Die Frauenquote in der heimischen Architektur lässt im europäischen Vergleich zu wünschen übrig. Nur knapp über zwölf Prozent der 7200 Ziviltechniker:innen in Österreich sind Frauen. Dabei wird dieser ohendies schon äußerst magere Schnitt durch die Sektion Architekt:innen noch gehoben, wo 15 Prozent der ZT-Mitglieder weiblich sind. In der Sektion Zivilingenieur:innen sind lediglich 1,2 Prozent Frauen als Ziviltechnikerinnen vertreten. Zum Vergleich: In Frankreich sind knapp 27 Prozent der Architekt:innen weiblich, in Spanien 31 Prozent, in Deutschland 33 Prozent und im Nachbarland Slowenien sind es mit 45 Prozent fast die Hälfte der selbständig tätigen Planer:innen.

Um die berufliche Situation von Architektinnen und Zivilingenieurinnen zu verbessern wurde 2019 „YesWePlan!“ gestartet. Europäische Organisationen aus Österreich, Deutschland, Frankreich, Spanien und Slowenien vernetzten sich in diesem EU-Projekt mit dem Ziel, Erfahrungen und Best-Practice-Beispiele auszutauschen, die zur Schließung der Geschlechterkluft im Bereich Architektur und Zivilingenieurwesen führen sollen.

anotHERVIEWture. Als ein Ergebnis von „YesWePlan!“ wurde vorgestern der anot­HERVIEWture-AWARD 2022 in der Akademie der Bildenden Künste in Wien erstmals verliehen. Dabei wurden heimische Ziviltechnikerinnen in vier Kategorien in den Blickpunkt gerückt: Zur „Architektin des Jahres“ wurde Barbara Poberschnigg gekürt, der Preis für die „Aufstrebende Architektin des Jahres“ ging an Catharina Maul. In der Kategorie „Außerordentliche Leistungen in der Architektur und im Zivilingenieurwesen“ gewann Carla Lo mit ihrem Projekt „Kaiserbadschleuse I Die schwimmenden Gärten“. Und der „Internationale Architekturpreis" ging an Sabina Grincevičiūtė aus Litauen.

Aufstrebende Architektin des Jahres: Catharina Maul für die Projekte „Bootshaus B“ (Bild), HTL Retz – Tourismusschulen und MFH Oberbach. Mauls junges Architekturbüro legt besonderes Augenmerk auf die Erhaltung bestehender ­Gebäude.
Aufstrebende Architektin des Jahres: Catharina Maul für die Projekte „Bootshaus B“ (Bild), HTL Retz – Tourismusschulen und MFH Oberbach. Mauls junges Architekturbüro legt besonderes Augenmerk auf die Erhaltung bestehender ­Gebäude. © Maul
Außerordentliche Leistungen in der Architektur und im Zivilingenieurwesen: Carla Lo für das Projekt „Kaiserbadschleuse I Die schwimmenden Gärten“. Lo hat auf der Universität für Bodenkultur studiert und 2009 die Carla Lo Landschaftsarchitektur gegründet.
Außerordentliche Leistungen in der Architektur und im Zivilingenieurwesen: Carla Lo für das Projekt „Kaiserbadschleuse I Die schwimmenden Gärten“. Lo hat auf der Universität für Bodenkultur studiert und 2009 die Carla Lo Landschaftsarchitektur gegründet. © Johannes Hloch
Internationaler Architekturpreis: Sabina Grincevičiūtė (aus Litauen) für ein „Family house in Pavilnys“ in Vilnius, eine Umgestaltung eines Lagerhauses in ein Wohn- und Bürogebäude sowie die Umgestaltung einer Betonfabrik in Vilnius (Bild).
Internationaler Architekturpreis: Sabina Grincevičiūtė (aus Litauen) für ein „Family house in Pavilnys“ in Vilnius, eine Umgestaltung eines Lagerhauses in ein Wohn- und Bürogebäude sowie die Umgestaltung einer Betonfabrik in Vilnius (Bild). © jusas
Architektin des Jahres: Barbara Poberschnigg (aus Zams in Tirol) für die Projekte „1+1+1=Schule Kettenbrücke“, „HERberge für Menschen auf der Flucht“, „House in the forest“ ­(Meditationshaus, Bild) und ­„Courage to the gap“.
Architektin des Jahres: Barbara Poberschnigg (aus Zams in Tirol) für die Projekte „1+1+1=Schule Kettenbrücke“, „HERberge für Menschen auf der Flucht“, „House in the forest“ ­(Meditationshaus, Bild) und ­„Courage to the gap“. © Schreyer, David

Vor der Preisverleihung präsentierte die Soziologin Anna Resch ihre Forschungsarbeit „Ziviltechnikerinnen heute“ auf Basis derer auch konkrete Wünsche an die heimische Politik gestellt wurden: Nämlich den Frauenanteil in technischen Berufen zu heben, Möglichkeiten zu schaffen, Frauen in technischen Planungsberufen zu vernetzen und zu stärken, und ein Bewusstein dafür zu schaffen, dass der Input von Frauen gerade in technischen Berufen wichtig und notwendig ist.