Kräne hier, Kräne da: Graz Umgebung, besonders der Süden, floriert. An allen Ecken und Enden wird gebaut – darin sind sich alle Anwesenden beim Immobilienabend der Kleinen Zeitung mit dem Thema „Graz Umgebung – Norden und Süden“ einig. „Vor allem der Süden ist in den letzten Jahren zum Highlight geworden“, erklärt Renate Müller, Immobilienfachberaterin mit Fokus auf den Süden bei s REAL Immobilien. Auch Zahlen belegen den Boom: 151.100 Menschen leben bereits in Graz Umgebung, dem zweitgrößten und nach Graz am stärksten wachsenden steirischen Bezirk, der vor wenigen Jahren noch recht ländlich war.
Ab ins Grüne! Es sind vor allem Grazer, die es ins Umland zieht, gefolgt von Menschen aus den Regionen. Der Zuzug aus dem Ausland macht hier 20 Prozent aus. Und wer ist es nun konkret, der „raus“ aus der Stadt will? „Es sind vor allem Jungfamilien, die in den Speckgürtel abwandern“, so Müller. Ihr fällt auf, dass es bei immer mehr Kunden sogar noch einen Tick weiter draußen sein darf, wenn der Ort dafür wirklich Ruhe und Erholung bietet. „Die Arbeitswelt wird flexibler und WorkLifeBalance wichtig. Manche pendeln nur zwei bis drei Mal pro Woche nach Graz, die restliche Woche haben sie Homeoffice. Wer nicht jeden Tag vor Ort sein muss, nimmt auch längere Wege in Kauf – das reicht hinunter bis Leibnitz, das auch eine super Anbindung an Graz hat. Da ist durchaus eine gewisse Veränderung im Gange.“
Die Stadt umgehen. Claus Puchner, Leiter der Abteilung Kundencenter bei ÖWG Wohnbau, bestätigt die Tendenz, dass Menschen derzeit ganz bewusst den Schritt hinaus aufs Land machen. „Die Leute suchen kleinere Einheiten. Das hat auch oft damit zu tun, dass Kindern dort andere Schulen zur Verfügung stehen“, erzählt er. ÖWG Wohnbau hat vor allem Miet- und Mietkaufobjekte im Angebot. „In diesem Segment könnten wir im Süden von Graz ein Vielfaches mehr verkaufen. Die Nachfrage ist enorm. Eine Wohnung mit Garten im Süden von Graz ist nach Vermarktungsbeginn innerhalb kürzester Zeit vergeben.“ Kunden zögen allerdings nur Gemeinden in Betracht, in denen die Infrastruktur „passt“. „Das ist die Bedingung dafür, dass ein Ort überhaupt infrage kommt“, weiß auch Erich Sixt, der bei Re/ Max Nova für Immobilien im Südwesten zuständig ist. In manchen Gemeinden, v. a. im Süden, hinke die Infrastruktur bereits hinterher – eines der Probleme, die schnelles Wachsen mit sich bringen kann.
Entschleunigung. Besonders begehrt bei GU-affinen Jungfamilien sind Wohnungen mit 90 bis 100 Quadratmetern und Gartenanteil. Die Grünfläche rund um die Wohnanlage zieht auch im Norden. „Im Norden von Graz schätzen die Menschen großzügige Grünflächen besonders“, weiß Christoph Friedmann, Immobilienfachberater bei s Real Immobilien, aus seiner täglichen Arbeit. Reihenhäuser seien hier deshalb leichter zu vermitteln als Wohnungen. Neben der Tatsache, dass Graz Umgebung noch leistbarer ist als Immobilien oder Baugründe in Graz, habe die starke Nachfrage nach dem Umland auch mit der Sehnsucht nach Entschleunigung zu tun. „Das Berufsleben wird immer schnelllebiger. Da will so manche Familie raus aus der Stadt, um wenigstens in den paar Stunden der Freizeit ihre Ruhe zu genießen.“
Der Norden ist im Kommen. Christoph Friedmann schätzt auch den Norden von Graz als vielversprechend ein. „Ich bemerke, dass auch die Nachfrage nach dem Norden steigt. Hier sind es vor allem die wirklich anschließenden Orte wie JudendorfStraßengel oder Gratwein. In Frohnleiten entsteht 2019 einer der modernsten ländlichen Bahnhöfe. Das sollte gut ziehen.“
Roswitha Jauk