Größer ist nicht immer besser, aber bei Naturschutzgebieten sind wir uns wohl alle einig, dass die gar nicht groß genug sein können. Nun kaufte die Gemeinde Staranzano mithilfe von Geldern aus der Region zehn Hektar zum Naturschutzgebiet Isola della Cona unmittelbar im Nordosten von Grado hinzu, sodass die area protetta, die von unserer Insel bequem mit dem Fahrrad zu erreichen ist, auf insgesamt sechzig Hektar anwächst. Außerdem ist ein neuer Aussichtsturm geplant, um die dreihundert Vogelarten zu beobachten.

Auch Flamingos schauen gern vorbei, und mit ihrem rosa Gefieder sind sie ein exotischer, faszinierender Anblick. Aber schwärmen Sie, wenn Sie in den Bars von Grado auf Einheimische treffen, nicht allzu laut von den stelzenbeinigen Gästen. Denn sie ernähren sich von kleinen Krebsen und Muscheln sowie Samen von Wasserpflanzen. Und das ist zufälligerweise genau die Nahrung der Fische in der Lagune, vor allem der hochgeschätzten orata (Goldbrasse). Darunter leiden Fischer wie Zuchtbetriebe gleichermaßen; die orate bleiben klein und dünn und brauchen vier statt zwei Jahre, um auszuwachsen.

Das klingt wie eine Bagatelle, aber die Fischerei ist neben dem Tourismus nun einmal eine ganz wichtige Einnahmequelle in Grado, etwa hundert Familien leben noch davon. Lassen Sie sich doch mal zwanzig Prozent Ihrer monatlichen Nettoeinnahmen von irgendeinem süßen Tierchen wegknabbern – dann finden Sie das Tierchen bestimmt nicht mehr so süß. Klar, dass die Flamingos nicht vertrieben oder gar geschossen werden dürfen. Die Touristen und Vogelkundler freut’s, die Fischer eher nicht.

Schätze müssen abgegeben werden

Von der Goldbrasse zum Gold, wie in der letzten Kolumne versprochen. Denn als die Menschen im 5. Jahrhundert vor Attila aus Aquileia in die Lagune flüchteten, ließen sie ihre Schätze – immerhin war man ja wohlhabendes Handelszentrum und Bischofssitz obendrein – in einem Brunnen zurück, den sie anschließend zuschütteten. Sie würden ja sicher bald zurück sein, dachten sie. Doch aus der Rückkehr wurde so schnell nichts, und das Wissen um die genaue Lage des Brunnens ging verloren.

Bis heute suchen Menschen nach dem Schatz, manche vermuten ihn sogar in der Lagune von Grado, und noch heute gibt es bei Grundstücksverkäufen rund um Aquileia eine vertragliche Klausel, die festschrieb, dass eventuelle wertvolle Funde auch nach dem Kauf noch dem Altbesitzer zufallen sollten. Simone, ein Freund des Autors, befindet sich ebenfalls auf der Suche, auch wenn Archäologen die ganze Geschichte eher als Legende einordnen. Immerhin gibt es aber in der italienischen Wikipedia einen Eintrag über den puteum aureo („Goldener Brunnen“), es ist mehr als ein bloßes Ortsgerücht.

Also, existiert der Schatz oder nicht? „Manchmal musst du einfach an Dinge glauben“, findet Simone, „das macht das Leben interessanter.“