Was tun mit einem Gebäude-Ensemble, bestehend aus alter Schmiede, Bauernhaus und Stall hoch über Klein St. Paul in Kärnten, einem alten Familienbesitz, an dem das Herz hängt? Da trifft es sich gut, dass man einen Architekten in der Familie hat. Und nach kurzer Besichtigung wurde entschieden: Der alte Stall, 1847 erbaut und nach einem Brand 1954 mit neuem Dachstuhl wiederaufgebaut, soll als Hülle für einen modernen Holzbau dienen.
Eine 100 Quadratmeter große Glasfassade macht das alte Gebäude erlebbar. Der Rest ist Massivholz: Fichte, Tanne, Esche, Ahorn, Lärche, zum Teil auch eigenes Holz. So findet sich eine Esche, die ohnehin geschlägert werden musste, in fünf Zentimeter starken Bodendielen des Wohnbereichs oder als Holzstöckelboden im großen Partyraum des untersten Geschoßes wieder. Umgesetzt wurde alles – von Türen über Böden bis hin zu den Möbeln – in einem langsamen Entwicklungsprozess mit fünf Handwerkern aus der Umgebung, die Know-how und Ideen einbrachten.
Holz ist überall sicht- und spürbar. In jedem Raum begegnet man solider Handwerkskunst: bei der Küche aus Eiche, bei den Möbeln – die meisten aus Nussholz –, bei der Stiege ins Obergeschoß mit den drei Schlafräumen und dem großzügigen Badezimmer. Von der Wanne aus hat man übrigens einen wunderbaren Fernblick auf die Berge.
Der Übergang vom Alten zum Neuen ist fließend, denn die Bauherren Barbara und Peter Prasser wollten so viel wie möglich von der alten Substanz sichtbar erhalten. Die Galerie zwischen „Neubau“ und Stadel-außenwand ist gleichzeitig Wärme- und Kälteschutz, wettergeschützte Loggia und Aussichtsplattform mit Blick bis zu den Karawanken.
Den ursprünglichen Bauteilen begegnet man als tragender Konstruktion in den Räumen oder in Form großer Schiebe-Elemente, zu denen die alte Fichtenfassade umfunktioniert wurde und deren unregelmäßige Brettstruktur für faszinierende Lichtspiele nach innen und außen sorgt. Am Tag erzeugt die Sonne wechselnde Stimmungen, wenn sie aus verschiedenen Richtungen durch die Ritzen fällt. Die nächtlichen Effekte wurden nicht dem Zufall überlassen. Ein Lichtdesigner hat ein spezielles Konzept entworfen. Die Außenanlage wurde als Naschgarten angelegt. Verschiedene Beerensträucher werden im nächsten Jahr bereits Früchte tragen.
Wichtig war der Familie auch das Energiekonzept. Die Solaranlage für Wärme und Warmwasser wurde auf eine Konstruktion aus alten Brettern montiert. Ein Holzofen sorgt an trüben Tagen für das notwendige Wärme-Back-up und das Dach des Carports besteht aus Fotovoltaik-Paneelen, die den Strom für die E-Tankstelle liefern. Denn das außergewöhnliche Haus soll für „Urlaub am Bauernhof“ vermietet werden. Mit einem Pool aus Holz und Naturstein, Außensauna und Grillplatz.
Monika Unegg