Schon als Kind führten Thomas Lorenz sonntägliche Spaziergänge mit den Eltern am Bauernhof nahe Graz vorbei. Als der international tätige Statiker vor ein paar Jahren auf ein Inserat stieß, in dem besagter Hof zum Kauf angeboten wurde, wusste er: „Das ist es. So ein Ensemble findet man nicht so leicht wieder.“ Seit einigen Monaten leben Lorenz, seine Partnerin und zeitweise seine Tochter im Haus, dessen älteste erhaltene Teile aus dem frühen 17. Jahrhundert stammen.

Dem Einzug vorangegangen ist eine radikale wie rücksichtsvolle Erneuerungskur des Gebäudekomplexes, der die Bezeichnung „Hof“ wirklich verdient. Zwei Wirtschaftsgebäude flankieren das Wohnhaus rechts und links, ein großer Nussbaum im Zentrum ist „unsere Linde“.

Eineinhalb Jahre wurde permanent gearbeitet, die Substanz mit enormer (und finanziell entsprechend aufwendiger) Liebe zum Detail (an vielen Stellen im Wortsinn) freigelegt, wo notwendig, erneuert. Im Lauf der Vorbereitungen dieser Arbeiten entstand auch die Idee einer Erweiterung durch einen Neubau.

Hier sei, so Lorenz, „sofort klar gewesen, dass sich das Neue vom Alten deutlich abheben soll, ohne die Harmonie des Ganzen zu stören“. Architekt Erich Prödl, der schon in die Sanierung des Altbestands eingebunden war, entwickelte für ein bereits vorhandenes Fundament einen luftigen Holzzubau. In ihm sind Kinder- und Gästezimmer untergebracht, im Obergeschoß Sauna und Terrasse.

Mit gleicher Sorgfalt wurde ein weiteres Gebäude hinter dem Haus saniert, ein ehemaliger Schweinestall, ebenfalls vor allem aus Stein erbaut. Hausherr Lorenz: „Wir wohnen eben in einer steinreichen Gegend.“ Hier hat nun die Herrin des Hauses, die Malerin Kathrin Siegl, ihr Atelier. Auf der Staffelei: Bilder von Birken, die den Hof zur Zufahrtsstraße hin begrenzen. Das Dachgeschoß bietet Raum für ein Badezimmer, Bilder und gegebenenfalls Gäste. „Eine Äskulapnatter musste leider ausziehen.“

Für die Arbeiten am historischen Gebäude holte man sich die Experten der oststeirischen Firma „Steirerhaus“. Und schwärmt über deren Arbeit: „Die haben Fachleute für wirklich alles in diesem Bereich.“ Wobei Lorenz und Siegl selbst wesentliche kreative Impulse beisteuerten. Rund zweihundert Quadratmeter prächtigster Stainzer Platten entdeckte der Bauherr selbst, naturgemäß in der Weststeiermark. Auch ein größerer Posten historischer Eustacchio-Ziegel (erkennbar am geprägten E) wurde verlegt

Den angesprochenen Reichtum an Steinen demonstriert exemplarisch die Stirnwand des lang gezogenen Wirtschaftsgebäudes, in dem nun unter anderem die Pelletsanlage untergebracht ist. Fast zehn Meter hoch ist hier Stein auf Stein zu einem faszinierend lebendigen Muster gelegt. Lücken, für deren Schließung Vorbewohner Ziegel verwendeten, wurden wieder original „versteinert“.

Nicht zuletzt kommen regionale Traditionen bei der Einzäunung des Grundstücks zum Tragen. Das Österreichische Freilichtmuseum Stübing vermittelte die Handwerker für einen klassischen Bundzaun, dessen Hölzer ausschließlich aus mit Feuer gehärteten Rindenstreifen „gebunden“ sind.