Volkswagen in der Krise: Laut Betriebsrat will VW in Deutschland mindestens drei seiner bisher zehn Werke der Kernmarke schließen. An den übrigen Standorten solle die Kapazität sinken. Geplant seien auch betriebsbedingte Kündigungen, die bei VW seit 1992 ausgeschlossen waren. Zudem wolle der Konzern den Haustarif für seine rund 120.000 Mitarbeiter pauschal um zehn Prozent kürzen und fordere für die kommenden beiden Jahre Nullrunden.
Die dritte Verhandlungsrunde in dem Konflikt ist für Donnerstag geplant. Die Gewerkschaft legte ihrerseits einen Vorschlag vor, mit dem die Arbeitskosten über verschiedene Maßnahmen (Zahlung der geforderten sieben Prozent Gehaltserhöhung in einen Zukunftsfonds) reduziert werden sollen. Die Arbeitnehmervertreter sagten, der Vorschlag bringe einen Beitrag von ungefähr 1,5 Milliarden Euro. Die deutsche Gewerkschaft IG Metall droht Volkswagen bei einem Festhalten an Werksschließungen mit erbitterter Gegenwehr. „Sollte der Vorstand auf Maximalpositionen und Werksschließungen beharren, übernimmt er die Verantwortung dafür, dass wir in einen Arbeitskampf um Standorte laufen, wie ihn die Republik noch nicht erlebt hat“, sagte Verhandlungsführer Thorsten Gröger in Wolfsburg. Die Vorbereitungen dafür liefen.
Gegenentwurf der Gewerkschafter
Im Ringen um Einschnitte beim deutschen Kfz-Hersteller Volkswagen planen jetzt die Gewerkschaft IG Metall und der Betriebsrat einen Gegenentwurf zu den vom Konzern geplanten harten Einschnitten. Einen Tag vor der dritten Tarifrunde in Wolfsburg wollen sie heute Eckpunkte eines eigenen Gesamtkonzepts für die Zukunft des Autobauers vorstellen, wie Gewerkschaft und Betriebsrat ankündigten.
Betriebsratschefin Daniela Cavallo und IG-Metall-Bezirksleiter Thorsten Gröger wollen dabei ihre Ideen für die Gesundung des angeschlagenen Konzerns darlegen.
Volkswagen: Management liefere keine „Zielbilder“
Seit Bekanntwerden der Sparpläne Anfang September hatten Cavallo und Gröger den Konzern mehrfach aufgefordert, eine konkrete Gesamtkonzeption für die Zukunft aller Standorte vorzulegen. Denn, so Cavallo im September: „Wir sehen sehr viele Stellschrauben, an denen wir drehen können, um die Kosten zu senken, ohne gleich ganze Standorte infrage zu stellen.“ Bisher sei der Konzern ein solches Zielbild aber schuldig geblieben. Jetzt will sie zusammen mit der IG Metall selbst eine solche Konzeption vorlegen.
„Dass Volkswagen große Herausforderungen hat, steht außer Frage“, sagte auch Gröger bereits im September. Und die Gewerkschaft wolle hier Teil der „einer echten, nachhaltigen Lösung“ sein. Schließlich habe niemand mehr Interesse daran, dass das Unternehmen zukunftsfähig aufgestellt ist, als die Beschäftigten selbst. Ziel sei es, Standorte, Auslastung und Beschäftigung langfristig abzusichern. Die von VW geforderte Lohnkürzung lehnt die IG Metall entschieden ab, ebenso Werksschließungen und Kündigungen, die im Raum stehen.
Masterplan für Volkswagen: Produktsubstanz verbessern
Kernelemente für einen solchen „Masterplan 2025 - 2030 - 2035“ hatte Cavallo bereits Anfang September auf einer Betriebsversammlung von Volkswagen skizziert. Dabei gehe es etwa um die Produktsubstanz, die sich verbessern müsse. „Volkswagen war immer dann erfolgreich, wenn wir mit starken Produkten unsere Kundschaft begeistert haben“, sagte Cavallo damals. „Aktuell aber kommt es immer wieder zur Rücknahme von bereits getroffenen Entscheidungen. Und zu einem Verschieben von Produkten und Projekten.“
Vor allem fehle dem Konzern ein günstiges Elektro-Einstiegsmodell, das erst 2026 mit dem ID.2 anlaufen soll.
Zudem müsse der Konzern technologisch wieder an die Spitze und die Produkte dann auch schnell zu den Kunden bringen. „Wir brauchen deutliche Sprünge vor allem in den Bereichen Software, termingerechte Anläufe und Kundenakzeptanz“, so Cavallo damals. „Und alles, was am Ende nicht relevant ist für unsere Technologieführerschaft und somit nicht kaufentscheidend für unsere Kundschaft, das muss überdacht werden.“
Gegen die Regelwut bei Volkswagen
Konkret bedeute das: „Unsere Komplexität muss runter, unsere Regelwut müssen wir angehen, wir müssen unseren Dokumentationsirrsinn abstellen.“ Und der Konzern müsse Doppelarbeiten der einzelnen Marken abbauen. „Wir müssen Synergien schaffen und nicht Dinge doppelt und dreifach entwickeln und so Geld verbrennen“, so Cavallo, die selbst studierte Betriebswirtin ist. „Wir fordern daher eine Neujustierung des Steuerungsmodells im Konzern mit einer klaren Fokussierung auf die Marke Volkswagen. Die Marke Volkswagen ist und bleibt der Kern des Volkswagen-Konzerns.“
Kein „blindes Sparen“ bei Volkswagen
Mit Blick auf die Finanzen forderte Cavallo damals: „Gerade in herausfordernden Zeiten brauchen wir aber den Mut, auch in der Krise zu investieren und so den Grundstein für die Innovationen von morgen zu legen.“ Das gelte etwa für neue Modelle im Volumensegment. Dadurch lasse sich die Auslastung der Werke verbessern, was die Kosten senke. „Nur so wird es uns gelingen, gestärkt und nachhaltig erfolgreich wieder aus dieser Situation herauszukommen.“ Alles andere sei blindes Sparen.