Mitten in der Oststeiermark steht ein Vierseithof, der eigentlich als Alterssitz gedacht war, nun aber ein Ehepaar, das seit 54 Jahren verheiratet ist und beinahe 40 Jahre nicht in der Steiermark gelebt hat, gehörig auf Trab hält. Der Vierseithof ist über die Jahre gewachsen, an die 160 Jahre hat der älteste Bestand des Gebäudes auf dem Buckel, 1921 erfolgte der erste Zubau, 1954 der zweite. Als die Tochter des letzten Besitzers nach Wien ging, stand der Hof im Jahre 1993 zum Verkauf.
Es war kein Zufall, dass der heutige Besitzer auf ihn aufmerksam wurde: Damals lebte die Familie in Salzburg und er kaufte sich für die Fahrt zu seinem Vater in die Steiermark am Bahnhof die Wochenendausgabe der Kleinen Zeitung. Darin fand er eine Anzeige für den oststeirischen Vierseithof. Der Rest ist inzwischen Familiengeschichte, inklusive einer Probenacht beim unweit gelegenen Wirt, um sich in die Gegend „einzuhören“.
„Das Haus war vollständig eingerichtet“, erinnert sich die Besitzerin noch gut, „sogar ein Schwarzweißfernseher war da und überall weiche Federbetten“. Die Arbeiten am Haus begannen: Mauern wurden trockengelegt, das Dach neu gedeckt, die Heizung umgestellt, eine Solaranlage installiert. Bei der Revitalisierung stand ein regionales Unternehmen zur Seite das erkannte, dass es dem Paar überaus wichtig war, den Originalzustand zu erhalten.
Gemeinsam erfolgte auch der Ausbau im ersten Stock, der ein in sich geschlossenes Schmuckkästchen mit liebevoll zusammengetragenen Sammlerstücken ist. Neben ererbten Möbeln schmücken das Haus Raritäten vom Altwarenhändler und von Bauernhöfen aus der Umgebung. Unter den unzähligen Gerätschaften befinden sich auch zwei Teller, die die Mutter der Hofbesitzerin seinerzeit von ihrem Dienstherrn erhalten hatte.
Im Jahre 2001 waren die Arbeiten schließlich abgeschlossen und die Übersiedelung in die Steiermark fand statt. Bei einem alten Hof ist natürlich immer etwas zu richten. Der Besitzer schmunzelt: „Wenn ich Zeit habe, gehe ich mit der Ölkanne, weil die alten Türen raunzen.“ Viel Arbeit macht auch die große Streuobstwiese mit an die 60 Obstbäumen. Die Früchte brennt der Hofbesitzer zu Schnaps, als „Gegengift zum Apfelsaft“, wie er betont. Wobei man Schnaps, so hat er es bei einem Schnapsbrennseminar in der Oststeiermark gelernt, zwei Jahre auf dem Dachboden abrasten sollte. Aber das haben er und seine Frau noch kein einziges Mal geschafft.
Der Vater des Vierseithofbesitzers wurde übrigens beinahe 100 Jahre alt, sein Sohn ist ebenfalls unglaublich fit. Umso besser, dann haben er und seine Frau noch lange Zeit, ihren Alterssitz zu genießen.
Mirella Kuchling