Eine Wohnung mieten oder kaufen? Vor die Wahl gestellt, bleibt vielen Menschen aus finanziellen Gründen dennoch nur die Möglichkeit einer Miete. Darauf verwiesen Expertinnen bei einem Symposium zum Thema "Wohnen". Der Grund: Bei vielen seien die Einkommen zum Kaufen zu niedrig, auch wenn sozialökonomisch pro Vermögensbildung argumentiert werde. Außerdem ist das Thema emotional aufgeladen, oft wird nicht rational entschieden.
Der Traum vom Eigenheim ist ausgeträumt
Für 85 Prozent der Menschen sei eine eigene Immobilie ein Lebensziel, das hätten Umfragen immer wieder bestätigt, sagte die Motivforscherin Sophie Karmasin. Dieser Wunsch habe mit Prestige und Stolz zu tun, aber auch mit Argumenten, dass man finanziell ausgesorgt habe, wenn der Kredit abbezahlt sei oder man den Kindern sicheren Grund und Boden vererben könne.
Rational werde dabei nicht entschieden, "weil wir das nicht können": "Der Mensch trifft seine Entscheidungen zu 95 Prozent intuitiv, emotional und impulsiv". Auch beim Autokauf, beim Wohnen oder zur Politik werde emotional entschieden. Für viele sei eigenes Wohneigentum ein "Wunschdenken" - auch wenn suggeriert werde, dass ein 30-jähriger Kredit leicht zurückzuzahlen sei: "Da gibt es eine Industrie, einen Wirtschaftszweig dahinter, der Interessen hat."
Auch die Ökonomin Elisabeth Springler zog in Zweifel, dass man sich bei der Wahl zwischen mieten oder kaufen wirklich frei entscheiden kann: "Wir sind auch durch die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen geprägt." Die Finanzkrise habe als Spätfolge dazu geführt, dass in Österreich ab 2013/14 sowohl die Mieten als auch die Immobilienpreise rasant angestiegen seien. Neben der höheren Nachfrage habe auch die Geld- und Währungspolitik aufgrund der niedrigen Zinsen einen zusätzlichen Anreiz zum Kaufen geliefert. Dabei hätten wegen des Runs auf Renditen Sekundärmärkte, also Investoren, die Preise angetrieben.
Eine Frage des Geldes
Am freien Markt eine Wohnung kaufen könnten sich immer weniger Menschen, beklagte der Chef der WBV-GPA Wohnbauvereinigung für Privatangestellte, Michael Gehbauer. Er verwies darauf, dass nur das "oberste" Viertel 1.000 Euro pro Monat fürs Wohnen aufbringen könne. Das Medianeinkommen pro Kopf liege nämlich bei 2.160 Euro brutto monatlich (netto 1.600 Euro), das durchschnittliche Einkommen bei 2.360 Euro brutto (1.700 Euro netto). Pro Haushalt seien es im Schnitt 2.200 bis 2.300 netto.
Gehbauer brach eine Lanze für den Erhalt von möglichst vielen günstigen Mietwohnungen im Gemeinnützigkeitsbestand. Durch den Zwang, nach einigen Jahrzehnten die Einheiten den eigenen Bewohnern zum Kauf anzubieten, habe man von 9.500 Wohnungen schon 251 veräußern müssen, heuer 30 weitere. Das sei "schade", denn dieser preisregulierte Wohnraum gehe in den freifinanzierten Bereich über.
Auf die Bremse treten
Aus Sicht des AK-Wohnrechtsexperten Walter Rosifka könnten Mietzinsgrenzen auch bei Eigentumswohnungen für einen dämpfenden Effekt sorgen. Denn Mietzinslimits "würden dazu führen, dass Investoren nicht mehr den Turboertrag haben könnten, dann wäre auch der Eigentumswohnungserwerb günstiger". Kritik über die in Österreich mit 55 Prozent zu niedrige Eigentumsquote kann Rosifka nicht nachvollziehen: In Deutschland seien es nur 51 Prozent und in der Schweiz - je nach Quelle 47 bis 42 Prozent. Rumänien dagegen habe 97 Prozent Wohneigentumsquote, Litauen 90 Prozent, diese Länder hätten sich "in der Wirtschaftskraft aber nicht hervorgetan". In Österreich müssten viele mit einer Mietwohnung vorlieb nehmen, denn die Möglichkeit zum Eigentumserwerb sei beschränkt: 40 Prozent der Haushalte würden über weniger als 32.000 Euro Vermögen verfügen, "und da ist das Auto schon dabei".
Es gibt aber auch gemeinnützige Bauvereinigungen, die bewusst Eigentumswohnungen forcieren - was in- und außerhalb der Branche nicht von allen gern gesehen wird. Eine davon ist die GWS Alpenländische in Graz mit immerhin 15.000 Wohnungen in Verwaltung. "Wir wollten uns ganz klar als Eigentumsbauer positionieren", dabei habe man Angebote in verschiedenen Preissegmenten, so Geschäftsführerin Martina Haas bei dem vom Fachmagazin "Wohnen Plus" und dem "Standard" organisierten Symposium
Eine Frage der Generation
Die günstigsten "Starter-Wohnungen für Junge", von denen man 70 in Gratkorn schon übergeben habe, kosten samt Parkplatz im Schnitt 2.109 Euro pro m2 - eine 48 m2 große 2-Zimmer-Wohnung also 96.000 Euro, aber schon als Endverbraucherpreis mit Tiefgarage. Andererseits gibt es auch für eher reife Menschen und "Rückzügler", die ihr Haus am Land aufgeben und in eine Komfortwohnung für Ältere ziehen wollen, die GWS-Exklusiv-Schiene. Das kommt dann schon auf rund 4.000 Euro pro m2, so Haas.