„Mit unwahrscheinlich heftigem Getöse trat der Kremsbach über die Ufer und überflutete den ganzen Ort. Er führte große Steine mit sich, man hörte nur noch lautes Rumpeln“, erinnert sich Katharina Zippusch an die bangen Minuten Sonntagnacht. „Es war für meine beiden Söhne schon angsteinflößend“, so Zippusch weiter. Sie und ihr Ehemann Mario erhielten Montagfrüh nicht nur Hilfe von Feuerwehrleuten, sondern auch von Freunden, die beim Beseitigen der Schäden – vor allem im Garten – mithalfen.
Hagel und heftige Niederschläge führten dazu, dass aus dem Kremsbach im Mündungsbereich der Lieser ein reißender Fluss wurde, der in der Ortschaft Kremsbücke mehrere Keller überflutete, Gärten und Außenanlagen zerstörte. An Schlaf war in der Nacht auf Montag nicht zu denken. Zivilschutzalarm wurde ausgerufen, die Bewohner wurden aufgefordert, sich in den ersten Stock ihrer Häuser zurückzuziehen.
„In der Nacht haben wir nur noch geschaut, dass wir mithilfe von Sandsäcken den Bach von den Häusern fernhalten konnten. Die Straße wurde komplett überflutet, wir konnten nur mit dem Traktor durchfahren“, schildert Feuerwehrmann Martin Walasch. Zwölf Häuser sind betroffen, jede Wehr hat am Montag eines zugewiesen bekommen, um das Wasser aus den Kellern zu pumpen. Der Stand am Montag um 15 Uhr war, dass 13 Wehren des Lieser- und Katschtales mit 170 Feuerwehrleuten im Einsatz standen.
Alexander Magnes ist dabei, den Schlamm in seinem Garten mit einem Mini-Bagger abzutransportieren. Er sagt, dass der Keller zwar laufend ausgepumpt wird, aber gleichzeitig wieder Wasser heraufgedrückt wird: „Das kommt daher, dass der Grundwasserspiegel im Moment so hoch ist. Es hat auch 2009 ein Hochwasser gegeben, aber so schlimm wie jetzt, habe ich es noch nie erlebt.“
„Eine Woche werde ich schon brauchen, bis wieder alles sauber ist“, sagt Peter Kassmannhuber. Sein ehemaliges Gasthaus befindet sich direkt am Kremsbach. In seinem Keller stand das Wasser eineinhalb Meter hoch. „Seit dem Hochwasser 1966 wird der Keller aber nicht mehr genutzt. Es wurde also nichts beschädigt“, so Kassmannhuber weiter. In die ehemaligen Gasträume ist ebenfalls Wasser eingetreten. „Wenn der Bach kommt, passiert das innerhalb von wenigen Sekunden. Man kann sich gar nicht darauf vorbereiten. Wir wohnen Gott sei Dank im ersten Stock. Wir haben kein Auge zugemacht, vom Balkon aus haben wir beobachtet, wie sich das Hochwasser weiterentwickelt. Ein großes Danke den Feuerwehrleuten, die uns seit Stunden helfen, alles wieder zu säubern“, betont Kassmannhuber.
Die Ungarinnen Mária Csabafiné Mezei und Viktória Antal betreiben das Gasthaus Klammer als Pension. Wo am Samstag noch zehn Autos von Gästen gestanden sind, haben sich Schlamm und sonstiges Material, das der Bach mitgeführt hatte, ausgebreitet. Keller und Gasträume sind überschwemmt. Die beiden Frauen stehen auf dem Balkon und tragen es mit Fassung, dass sie so schnell keine Gäste mehr beherbergen können.
Florian Kerschhaggl und Manuel Fleissner von der Löschgruppe Katschberg helfen beim Auspumpen ihrer Gaststube mit. Was auffällt ist, dass die Feuerwehrleute trotz des mehrstündigen Einsatzes voll motiviert sind, Teamwork und hohe Professionalität an den Tag legen.
Dann kommen Bürgermeister Gottfried Kogler und Sepp Glanzer, Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Kremsbrücke, vom Hubschraubererkundungsflug in die Innerkrems zurück. „Die Innerkrems ist vor allem von der stark beschädigten Landesstraße und vom Stromausfall betroffen. Einige Hütten wurden verschüttet, Personen kamen nicht zu Schaden“, sagt Kogler. Wie lange die Aufräumarbeiten und die Sanierung der Straße dauern, kann derzeit nicht abgeschätzt werden.
Reger Betrieb herrschte in der Tankstelle und im kleinen Spar-Geschäft von Angelika Magnes: „Die Versorgungssicherheit ist gegeben. Viele Bewohner von Kremsbrücke haben eingekauft, sie sind eben zu Fuß gekommen.“ Die lange Nacht steht ihr ins Gesicht geschrieben, dennoch haben sie und ihre Mitarbeiterin Wurstsemmeln, Obst und Müsliriegel als Stärkung für die Feuerwehrleute vorbereitet. Auch Petra Glanzer, die oberhalb des Ortes wohnt, kommt mit Speck- und Wurstbroten für die Helfer vorbei. Sie hat ebenfalls mit Bangen die Geschehnisse in der Nacht verfolgt.
Der Spittaler Bezirkshauptmann Klaus Brandner ist der Leiter des Krisenstabes und besprach sich am Montag um 7, um 11 Uhr und um 14 Uhr mit Vertretern aller Einsatzkräfte. Feuerwehren, Polizei, Rotes Kreuz, Kelag, Wildbach- und Lawinenverbauung, Mitarbeiter des Straßenbauamtes und viele mehr geben ihr Bestes, um wieder Normalität herzustellen.
Laufend fahren Lkw, die mit Schlamm und Geröllmassen beladen werden, zu und ab. Allein das Bachbett muss mindestens eineinhalb Meter tief ausgebaggert werden, um in den ursprünglichen Zustand zu gelangen.
Wirklich niedergeschlagen wirkt in Kremsbrücke niemand. Das Unwetter war zwar heftig und wird allen lange nicht mehr aus dem Kopf gehen, aber die Schäden sind alle zu beseitigen. Alle hoffen natürlich, dass die prognostizierten Regenfälle die Lage nicht verschärfen werden.