Der Zivilschutzalarm für die Gemeinde Krems im Kärntner Liesertal bleibt nach einem schweren Unwetter Sonntagabend weiter aufrecht. Die Ortschaft Kremsbrücke wurde vom Kremsbach, der auch massenhaft Geröll mitführte, überflutet. In mehrere Häuser drang Wasser ein. Die Bevölkerung wurde und wird dazu aufgerufen, in den oberen Stockwerken der Wohnhäuser zu bleiben. Völlig von der Außenwelt abgeschnitten ist der Ort Innerkrems. Dort wurden die Zufahrtsstraßen an zehn Stellen zum Teil meterhoch durch Geröll verlegt, es gibt weder Strom noch Handyempfang. Es kamen aber keine Personen zu Schaden. Nach mehreren Lagebesprechungen, Ortsaugenscheinen und einem Hubschrauber-Erkundungsflug über dem betroffenen Gebiet haben sich die Einsatzkräfte mittlerweile einen besseren Blick über das Ausmaß der entstandenen Schäden verschafft. Und diese sind enorm.

Straße wochenlang nicht befahrbar

Fieberhaft wurde seitens des Mobilfunkanbieters A1 daran gearbeitet, das Mobilfunknetz in Innerkrems wieder in Gang zu setzen, denn die Bewohner der Ortschaft hatten keinen Strom und konnten nicht nach außen kommunizieren. Die Innerkremser Landesstraße ist an zehn Stellen schwer beschädigt. „Entweder ist sie von meterhohen Geröllmassen verlegt oder an manchen Stellen von der Wucht des Baches unterspült und mitgerissen worden“, schildert Reinhard Schell vom Bezirksstraßenbauamt Spittal. Es dürfte Wochen dauern, bis die Straße wieder befahrbar ist. Genaue Einschätzungen seien aber noch verfrüht.

In der Ortschaft Innerkrems selbst seien „Murenabgänge und Hangrutschungen nicht so gravierend ausgefallen, es sind keine Häuser unmittelbar betroffen“, sagt Landesgeologe Dietmar Widowitz. „Bei fünf Häusern, die sich im Bereich von Seitenbächen befinden, gibt es Anlagerungen von Schotter. Ob die Objekte im Fall von weiteren Niederschlägen gefährdet sind, muss noch abgeklärt werden“, sagt Wilfried Klaus von der Wildbach- und Lawinenverbauung (WLV). Allerdings sind mindestens zwei Ortsteile mit zwei Höfen wegen weggerissener Straßen und Brücken nicht erreichbar, für diese wird ein Versorgungsplan erarbeitet.

Montagmorgen bekamen wir ein erstes Foto aus der Innerkrems
Montagmorgen bekamen wir ein erstes Foto aus der Innerkrems © Gregor Rust

Schäden in Millionenhöhe

Bevorstehende Sicherungsarbeiten entlang von Bächen und vor allem entlang des Kremsbaches dürften die Summe von einer Million Euro überschreiten. Im Auftrag des Amtes für Wasserwirtschaft ist man bemüht, den Großteil der Anlandungen im Ort Kremsbrücke im Bereich des Kremsbaches und der Lieser mit Baggern zu beseitigen, um die Gefahr von Rückstauungen bei weiteren Regenfällen zu bannen.

Die Feuerwehren des Liesertales helfen alle zusammen, um Keller in mehreren Häusern auszupumpen. „Wir kommen gut voran, aber in den Kellern drückt es noch immer das Grundwasser herauf“, sagt Abschnittsfeuerwehrkommandant Josef Heiß. Teilweise stellt die Feuerwehr auch Notstrom mittels Aggregaten zur Verfügung. Der Spittaler Bezirkshauptmann Klaus Brandner ist der Leiter des Krisenstabes, der um 7 Uhr und um 11 Uhr mit allen Einsatzorganisationen getagt hat.

In der erneuten Sitzung um 14 Uhr gab es auch Informationen zur Lage in Innerkrems: Bürgermeister Gottfried Kogler ist auf der Umleitungsstrecke über die A 10 nach Innerkrems gelangt. Eine Erhebung der Feuerwehr hat ergeben, dass bisher 13 Wehren des Lieser- und Katschtales mit insgesamt 170 Feuerwehrleuten im Einsatz standen. Bis 18 Uhr wurde gearbeitet, am Dienstag um 7 Uhr ging es weiter.  

Lokalaugenschein in Kremsbrücke

Bei einem Lokalaugenschein in Kremsbrücke zeigte sich das gewaltige Ausmaß der Zerstörung, die Aufräumarbeiten laufen auf Hochtouren. Doch es herrscht auch Erleichterung, dass keine Personen zu Schaden gekommen sind – denn binnen weniger Minuten wurde der Kremsbrach zu einem reißenden Fluss, überschwemmte weite Teile der Ortschaft.

Banger Blick gen Himmel

Der Blick in Krems und Umgebung richtet sich indes auch in Richtung Himmel – man kann vieles gebrauchen, doch sicher keinen neuerlichen Niederschlag. Nikolas Zimmermann, Meteorologe des Wetterdienstes Ubimet, kann jedoch noch keine Entwarnung geben: „Am Dienstag gilt es aufzupassen – es kann in Krems erneut zu Gewittern und zu Starkregen kommen.“

Straßensperren

Die L 19 Innerkremser Landesstraße zwischen Straßenkilometer 0,0 bis 9,7 und die B 99 Katschberg-Bundesstraße zwischen Straßenkilometer 66,2 bis 67,0 wurden für den gesamten Verkehr wegen Gefahr in Verzug gesperrt. Auch die Nockalmstraße ist aufgrund der Unwetter vom Sonntag unbefahrbar und gesperrt: Zwischen Innerkrems und Nockalmhof hat sich ein Erdrutsch ereignet, dessen Aufarbeitung voraussichtlich ein bis zwei Wochen in Anspruch nehmen wird. Ab Dienstag wird die Nockalmstraße (ausschließlich) von Ebene Reichenau (von Süden) bis zum Nockalmhof wieder befahrbar sein – ein kurzes Teilstück wird einspurig geregelt. Die Zufahrt zur Nockalmstraße aus dem Norden über Innerkrems wird für längere Zeit nicht möglich sein.

Zivilschutzalarm bleibt aufrecht

Der Zivilschutzalarm, den der Bürgermeister von Krems, Gottfried Kogler, Sonntagabend nach einem Murenabgang im Bereich der Kesselgrubenalm und dem Überlaufen des Kremsbaches ausgerufen hatte, blieb vorerst aufrecht. „Wir werden den angekündigten Regen abwarten, dann sehen wir weiter“, sagt Kogler, der von massiven Schäden am Kanal und an den Druckwasserleitungen des Kraftwerks der Gemeinde berichtet. Später erklärte Bezirksfeuerwehrkommandant Kurt Schober: „Die Aufräumarbeiten in Kremsbrücke gehen am Dienstag weiter. Um 8 Uhr tagt wiederum der Einsatzstab, um weitere Maßnahmen zu koordinieren.“

Bereits Montagfrüh war die Lage wieder so weit unter Kontrolle, dass sich der Bach wieder im Bachbett befand, berichtet Walter Egger, Sprecher des Bezirksfeuerwehrkommandos Spittal/Drau, nach der ersten Krisenstabssitzung. Allerdings wurde da erst das enorme Ausmaß der Schäden sichtbar: „Aus der Innerkrems hat der Bach massives Geröll und Holz mitgeführt. Brücken und Ortschaft wurden so schwer vermurt, dass der Bach über die Ufer getreten ist und an mehreren Häusern, so auch beim Feuerwehrhaus, schwere Schäden verursacht hat.“ Zum Teil stand das Wasser bis ins Erdgeschoß.

Erkundungsflug
Erkundungsflug © Kk

Zwei Vermisste

Die Polizei ermittelte am Vormittag auch den Verbleib von zwei Urlaubern in der Innerkrems. Es wurde geprüft, ob sich die Insassen eines roten Pkw rechtzeitig aus dem Gefahrenbereich entfernen konnten, weil sie zunächst nicht in ihre Unterkunft zurückgekehrt waren. Wie Kogler um 10.30 Uhr mitteilen konnte, sind die beiden Personen wohlauf. Sie befanden sich in Seeboden.

Rund 110 bis 130 Zentimeter Niederschlag je Quadratmeter fiel in der Innerkrems in kürzester Zeit. In der Nacht ist das Wetter Richtung Feldkirchen weitergezogen, aber die Auswirkungen für die betroffenen Bewohner der Gemeinde Kremsbrücke waren verheerend. Der Kremsbach hat in Kremsbrücke annähernd die Größe eines 30-jährlichen Hochwassers erreicht. Erst kurz nach Mitternacht ging der Pegelstand des Kremsbaches im Bereich Kremsbrücke deutlich zurück.

Die Grafik zeigt den enormen Anstieg des Kremsbachs bei Kremsbrücke
Die Grafik zeigt den enormen Anstieg des Kremsbachs bei Kremsbrücke © Hydrologischer Dienst, Land Kärnten

Gefährliche Situation

Rund 70 Feuerwehrleute standen Sonntagabend im Einsatz. Feuerwehrkommandant Sepp Glanzer appellierte an die Bevölkerung, sich vom Wasser fernzuhalten und sich in Sicherheit zu bringen. Laut dem Abschnittsfeuerwehrkommandanten Josef Heiß standen auch die Feuerwehren aus Eisentratten, Leoben, Gmünd und Rennweg über die Nacht im Einsatz: „Es war in der Nacht absolut zu gefährlich, sich zum Bach oder zur hochwasserführenden Lieser zu begeben.“ Viele Straßen waren auch mit Einsatzfahrzeugen nicht passierbar. Auch die Löschgruppe in der Innerkrems meldete, dass viele Häuser, Brücken und Straße vom Hochwasser betroffen sind, aber die Situation bis zum Rückgang der Pegel abgewartet werden muss.

170 Einsätze in Kärnten

Der Einsatzschwerpunkt lag wegen der Unwetter laut LAWZ im Bereich der Stadtgemeinde Feldkirchen und Umgebung. Zahlreiche Bäche führten binnen kürzester Zeit Hochwasser, Straßen und Keller wurden überflutet. Bäume stürzten um und blockierten Straßen. In Feldkirchen drohte die Tiebel auszuufern. Durch ein gezieltes Öffnen von Wehranlagen konnte eine Tiebelüberflutung verhindert werden. Die Einsatzkoordinierung in der Stadt Feldkirchen wurde durch die Florianstation übernommen.

Auf der Flattnitz gab es einen beginnenden Dachstuhlbrand. Ein Blitz führte vermutlich zu glosenden Dachstuhlteilen. Durch den Einsatz der Freiwilligen Feuerwehren Glödnitz und Metnitz konnte ein größerer Schaden verhindert werden.

Am Wörthersee rückten Feuerwehr gemeinsam mit der Wasserrettung aus, um ein losgerissenes Floß zu bergen. Personen kamen bei diesem Einsatz nicht zu schaden. Auch am Keutschacher See wurde ein Boot in Not mit Lichtzeichen gemeldet. Die Einsatzkräfte von Feuerwehr und Wasserrettung konnten aber rasch Entwarnung geben. Das Boot erreichte selbst sicher das Ufer.

Vereinzelte Einsätze nach lokalen Gewitterzellen gab es auch in den Bezirken Spittal, Villach-Land, Klagenfurt-Land, St. Veit und Wolfsberg. In Summe verzeichnete der LAWZ Leistellenverbund rund 170 Einsätze, bei welchen 71 Feuerwehren mit mehr als 640 Einsatzkräften mehrere Stunden im Einsatz standen.