„Neben geopolitischen und politischen Risiken nehmen die Spannungen im Welthandel zu, was das Risiko für Extremereignisse erhöht“, so EZB-Vizepräsident Luis de Guindos im halbjährigen Bericht zur Finanzstabilität der Euro-Notenbank, der am Mittwoch veröffentlicht wurde. Das trübt de Guindos zufolge die Aussichten für die Finanzstabilität ein.
Die Risiken für ein Wirtschaftswachstum in der Eurozone haben sich erhöht, resümiert der Bericht. Das Wachstum bleibe fragil, zudem kämen in einem von Unsicherheiten geprägten geopolitischen Umfeld nun auch noch Sorgen um die Aussichten für den Welthandel hinzu.
US-Zölle bedrohen Finanzstabilität
Donald Trump hatte im Wahlkampf wiederholt höhere Zölle angekündigt und dürfte die USA weiter abschotten. Die in Aussicht gestellten Zölle und eine Zunahme von Handelskonflikten in der Folge dürften die Wirtschaft im Euroraum schwer treffen, was Volkswirte besorgt auf den Machtwechsel im Weißen Haus blicken lassen.
Die Finanzmärkte haben sich nach Einschätzung der EZB zwar bisher als widerstandsfähig erwiesen. Schwankungen an den Börsen hätten aber wieder zugenommen. Hohe Börsenkurse und eine Konzentration von Risiken - vor allem an den Aktienmärkten - machten Finanzmärkte anfälliger für plötzliche Kurskorrekturen.
Schwache Staatshaushalte, schlechte Wachstumsaussichten, geringe Finanzstabilität
Einige Länder im Euroraum plagen schwache Staatshaushalte und ein schleppendes Wachstum. Dies erhöht das Risiko, dass an den Finanzmärkten wieder Sorgen um die Schuldentragfähigkeit aufkommen. Hohe Kreditkosten und trübe Wachstumsaussichten belasteten weiter die Unternehmen. Insgesamt seien die Kreditrisiken aber bisher nur graduell gestiegen. Kleine und mittelgroße Firmen sowie ärmere Haushalte könnten jedoch unter Druck geraten, falls sich das Wirtschaftswachstum mehr abschwächen sollte als erwartet.
Die Immobilienmärkte sind immer noch ein Sorgenfaktor für die EZB. Während sich die Preise für Wohnimmobilien stabilisierten, bleibe der Gewerbeimmobilien-Markt angesichts des E-Commerce und der Homeoffice-Arbeit weiter unter Druck, erklärte die Notenbank. Laut den Währungshütern besteht das Risiko, dass die Verluste bei Gewerbeimmobilien-Engagements noch weiter zunehmen. Für einzelne Banken und Investmentfonds könnten diese erheblich ausfallen. Die EZB wies allerdings auch auf eine hohe Profitabilität der Banken hin sowie auf deren starke Kapital- und Liquiditätspuffer. Auch die
Resilienz und Finanzstabilität sollen gestärkt werden
Die EZB empfiehlt, bestehende Kapitalpufferanforderungen sowie kreditnehmerbezogene Maßnahmen aufrechtzuerhalten, um solide Kreditvergabestandards zu sichern. Angesichts der zunehmenden Bedeutung und Vernetzung von Nichtbanken sei ein umfassender Maßnahmenkatalog erforderlich, um deren Widerstandsfähigkeit zu stärken. Eine robuste Nichtbanken-Finanzbranche würde nicht nur die Finanzstabilität fördern, sondern auch die Ziele der Kapitalmarktunion unterstützen, die auf ein höheres Produktivitäts- und Wirtschaftswachstum in Europa abzielt.
Außerdem sprechen sich die Währungshüter für eine Förderung der Kapitalmarktunion aus, strukturelle Reformen bei hochverschuldeten Staaten und höhere Investitionen in die Cybersicherheit. So soll sich der Euroraum auch in unsicheren Zeiten resilient präsentieren.