Am Anfang stand der Wunsch nach einem Atelier. Die Suche nach mehr Platz für die Realisierung von Ideen, wegen der die damalige Wohnung von Brigitte Prinzgau und Wolfgang Podgorschek alias PRINZGAUpodgorschek, kurz PRINZpod, aus allen Nähten zu platzen drohte. „Das war nicht leicht“, resümiert das höchst produktive Duo.
Was ihnen unterkam, war, nun, nicht das Gelbe vom Ei. Und wenn, unleistbar. Warum sich das Kreativduo vor mehr als dreißig Jahren für eine Waschküche im obersten Stockwerk eines Gründerzeithauses in der Wiener Taborstraße entschied, ist nicht ganz zu klären. Die Räumlichkeiten widersprachen nämlich der Vorstellung „Atelier“ in jeder Hinsicht.
Atelier wurde die Waschküche im Lauf der Zeit nicht. Vielmehr ein Raumgefüge, das an Piranesis Kupferstiche „Carceri“ (ohne deren düstere Aura) erinnert. Auch Assoziationen zu M. C. Eschers unmöglichen Konstruktionen werden geweckt. Von der Urnasszelle ausgehend haben die Künstlerin (und gelernte Restauratorin) und der Künstler (und gelernte Architekt) Schritt für Schritt den Dachraum erobert. Und das Dach dazu. Der Weg dorthin führt durch eine wahre Wunderwelt. Durch einen Kosmos, in dem praktisch jedes Objekt ein Kunstwerk ist. Und zu jedem Kunstwerk gibt es natürlich eine Geschichte.
Apropos Nasszelle. Durch eine Art Schießscharte öffnet sich dem Badewannenbenutzer der Blick auf das Riesenrad. PRINZpod lieben solche Details und sie schätzen die intelligente Pointe, auch im Wohnbereich, nicht nur in ihrer Kunst. Von Detailliebe und Witz geprägte Möbel markieren die unterschiedlichen Wohnebenen, bei denen nicht immer gleich klar ist, wie sie ineinandergreifen. Ein ausgestopfter Schwan erinnert an eine Arbeit auf dem Hauptplatz des obersteirischen St. Gallen. Andere Relikte haben mit anderen Werken zu tun, etwa jener spektakulären „Entdeckung der Korridore“, einem Stück ausgewachsener Autobahn mitten im Niemandsland bei Mistelbach. Vorbei führt der Parcours am Prachtexemplar eines Bullerjan, eine Ofen-Installation für kältere Tage.
Hat man den Dachgarten erreicht, geht das Staunen weiter. Nicht nur ob des Blicks auf Wien. Ein 360-Grad-Blick bietet sich, wagt man sich auf einer Leiter noch ein paar Sprossen weiter. Hunderte Pflanzen (Blumen, Kräuter, Gemüse, Obst) haben hier Heimat. Und eine Katze. An anderen tierischen Besuchern mangelt es nicht, von der Biene bis zum Turmfalken reicht das Spektrum. Bei handgemahlenem Kaffee mit Kardamom und Honig (wie vom Hausherrn empfohlen) lassen sich über den Dächern der Stadt trefflich Ideen spinnen. Für Projekte, deren Verwirklichung die Bewohner naturgemäß in neue Platznöte bringen wird. Denn eines ist klar: Viele Neuzugänge verkraftet das wunderbare Universum von PRINZpod nicht mehr.
Wo, bitte, ist die nächste Waschküche?
Walter Titz