Zugegeben, ich bin an dem Stadl schon öfter vorbeigekommen, ohne dass er mir aufgefallen wäre. Erst durch die Auszeichnung beim Kärntner Holzbaupreis 2017, Kategorie „Revitalisierung Kirchenstadl“, bin ich darauf aufmerksam geworden: zum Glück. Denn was sich die Bauherrn Oliver und Daniela Anthofer hier im schönen Gottestal in der Gemeinde Wernberg bei Villach für den Ausbau haben einfallen lassen, das sieht man wirklich nicht alle Tage. Der Stadl stammt aus dem 19. Jahrhundert und bot einst den Schweinen und Kühen des Pfarrers ein Heim. Vor rund neun Jahren haben die Anthofers den Stadl von der Kirche gekauft und sich ans Werk gemacht. Dass die beiden sich für die Planung viel Zeit genommen haben - „Etwa fünf Jahre“, sagt Oliver - sieht man am Resultat.
„Das Projekt war meine Abschlussarbeit zum berufsbegleitenden Lehrgang ,Überholz' an der Kunstuni Linz.“ Das habe Vorteile gehabt, denn Statiker und Techniker waren da automatisch mit dabei und es gab einen guten Austausch von Know-how. „Zudem hatte ich eben genug Zeit, den Stadl zu planen.“ Weiterer Vorteil: Anthofer ist selbst Architekt und Tischlermeister. Über die Stadlbrücke gelangt man ins Haus und da offenbart sich schon beim ersten Anblick das Wundersame des Innenbereiches. Man wollte die alten Stadlmauern mit den typischen Ziegelfenstern belassen, gleichzeitig musste man den Innenraum natürlich klimatisch abdichten.
Die Lösung der Anthofers: Der Innenbereich wurde vollständig aus Glas aufgebaut und dabei wurde zu den Außenmauern ein etwa ein Meter breiter Abstand gehalten, den man jetzt als Rundgang benutzen kann. Gleichzeitig fungiert er als klimatische Pufferzone und dient zum Fensterputzen. Durch die Ziegelfenster fällt das Sonnenlicht immer in den unterschiedlichsten Formen und Schattierungen ein. „Dadurch ergeben sich ganz besondere Stimmungen“, sagt Ergotherapeutin Daniela, die den ersten Stock als Therapieraum nutzt und hier auch Yogastunden anbietet. Es gibt aber auch einen Beamer und eine Leinwand. „Damit verwandeln wir den Raum ab und zu in einen privaten Kinosaal.“
Wichtig war beiden, so viel wie möglich von der alten Substanz zu erhalten. So wurden etwa die alten Kieferpfosten aus dem Stadlgeschoß für den neuen Boden im Ess- und Wohnbereich verwendet. „Wir haben sie durch die Mitte geschnitten, gehobelt, mit weiß pigmentiertem Öl eingelassen und eingebaut.“ Die Sparren, Zangen und Pfetten sind ebenfalls alle aus dem Altbestand. „Wir haben sie nur mit Drahtbürsten bearbeitet, sonst nichts. Auch die Holzverbindungen sind noch original, es gibt keine Eisennägel.“ Um das alles sichtbar zu lassen, wurde die Wärmedämmung von außen aufgebaut. Vertikale Lichtbänder, die man zum Teil öffnen kann, sorgen für angenehm helle Räume und dienen der Belüftung.
Vom Wohn- und Essbereich im zweiten Stock führt eine Glastür hinaus auf eine halb überdachte Terrasse. „Ein perfekter Aufenthaltsraum im Sommer“, schwärmen die beiden und im Winter sorgt diese Lösung oft für ein ungewöhnliches Bild: wenn nämlich der Hausherr den Schnee quasi aus dem Dach schaufelt. Die Idee für diese ungewöhnliche Loggia stammt von Daniela. „Ich wollte unbedingt einen Außenbereich haben, wo man die letzten Sonnenstrahlen genießen kann.“ Die Entdeckungsreise ist damit aber noch nicht zu Ende.
Eine schmale Treppe führt direkt unters Dach mit einem kleinen Homeoffice plus Bibliothek. Der Rest des Raumes ist aber für die Badewanne reserviert, „die eine coole Aussicht auf den Dobratsch bietet“, sagt Oliver. Sie ist umrandet von einem Beet aus Lecakugeln, das als Überlaufrinne dient. „Wenn man für sich selbst plant, dann kann man ruhig etwas mutiger und experimenteller sein.“
Harald Schwinger