baldramsdorf bestehen, bevor sie gegen Mittag aufgehoben wurde. Die Baldramsdorfer Landesstraße L5 musste nach einem Murenabgang gesperrt werden.

Weiß wohnt mittlerweile in Spittal, von dem Unwetter blieb er verschont. „Als die Sirenen heulten und ich die Nachrichten darüber hörte, kamen Bilder von damals zurück. Ich denke fest an die Anrainer, denn ich weiß, wie verheerend eine solche Katastrophe sein kann“, sagt Weiß, der bei dem Unwetter vor 41 Jahren seine Eltern verlor. Seine Schwester und viele Bekannte wohnen noch in Schüttbach, er selbst ist mit dem Ort nach wie vor eng verbunden. Für ihn war es selbstverständlich, so schnell wie möglich vor Ort zu sein, um zu helfen: „Als ich vor Ort war, rechnete ich mit vielem, aber das Ergebnis hat mich geschockt. Es schaut genauso aus wie damals. So etwas wünscht man niemandem. Zum Glück hat das Unwetter diesmal kein Menschenleben gefordert. Die Schäden und die bleibenden Erinnerungen sind jedoch für jeden belastend“, so Weiß weiter.

Das Katastrophen-Jahr 1983

Das Jahr 1983 zählt für die Gemeinde Baldramsdorf nach wie vor als das Jahr der Katastrophen. Am 8. Juli verwüstete eine Mure Baldramsdorf und Gendorf. Nur wenige Monate später, am 11. September 1983, brachen ein Donnergrollen sowie Gesteinsmassen aus dem Schreigraben tosend über den Ortsteil Schüttbach herein und rissen vier Menschen mit in den Tod. Weiß war nicht zu Hause. Seine damals 16-jährige Schwester musste mit ansehen, wie die Schlammmassen ihre Eltern unter sich begruben. „Als ich diese Verwüstung sah, hatte ich keine Hoffnung mehr für meine Eltern“, schilderte Weiß, der damals 19 Jahre alt war.

Die Unwetter richteten schwere Schäden in Oberkärnten an, insbesondere im Gailtal und Drautal. Der Zugverkehr wurde für Wochen eingestellt und die Gemeinde Weißensee war von der Außenwelt abgeschnitten. Drei Monate lang wurde das Schuttmaterial geräumt. Feuerwehr, Bundesheer und viele freiwillige Helfer leisteten Soforthilfe. Mehrere Millionen Euro wurden seitdem in Sicherungsmaßnahmen investiert. Trojers Sohn wurde erst zwölf Tage später tot aus der Drau geborgen. Das Ehepaar Weiß wurde nie gefunden. Die Aufräumarbeiten dauerten zwei Jahre.

Ort des Gedenkens

Ein Marterl in Schüttbach direkt neben jenem Bach, der damals die Katastrophe mit sich brachte, erinnert an die Murenabgänge vor 40 Jahren. Besonders an solchen Tagen, wenn wieder ein Unwetter die Gemeinde heimsucht, erinnere man sich beim Gedenk-Marterl an die Verstorbenen Gerhard Trojer, Waltraud Ebner sowie Maria und Erich Weiß. Für die Angehörigen, aber auch die Öffentlichkeit, soll es ein Ort des Gedenkens sein.

Im Jahr 2016 setzten sich Weiß und Trojer für die Umsiedlung des seit 1984 bestehenden Marterl ein. Grund war damals ein Grundstücksverkauf. Seit acht Jahren steht es an einem öffentlichen Ort. „Erst vergangene Woche haben wir dort einen neuen Zaun aufgestellt und rund ums Marterl sauber gemacht. Dem Marterl selbst ist nichts passiert, den Zaun hat das Unwetter allerdings getroffen“, berichten die Beiden.