Angefressen war sie, müde und verzweifelt. Sie wollte nur noch nach Hause. Als Justina dann allerdings mitbekam, dass sie hinter der Bühne Musiker Josh – und Fotografen – treffen würde, war sie wieder putzmunter, wie aufgedreht. Denn Justina liebt Fotografen. „Süße Rampensau“, sagt Mama Sigrid Witasek (46) mit einem Augenzwinkern und einem liebevollen Lächeln auf den Lippen.
Das Treffen mit Josh fand im Juli des Vorjahres im Rahmen der „Iron Road for Children“ in Leoben statt. Justina wurde im Zuge dieses Benefiz-Events mit einer Spende bedacht. Ein Lateral-Trainer, das ist ein Gerät zur Unterstützung der Sprachentwicklung, wurde für die siebenjährige Feldkirchnerin bezahlt. Den Trainer kann Justina gut brauchen, denn sie hat Trisomie 21, das Down-Syndrom. Weil sie sich mit dem Sprechen schwertut, ist sie hauptsächlich per Zeichensprache unterwegs. Auch in der Schule.
„Ihr Gebärdenwortschatz erweitert sich ständig und Justina wendet diesen auch kontinuierlich an. Justina ist kommunikativ und berichtet gerne und viel, das ist unglaublich toll zu beobachten“, sagt Barbara Kullnig, Direktorin der Volksschule Feldkirchen. Auch die anderen Kinder der Klasse erlernen die Gebärdensprache, „daher können die Kinder untereinander hervorragend kommunizieren“, sagt Kullnig. Die Gebärdensprache macht in der Bildungseinrichtung sprichwörtlich Schule, „heuer findet sogar ein Gebärdensprachkurs für interessierte Eltern, Lehrerinnen und Lehrer, Freizeitpädagoginnen und Assistenzen statt, damit auch diese noch besser mit unseren Schülerinnen und Schülern ‚sprechen‘ können“, sagt Kullnig. Auch Kerstin Maier, die Mama von Justinas Schulfreundin Emmelie, lernt Gebärdensprache: „Das macht mir Spaß. Und ich finde es toll, mit den Menschen so kommunizieren zu können, sie zu verstehen.“
Justina besucht mittlerweile die zweite Klasse, „sie fühlt sich wohl, alles funktioniert perfekt, wir sind dankbar für die Arbeit des gesamten Teams“, schwärmt Mama Sigrid Witasek. Besonders mit Anna Hauser, pflegerisch helferische Assistenz an der Schule, studierte Erziehungs- und Bildungswissenschaftlerin, bildet Justina ein „kongeniales Team“, attestiert die Mama, die geschieden ist. Ihre Kids verbringen aber regelmäßig viel Zeit mit ihrem Papa.
Das schwesterliche Trio
Seit sieben Jahren begleitet die Kleine Zeitung Justina und ihre Familie auf ihrem ganz besonderen Lebensweg. Die junge Dame braucht viel Aufmerksamkeit, und das quasi rund um die Uhr. Eine enorme Unterstützung sind dabei ihre drei großen Schwestern: Franziska (15) besucht die PTS in Feldkirchen, Gloria (13) die Mittelschule und Helena (10) die Volksschule der Tiebelstadt. „Sie tun alles für Justina“, ist Sigrid Witasek stolz über das Trio.
Wem wird schon so eine Ehre zuteil? Justina bekommt im Mai ihre ganz private Erstkommunion. Stadtpfarrer Bruder Wolfgang Gracher macht es möglich. „Sie kann mit vielen Menschen auf engem Raum manchmal nicht gut umgehen, das taugt ihr dann nicht. Deshalb gibt es am Abend vor der regulären Erstkommunion eine eigene für Justina. Die Familie wird natürlich dabei sein“, sagt Witasek. Und sollte es Justina trotz vieler Menschen in der Kirche gut gehen, darf sie natürlich auch bei der regulären Erstkommunion mitfeiern und bekommt dann quasi eine „Zweitkommunion“.
An beiden Tagen werden jedenfalls sicher viele Fotos von Justina gemacht. Sie liebt Fotografen. Auf allen Bildern ist ihr die Lebensfreude anzusehen. Auf vielen Fotos sind allerdings ihre Hände verschwommen. Denn wenn Fotografen auffordern, „freundlich schauen, sagt mal Spaghetti“, dann sagt der Rest das Wort Spaghetti und macht ein fröhliches Gesicht. Justina sagt auch brav Spaghetti. Halt mit den Händen in Gebärdensprache.